Heimweg (15.09. – 29.09.)

Nachdem wir fast eine Woche auf Kvitsøy eingeweht waren, konnten wir ja kaum noch glauben, dass sich die Wettervorhersage für Samstag den 15. nicht im letzten Moment noch verschlechtern würde, doch sie blieb auch Samstagmorgen stabil, und so haben wir gegen 8 Uhr bei halbwegs aufgelockertem Himmel und frischem Wind den Hafen verlassen.

Sonne, Wolken und Wellen auf dem Weg nach Süden

Kaum hatten wir den Schutz der letzten Schären verlassen, haben wir Bekanntschaft mit den Wellen gemacht: zweieinhalb bis viereinhalb Meter waren angesagt, und direkt vor Kvitsøy kamen uns die erst mal schräg entgegen, zusammen mit 4 bis 5 Beaufort Wind. Glücklicherweise konnten wir aber schon nach kurzer Zeit auf Südkurs abfallen, so dass wir gute Fahrt gemacht und schon vor 12 Uhr Jærens Rev passiert haben; ab dort kamen die Wellen immer mehr aus Nordwest, unser Kurs war schon östlicher als Süd, so dass sie problemlos von achtern durchgelaufen sind. Beeindruckend war es aber schon, die Atlantikdünung nach mehreren Tagen Starkwind anzuschauen!

Der Wind hatte auch etwas zugelegt und blies den ganzen Tag mit 5 bis 6 Windstärken aus Westnordwest, lediglich beim Durchzug zweier Regenfronten haben wir mal 7 Beaufort gesehen, sonst schien aber auch häufiger mal die Sonne; bei halbem bis raumem Wind war die ‘Orion’ mit 6 bis 7 Knoten unterwegs, so dass wir schon gegen 16 Uhr nach 47 Seemeilen unser Tagesziel erreicht haben; wie letztes Jahr war dies

Gyarhavn
Längsseits am Felsen in Gyarhavn – am Badesteg links vom Boot war es zu flach

Dieser Naturhafen mit schöner Steganlage sowie Grillhütte mit Kaminofen war uns in bester Erinnerung geblieben; im Unterschied zum vergangenen Jahr waren wir nun aber an einem Wochenende hier, und die Stege waren bereits mit einem halben Dutzend Motorbooten aus Egersund belegt. Offenbar verbringt der halbe Egersunder Bootsverein hier seine Wochenenden – nun, das täten wir ja auch, wenn wir so ein Ziel um die Ecke liegen hätten 🙂

Wir haben aber noch gegenüber einen Liegeplatz längsseits der Felswand gefunden und auch ohne Kaminfeuer einen schönen Nachmittag und Abend verbracht.

Ausblick über die Küstenlandschaft von Gyarhavn Richtung Egersund
Egersund

Die Wettervorhersagen für den Sonntag waren wieder wie in letzter Zeit üblich: Regen und Sturm. 7 bis 8 Windstärken aus Süd sollen es heute sein, also brechen wir zeitig auf und fahren nur ein paar Seemeilen im Schutz von Eigerøya bis zum Gästehafen von Egersund, um dort den Sturm abzuwettern – und mit dem Luxus der Landstromversorgung das nasse Ölzeug zu trocknen.

In der Innenstadt von Egersund – überschaubar …

Am Montagmorgen ist es wieder trocken, und wir erledigen noch Einkäufe in Egersund und schauen uns dabei die Stadt an; wir finden die typischen weißen Holzhäuser vor, die vor allem die Städte Südnorwegens auszeichnen.

Danach verlassen wir den Gästehafen und machen uns wieder auf den Weg nach Südosten; knapp 30 Seemeilen entfernt liegt der nächste größere Einschnitt in der Küste, Flekkefjord mit den vorgelagerten Insel Hidra und Andabeløya. Bei erfreulich moderatem Südwestwind um 4 Beaufort erreichen wir unter vollen Segeln bald unser Ziel

Andabeløy

Der kleine Ort an der Nordspitze der gleichnamigen Insel hat um die 100 Einwohner, der ganze Rest der Insel ist unbewohnt. Da für die nächsten Tage wieder starker Südwind angesagt ist, suchen wir den hiesigen Gästesteg auf, um die Wartezeit bis zum nächsten brauchbaren Wind wenigstens zum Erkunden der Insel nutzen zu können.

Leuchtend grüne Wälder auf Andabeløy

Am Dienstag bietet sich dazu auch die Gelegenheit: bis zum Nachmittag ist noch wolkenloser Himmel angesagt, und so machen wir uns auf den Weg zu einer kleinen Wanderung auf Andabeløy; Brenøyknuten heißt die mit 206 Metern höchste Erhebung. Der Weg dorthin führt durch dichte, grüne Wälder und an mehreren Bergseen vorbei, und vom Gipfel bietet sich ein Ausblick in alle Richtungen, man sieht Flekkefjord, Hidra und den Sund, und im Südwesten Lista. Ein Ausflug, der sich auf jeden Fall gelohnt hat – und aller Wahrscheinlichkeit nach die letzte Wanderung dieses Törns, denn nun beginnt die Phase des Wartens auf besseres Wetter, und wenn das kommt geht es übers Skagerak gen Süden …

Ausblick vom Brenøyknuten (206 m) Richtung Fedafjord und Lista
Flekkefjord

Bis dahin gilt es aber wohl noch einige Tage zu warten; wir beschließen uns noch das eine oder andere Ziel im geschützten Fjordland anzuschauen und fahren dazu am Mittwoch knapp 4 Seemeilen in den Lafjord hinein Richtung Flekkefjord; kurz vor der Stadt gibt es mehrere Naherholungsgebiete, die auch Liegemögliichkeiten für Boote bieten, und wir suchen uns das mit dem stabilsten Pier aus, denn für die kommende Nacht sind die ersten Sturmböen aus Süd angesagt.

Der Donnerstag bringt wieder etwas ruhigeres und vor allem trockenes Wetter – es bläst nur mit 4 – 6 Windstärken aus Südsüdwest (tief im Land, wohlgemerkt). Wir laufen in den nur etwa einen Kilometer entfernten Stadtkern von Flekkefjord und schauen uns die Stadt an.

Die ‘Hollenderbyen’

Diese hat eine interessante Geschichte als Handelshafen im Holzexport in die Niederlande; es heißt, halb Amsterdam stehe auf Eichenstämmen aus Flekkefjord. Im 17. und 18. Jahrhundert besuchten unzählige Handelsschiffe Flekkefjord, um hauptsächlich Holz aufzukaufen; im Gegenzug brachte man westeuropäische Handelsgüter und die holländische Kultur mit. Das Viertel, in dem die Kaufleute ihre Stützpunkte unterhielten, ist gut erhalten, und die hübschen Holzhäuser weisen in der Tat einige Merkmale auf, die uns recht holländisch vorkommen.

Torsøyene
Unser ‘hurricane hole’ auf Lille Torsøy

Am Donnerstagnachmittag fahren wir noch ein kleines Stück den Fjord wieder herunter; schon auf dem Weg nach Flekkefjord haben wir uns die Liegeplätze auf Torsøyene angeschaut und für sturmtauglich befunden, also suchen wir uns eine gen Südwesten perfekt geschützte Ecke auf Lille Torsøy und bringen alles an Fendern und Festmachern aus, was wir zu bieten haben. Die Torsøy-Inseln sind mal wieder ein öffentliches Naherholungsgebiet – und haben an soliden Holzstegen Platz für etliche Boote zu bieten; eigentlich ein richtiger kleiner Hafen, es gibt sogar Toiletten, die übliche Grillhütte und Wasseranschlüsse –  nur eben kostenlos, und bei den angesagten Bedingungen natürlich völlig leer.

So ein Tief sieht man nicht alle Tage …

Das Wetterfax, welches wir per Kurzwelle vom DWD empfangen, ist schon beeindruckend – so viele Isobaren mit so wenig Abstand, und der Kern zieht genau über Südnorwegen hinweg. Gegen Abend sollen die stärksten Winde durchziehen, 65 Knoten sind angesagt – Windstärke 12, Orkan … wir ziehen den Kopf ein und warten ab!

Andabeløy

Nachdem wir die Nacht gut überstanden haben holen wir erst mal neue Wettervorhersagen ein – es zeichnet sich eine kleine Chance ab, am Sonntag aufbrechen zu können! Zwar soll es von Sonntag auf Montag immer noch mit 6 bis 7 Windstärken wehen, aber wenigstens aus Nordwest; Dienstag soll der Wind zwar abnehmen, aber dafür auch auf West und Südwest drehen – da nehmen wir doch lieber mehr Wind aus raumen Richtungen.

Um morgen aufbruchbereit zu sein verholen wir uns nochmal nach Andabeløy, wo wir Dienstag schon waren; dort gibt es nochmal Landstrom zum Durchtrocknen des Boots und einen überdachten Raum, in dem wir das Schlauchboot trocknen und einpacken können, und auch sonst alles für die Überfahrt vorbereiten.

Sonntag, 23. September: die Wettervorhersagen sind stabil, wir brechen auf! Nach viereinhalb Monaten verlassen wir Norwegen, genau zur Tag- und Nachtgleiche; unter dem Einfluss eines intensiven Hochs erwarten uns gutes Wetter und 6 bis 7 Windstärken aus Nordwest bei 3 bis 5 Meter Wellenhöhe. Die Fahrt nach Helgoland sollte unter diesen Bedingungen etwa 48 Stunden dauern – auf geht’s!

Überfahrt
Norwegen bleibt im Kielwasser zurück

Während hinter uns die waldigen Hügel um Hidra zurückbleiben, legt der Wind nach und nach immer mehr zu; die ersten 10 Seemeilen fahren wir noch am Wind, da wir den gefährlichen Flachwasserbereichen vor dem Kap Lista ausweichen wollen; dabei weht es mit um die 20 Knoten, und die Sonne scheint – kein Problem soweit. Gegen Abend legt der Wind aber immer mehr zu; statt 6 bis 7 Windstärken  sind es die ganze Zeit immer mindestens 7 Beaufort, und häufig ziehen kleine Unwetterfronten durch, die kurzzeitig Regen, Hagel und Wind um die 9 Beaufort mitbringen; einmal messen wir auch 50 Knoten, das ist Windstärke 10 …

So bleibt es für etwa 36 Stunden, und entsprechend baut sich auch die See auf; der über Kurzwelle empfangene Seewetterbericht des DWD spricht schon von 4 Metern signifikanter Wellenhöhe – bis 8 Meter sind also drin, und so sieht es auch aus (anfühlen tut es sich natürlich noch viel schlimmer).

Sonnenuntergang mit Regenwolken

Wir fahren nur mit dem Großsegel im dritten Reff noch mittlere Geschwindigkeiten von bis zu 7 Knoten, wenn wir gerade so ein Wellenmonster runterrutschen zeigt die Logge auch mal über 9 Knoten an. Beim Durchgang jeder Welle neigt das Boot sich bis zu 60 Grad nach Lee, dann 30 Grad nach Luv – und das wiederholt sich ungefähr alle 5 Sekunden – für 36 Stunden! Unheimlich, das alles, besonders bei Nacht … aber wir überlassen das Steuern der Aries und ziehen das Luk hinter uns zu – was auch gut so ist, etwa einmal pro Stunde kommt uns auch eine Welle im Cockpit besuchen.

Helgoland voraus!

Erst am frühen Dienstagmorgen flaut es endlich ab, und wir sind heilfroh, als wir nach genau 48 Stunden und 277 Seemeilen auf Helgoland festmachen; positiv bleibt festzuhalten, dass die ‘Orion’ offenbar mit solchen Bedingungen keine Probleme hat – wie man allerdings dabei schlafen soll, ist uns ein Rätsel, und so wollen wir jetzt erst mal nur ausruhen …

Helgoland

Am Mittwoch hat der Wind auf Südwest gedreht und fast zu alter Stärke zurückgefunden; wir werden also in jedem Fall noch etwas bleiben. Der Hafen ist ungewöhnlich leer  – ein Nachbar (mit einem wesentlich größeren Boot) erzählt uns, dass sie am Sonntag von Esbjerg herübergekommen sind – 80 Seemeilen, sie werden also am späten Abend auf Helgoland angekommen sein; die Fahrt sei der absolute Horror gewesen, so ein Sturm. Wir fühlen uns auf einmal gar nicht mehr so schlecht, dass uns die dreieinhalbfache Zeit und Strecke im gleichen Gebiet keinen großen Spaß gemacht hat …

Auch der Hafenmeister ist etwas erstaunt, dass wir Dienstagmorgen reingekommen sind – da war doch seit Tagen niemand unterwegs … nun ja, so schlimm war es nun auch wieder nicht; schon seltsam, dass die vielen 18-Meter-25-Tonnen-Yachten offenbar auch nur bis Windstärke 6 gesegelt werden. Wir zahlen jedenfalls das Liegegeld und die Kurtaxe (und haben damit so viel Hafengeld ausgegeben wie in Norwegen in drei Wochen) und beginnen mit der Erholung – Kur ist angesagt!

Starkwind auf Helgoland

Nach der kurzen Entspannung am Dienstag findet der Wind am Mittwoch wieder fast zu gewohnter Stärke zurück – mit 6 bis 7 Beaufort fegt es über Helgoland, nur jetzt aus Südwest. Das hatten die Wettermodelle auch schon am vergangenen Wochenende so vorhergesagt – so gesehen hat es sich als richtig erwiesen, am Sonntag aufzubrechen, später wäre nur Gegenwind gekommen. Aber als wir auf dem Oberland fast wegfliegen wird uns doch nachträglich noch etwas mulmig, dass wir bei noch etwas mehr Wind unterwegs waren – gut, dass der Vorwindkurs den scheinbaren Wind um eine Windstärke verringert.

Am Donnerstag weht es immer noch aus Südwest, aber etwas schwächer; wir erledigen die einschlägigen Einkäufe und gönnen uns zum Törnabschluss noch ein leckeres Abendessen – denn morgen soll der Wind auf Nordnordwest drehen – ideal für die 80 Seemeilen entlang der ostfriesischen Küste bis Borkum.

Borkum
Der Windpark vor Borkum Riff begrüßt uns

So kommt es dann auch – mal wieder mit etwas mehr Wind als erwartet, aber die Richtung passt, mit 5 bis 6 Beaufort weht es aus Nordnordwest, so dass wir mit einem gemäßigten Amwindkurs zum Teil beachtliche Geschwindigkeiten um siebeneinhalb Knoten herausfahren können; um Punkt 22 Uhr machen wir nach gut 14 Stunden Fahrt im Schutzhafen Borkum fest. Nun fehlen quasi nur noch die letzten Meter … die kommen morgen, gleich um 8 Uhr geht es weiter!

Papenburg
Die ‘Picard’ begrüßt uns vor Emden

Am Samstagmorgen zeigt sich das Wetter von seiner besten Seite: aufgelockerter Himmel und ein angenehmer Westwind um 4 Windstärken erwarten uns auf der Ems, es gibt kaum Welle; wir können endlich mal wieder Vollzeug setzen und gleiten mit einsetzendem Flutstrom auf Emden zu.

Dort erwartet uns die erste Überraschung: die ‘Picard’ begrüßt uns mit voller Festbeflaggung! Weiter vor Jemgum können wir den J24 des Vereins zuwinken, und vor der Seeschleuse gibt es die erste Kaffee- und Kuchen-Runde … so kommt man doch gerne zurück in die Heimat!

Knapp 3000 Seemeilen in fast 5 Monaten liegen hinter uns; Wetter und Wind waren häufiger widrig als freundlich, aber die sonnigen Tage haben uns dafür entschädigt: Nordnorwegen ist ein unglaublich schönes Stück der Welt!

Westküste (16.08. – 14.09.)

Am Donnerstag den 16. soll es laut Wettervorhersage etwas besser sein – weniger Regen, weniger Gegenwind. Davon ermutigt laufen wir nach dem Frühstück aus und setzen Kurs Süd auf die Sula-Inselgruppe vor der Sognefjordmündung; doch die Realität sieht anders aus: im strömenden Regen kämpfen wir genau gegen 6 – 7 Beaufort und 2 Meter Welle an. Nach 19 Seemeilen haben wir die Nase gestrichen voll davon und laufen

Nåra
Das gastfreundliche Dorf Nåra

auf Ytre Sula an. Der gut geschützt in einem kleinen Sund gelegene Ort besteht aus einer Handvoll Wohnhäusern und einem kleinen Laden; letzterer bietet einen Gästesteg an, der sogar kostenlos ist, wenn man keinen Landstrom braucht.

Hier bleiben wir gerne länger: am Freitag ist immer noch kräftiger Gegenwind, aber etwas trockener, und wir machen einen Landgang und sammeln viele Blaubeeren; am Samstag regnet es wieder anhaltend. Die freundliche Dame von Laden zeigt uns auch noch, wo wir kostenlos eine Dusche benutzen können – in einer kleinen Ferienwohnung in einem Nebengebäude, die bei Nichtvermietung einfach offensteht … hier ist die Welt noch in Ordnung!

Leuchtfeuer Sogneoksen vor Kvernøyna mit meterhoher Brandung

Sonntag geht es endlich weiter: nach tagelangem Starkwind ist es nun zwar etwas flautig, es läuft aber noch eine beachtliche alte Dünung vom Atlantik herein, die sich spektakulär an den vorbeiziehenden Felseninselchen bricht. Mit viel Geduld erreichen wir nach 16 Seemeilen unter Segeln die Naturbucht auf der Insel

Børilden

Freundlicherweise hat der norwegische Seglerverband KNBF hier eine (mal wieder: kostenlose) Muringboje ausgelegt, das Anlegemanöver dauert also keine Minute. Die Umgebung ist völlig unbebaut und recht hübsch, und im Wasser schwimmen etliche Makrelen; nicht lange dauert es, bis 6 davon gefangen sind und ein köstliches Abendessen vom Grill abgeben!

Uttoskevågen
Uttoskevågen / Toska

Montag hält das bessere Wetter an, nun gibt es sogar etwas mehr Wind dazu: 4 Windstärken aus Nordwest, perfekt um weiter nach Süden zu fahren. Eigentlich guter Wind für eine größere Tagesdistanz, aber nach 18 Seemeilen kommen wir an der Insel Toska vorbei, die eine sehr verwinkelte und reizvolle Ankerbucht für uns bereit hält, in der auch wieder eine KNBF-Muringboje ausliegt – da können wir nicht vorbeisegeln und verbringen eine Nacht in dieser – ebenfalls völlig unbebauten – Bucht.

Kollevåg
Kollevåg / Askøyna

Für Dienstagabend ist eine neue Starkwind- und Regenfront angesagt, daher suchen wir einen möglichst geschützten Ort für die kommende Nacht und den Mittwoch; außerdem wäre mal wieder ein Supermarkt von Nutzen. Wind gibt es keinen mehr, und so motoren wir in aller Ruhe weitere 18 Meilen bis Kollevåg; hier gibt es ein Steinpier in einem Naherholungsgebiet direkt vor den Toren Bergens, und gemessen an der geringen Distanz zur zweitgrößten Stadt Norwegens ist es erstaunlich naturnah: die Villen auf der einen Seite verschwinden hinter einer Felswand, die Industrieanlagen auf der anderen Seite hinter einem Hügel.

Ein kleiner Supermarkt ist in einer dreiviertelstündigen Wanderung zu erreichen und versorgt uns Dienstagnachmittag noch mit frischem Brot, bevor es am Mittwoch ausgiebig und in erstaunlichen Mengen regnet – das Dinghi wird zur Badewanne …

Skorpo
Ankerbucht vor Skorpo

Donnerstag ist das Wetter immer noch nicht besonders stabil, und der Wind weht immer noch aus Süd, also kein Tag zum Segeln. Ein kleines Stück verholen wir uns aber, wir wollen wieder in eine Naturbucht, und da bietet sich das Inselchen Skorpo zwei Seemeilen südlich an; auch hier gibt es wieder eine Muringboje von der KNBF.

Unglaublich, welch wildromantische Natur wir hier einen Steinwurf von Bergen entfernt vorfinden; allein die gut ausgelaufenen Trampelpfade auf der Insel zeugen davon, dass hier während der Saison einiges los ist. Zwischen zwei Regengüssen sammeln wir noch Pilze – wenn die sich als essbar erweisen, geht es hier demnächst weiter mit dem Blog …

Lysøya
Ole Bulls Villa auf Lysøya

Am Freitag geht es uns gut, und wir fahren weiter gen Süden; brauchbaren Wind gibt es zwar keinen, aber wenigstens regnet es nicht mehr ununterbrochen. Wir halten unterwegs nochmal zum Einkaufen in Brattholmen (Schwimmsteg direkt am Supermarkt, sehr praktisch) und erreichen nach vierstündiger Motorfahrt die Insel Lysøya; hier gibt es eine sehr geschützte Bucht, die nur über eine schmale Durchfahrt zu erreichen ist – und wieder eine KNBF-Muringboje. Die Insel hat in ihrem Inneren zwei Seen, jede Menge wildromantischer Natur und ein gutes Netz aus Spazierwegen zu bieten – und die Villa des norwegischen Violinisten und Komponisten Ole Bull, der nämlich das alles im 19. Jahrhundert hat anlegen lassen.

Solstraløya

Samstagmorgen das gleiche Bild: Regen und leichter Gegenwind. Wie immer unter Motor laufen wir also unser nächstes Ziel an, das kleine Inselchen Solstraløya. Wir dachten, bei dem Namen (Sonnenstrahlinsel) muss sich doch das Wetter mal bessern … und tatsächlich, kurz nach dem Anlegen (im Regen) lässt sich die Sonne blicken – nicht für lange Zeit, aber genug, um die (recht übersichtliche) Insel zu erkunden.

Solstraløya wird für eine Stunde ihrem Namen gerecht

Hier gibt es mal wieder ein Naherholungsgebiet, welches sich vor allem an Schulklassen zu richten scheint: es gibt eine kleine Freilichtbühne für Aufführungen, die Kinder haben Infotafeln zu allen möglichen Tieren und Pflanzen erstellt, und einen Hühnerstall gebaut – weswegen es auf der Insel freilaufende Hühner gibt. Außerdem gibt es Pilze in Hülle und Fülle – nun, irgendwer muss ja auch die feuchte Witterung mögen … wir sammeln also fleißig um unseren Selbstversuch beim nächsten Abendessen wiederholen zu können.

Am nächsten Tag  laufen wir

Kalsundholmen

an der Südspitze von Huftarøy an – unter Motor, natürlich; der wenige Wind kommt wie immer von vorne. Wenigstens ist es trockener, und die Sonne scheint ab und an – man wird bescheiden …

Die Ankerbucht bei Kalsundholmen

Auch in dieser Bucht hat der KNBF eine Muringboje ausgelegt; wir nutzen das Angebot gerne, ist doch in der Nacht auch noch ein Frontendurchzug angekündigt – schon praktisch, wenn man nicht immer mit einem Ohr wach bleiben und auf die Ankerkette hören muss.

Die Sonne bequemt sich auch noch etwas zu verweilen, und so können wir noch einen Landgang unternehmen, bevor es sich gegen Abend immer mehr zuzieht.

Smedaholmen
Smedaholmen

Der Montag bringt wieder das gewohnte Wetter: Gegenwind und Regen. Wir motoren gegen 5-6 Beaufort aus Südsüdost bis Fitjar auf Stord, wo wir – wie so häufig – direkt am Sparmarkt anlegen, Einkäufe erledigen und sogar duschen können. Bleiben wollen wir in dieser Großstadt (fast 2000 Einwohner …) aber nicht, wir ziehen noch ein kleines Stück weiter und finden bei Smedaholmen wieder einen kosenlosen Schwimmsteg mitten in der Natur.  Die Insel ist recht grün und bewaldet, wieder gibt es unzählige Pilze zu entdecken.

Langøya
Langøya

Für Dienstag ist endlich besseres Wetter angesagt; so recht will sich aber die versprochene Sonne nicht zeigen, doch immerhin bleibt es trocken. Wind gibt es auch keinen, wir ziehen also nur ein kleines Stück weiter und finden mit Langøya ein weiteres, hübsches Inselchen mit öffentlichem Schwimmsteg. Wie immer sind wir das einzige Boot, die Saison ist hier definitiv vorüber …

Die Insel ist deutlich karger als Smedaholmen, es gibt kaum Bäume; in einer geschützen Senke jedoch finden wir einige alte Apfelbäume, offenbar muss es hier mal eine Besiedlung gegeben haben. Da am Mittwoch wieder ausgesprochenes Mistwetter angesagt ist (Starkwind aus Südsüdost und Regen), können wir hier wenigstens mit frischem Apfelkuchen auf bessere Zeiten warten …

Røvær
Leuchtfeuer Ringholmen

Donnerstag soll dann endlich Nordwind aufkommen – und auch noch die Sonne scheinen! Hochmotiviert fahren wir also los, um mal etwas mehr Strecke zurückzulegen, aber in den ersten Stunden, die wir den Stokksund zwischen den großen Inseln Bømlo und Stord hinunterfahren, ist von Wind nicht viel zu spüren … erst als wir den offeneren Bømlafjord (quasi die Mündung des Hardangerfjordes) erreichen, setzt sich der Wind durch, und bei um die 15 Knoten aus Nordnordwest gleiten wir auf die sonnige See hinaus.

Der Hafen von Røvær

Tagesziel ist nach 33 Seemeilen Røvær, eine Inselgruppe direkt vor der Einfahrt nach Haugesund. Hier waren wir letztes Jahr schon einmal, und wie wir beim Blick ins Logbuch feststellen, sogar zum gleichen Datum, dem 30. August. Wie vor einem Jahr gefällt es uns gut hier; neu hinzugekommen ist ein interessantes Informationszentrum über das Meer und seine Nutzung durch den Menschen, welches wir uns noch anschauen können.

Am nächsten Morgen verlassen wir Røvær, diesmal durch die extrem schmale südliche Ausfahrt, die auch noch von einer 16-Meter-Brücke überspannt wird – aber wir haben ja Niedrigwasser, alles geht gut. Wir steuern – wie üblich – Haugesund wegen seiner guten Versorgungsmöglichkeiten an, bleiben dort über Mittag und kaufen einen Berg Obst und Gemüse, und fahren zum Abend noch weiter bis

Dragøya

Dies war im vergangenen Jahr unser erster Naturhafen – und dieses Jahr ist das Wetter sogar noch besser, wir genießen das saftige Grün im Inneren der Insel, wandern durch knietiefes Moos und lassen den Abend bei einem Lagerfeuer am Anleger ausklingen.

Auf Dragøya

Samstag geht es weiter, wir kreuzen gegen den Wind den Karmsund hinunter, was bei schönem Wetter und einer nicht allzu großen Tagesdistanz ja auch Spaß macht; nach nur 10 Seemeilen machen wir an der KNBF-Muringboje auf

Vesterøy

fest.  Diese Insel ist größer als Dragøya, bietet sogar richtige Wanderwege durch eine abwechslungsreiche Landschaft – sumpfige Täler, Wälder und Hochebenen wechseln sich ab – und mal wieder etliche Pilze.

Am Sonntag den 2. September hat der Südwind Stärke 5 bis 6 erreicht, und die Sonne scheint auch nicht mehr; wir beschließen einen Ruhetag an der Muringboje einzulegen und auf besseren Wind zu warten.

Toftøy

Montag gibt es wieder Sonne – nur keinen Wind. Erst geben wir uns noch sportlich und kreuzen gegen 2 bis 3 Windstärken auf, dann verlässt und genau in der kaum 60 Meter breiten Durchfahrt unter der Brücke zwischen Ognøya und Austre Bokn der (Gegen-) Wind und wir parken zwischen den Brückenpfeilern ein … den Rest der bescheidenen 11 Seemeilen muss also mal wieder der Motor ran.

Die Ankerbucht auf Toftøy

Auf Toftøy erwartet uns wieder eine Muringboje der KNBF in einer malerischen Bucht mit einer steilen Felsenwand auf der einen Seite, und im Inneren der Insel saftige, grüne Wiesen mit zahlreichen Schafen. Wirklich schön hier – bei dem Namen hatten wir ja auch einiges erwartet 😉

Dennoch ziehen wir am nächsten Tag weiter, diesmal eine noch kürzere Distanz von nur gut 5 Seemeilen bis

Talgjeholmen

Bei Sonnenschein und wenig Wind erscheinen uns diese kleinen Inselsprünge genau richtig: selbst mit kaum einem Knoten Fahrt kann man noch auskommen wenn das Ziel so nah ist, und gegen Mittag schon da zu sein eröffnet viele Möglichkeiten, den Nachmittag zu gestalten: Inselwanderungen, Angeltouren oder Schlauchbootausflüge.

Auf Talgjeholmen nutzen wir wieder eine Muringboje des KNBF (ja, es gibt eine Menge davon!) und tun all dies: wir fahren mit dem Schlauchboot zum Einkaufen zweieinhalb Seemeilen weiter,  erkunden die kleine Insel zu Fuß und fangen ein paar Makrelen zum Abendessen vom Grill. Ein malerischer Sonnenuntergang rundet den Tag ab – was will man mehr?

Blick von Talgjeholmen über Talgje
Sauøya

Der Name der nächsten Insel erscheint nicht so verlockend, auf Norwegisch bedeutet er aber ‘Schafsinsel’ – als ob das nicht auf so ziemlich jedes Fleckchen Land hier zutreffen würde …

Sauøya mit Steganlage

Wir fahren wieder nur kurz, nach 7 Seemeilen sind wir am Ziel; ausnahmsweise erwartet uns mal statt einer Muringboje eine solide Steganlage aus Holz mit Grillplatz und Picknicktischen, die norwegische Version des Naherholungsgebiets – kostenlos natürlich, und um diese Jahreszeit völlig menschenleer.

Das Wetter am Mittwoch gibt sich zunächst recht bedeckt, später am Tag kommt aber nochmal die Sonne richtig durch – perfekt um die Cockpitpolster auf dem warmen Holz auszubreiten und den Nachmittag über nochmal Sonne zu tanken, bevor sich diese für längere Zeit verabschiedet.

Fister

Der Wetterbericht sieht nämlich bedrohlich aus: nichts als Regen auf 10 Tage voraus. Aber glücklicherweise ist auf die Wettervorhersage für nächste Woche ja nicht allzuviel zu geben …

Zunächst aber trifft die Prognose zu: in der Nacht beginnt es zu regnen und hört auch nicht mehr auf. Gegen Mittag motoren wir ein kleines Stück herüber zur Festlandsküste, um im Ort Fister einen ‘richtigen’  Hafen mit Stromanschluss aufzusuchen (wichtig für den Luftentfeuchter, um nicht bei lebendigem Leib zu verschimmeln). Nun ja, allzuviel hat Fister nicht zu bieten – das kleine Pier sieht reichlich baufällig aus, und die Vereinsgebäude mit den Duschen sind abgeschlossen – die Saison ist eben vorbei … aber aus den Anschlüssen kommt Strom, und wir können uns trocknen und dem fallenden Regen zuhören …

Rossøysundet

Am Freitag regnet es nur leicht, und der Wind soll schwach aus Ost kommen; wir verlassen also den Hafen und nehmen Kurs Südwest zur Insel Rossøya. Als wir den Schutz der Bucht von Fister verlassen haben staunen wir nicht schlecht: von wegen wenig Wind, mit 5 bis 6 weht es aus Nordost, und als wir die Einmündung des Årdalsfjords passieren, der in dieser Richtung verläuft, können wir kurz auch mal Windstärke 8 vom Windmesser ablesen. So legen wir die kurze Strecke nur mit Vorsegel in erstaunlicher Zeit zurück und haben einen langen Nachmittag zur Erkundung der Insel.

Felsformation an der Küste von Rossøya

Diese ist ein Naherholungsgebiet und mit einem großzügigen, stabilen Holzpier zur freien Nutzung versehen; im vergangenen Jahr waren wir schon einmal hier und wissen daher, was uns erwartet. Als wir ankommen sind wir noch allein und die Insel gehört uns, während wir einen Spaziergang rund um die Insel unternehmen; am Abend treffen dann noch mehrere Motor- und Segelboote ein – ach ja, Freitagabend!

Tau

Auch am Samstag besuchen wir ein bekanntes Ziel: Tau, eine kleine Stadt am südöstlichen Ende der großen Bucht hinter Stavanger; letztes Jahr haben wir hier etliche Tage auf passendes Wetter für einen Ausflug zum Preikestolen am Lysefjord gewartet. Diesmal wollen wir nur einkaufen und – duschen! Der Ort selbst gibt auch nicht viel mehr her, aber die Einrichtungen des (enorm großen!) Sportboothafens sind sehr gut gepflegt und einladend.

Lineholmen
Küstenlandschaft auf Line

Sonntag geht es bei kräftigem Südwind und häufigen Regenschauern weiter Richtung Stavanger; in Lineholmen finden wir ein Naherholungsgebiet mit KNBF-Muring, wo wir die Nacht verbringen. Eine Regenpause am Nachmittag nutzen wir aber auch, um mit dem Dinghi zum Steg überzusetzen und die Insel zu erkunden. Mal wieder können wir nur staunen, dass es solche Angebote in unmittelbarer Nähe der – für norwegische Verhältnisse – Großstadt Stavanger gibt; von der Südseite der Insel scheinen die großen Industriehafenanlagen gegenüber so nah, und hier findet man malerische Natur …

Kvitsøy
Ydstebøhamn / Kvitsøy

Am folgenden Montagmorgen verlassen wir die Bucht von Stavanger und begeben uns nach Kvitsøy – wie schon im letzten Jahr wollen wir von hier den Absprung Richtung Süden wagen. Bis Egersund folgt ein 45 Seemeilen langer Küstenabschnitt vor Jærens Rev und Obrestad, der keinerlei vorgelagerte Inseln oder schützende Häfen zu bieten hat und dem vorherrschenden Südwestwind voll ausgesetzt ist – da soll das Wetter wenigstens halbwegs passen. Ursprünglich hatten wir mal den Mittwoch im Visier, aber nun hat sich der angesagte Westwind schon auf 6 bis 7 Beaufort erhöht (was allein uns ja noch nicht völlig abschrecken würde), und die Wellenhöhe auf 4 bis 8 Meter – und da hört es wirklich auf. Sieht also so aus, als könnten wir längere Zeit hier verbringen ..

Tag 2 (Dienstag): Regen, Hagel, Gewitter und Südsüdwest um 6, Böen bis 8 – kein Tag um das Boot weiter als bis zum Supermarkt zu verlassen.

Tag 3 (Mittwoch): wie befürchtet ist es noch schlimmer als gestern, die signifikante Wellenhöhe hat sich auf knapp 5 Meter erhöht (d.h. bis 9 Meter sind drin), und es bläst mit 7 bis 9 Beaufort in Böen aus Südwest – wir bleiben.

Tag 4 (Donnerstag): gutes Wetter heute, zwischen den Regenschauern kommt immer mal die Sonne durch (gerne auch gleichzeitig mit dem Regen), und es hat nur noch 6 Windstärken, aber wieder aus Südwest … noch ein Hafentag, aber wenigstens hat’s heute für einen Inselspaziergang gereicht!

Tag 5 (Freitag): heute wieder weniger Sonne und immer noch viel Wind aus der falschen Richtung … aber: für morgen zeichnet sich ein brauchbareres Wetterfenster ab! ‘Nur’ noch 2 bis 4 Meter Welle und 5 bis 6 Windstärken – aus West statt Südwest! Keine Traumbedingungen, aber die besten seit einer Woche … hoffen wir mal, morgen Kvitsøy und damit die norwegische Westküste verlassen zu können!

Rund Stadlandet (01.08. – 15.08.)

Prächtiges Segeln gen Südwest

Der August beginnt mit viel Sonne und auch noch brauchbarem Wind; wir verlassen Grip und segeln an Kristiansund vorbei Richtung Südwest – von nun an nähern wir uns langsam aber sicher Stadlandet, welches wir im Mai bei Starkwind überwunden haben. Wie wird es dort wohl auf dem Rückweg sein?

Nächstes richtiges Ziel ist die Insel Ona, welche wir schon auf dem Hinweg besucht haben; für heute ist uns das aber zu weit, wir wollen lieber früh ankommen und legen nach nur 17 Seemeilen am Gästesteg in

Kråkholmen

an. Den sonnigen Nachmittag nutzen wir für eine Fahrradtour in den nahegelegenen Ort Vevang, wo es auch einen Supermarkt gibt. Der Hafen gehört einem Sportbootverein und ist recht klein und verschlafen, aber auch ganz sympathisch.

Donnerstagmorgen brechen wir auf und fahren an der – etwas berüchtigten weil ungeschützten – Küste vor Bud entlang; bei fast gänzlicher Abwesenheit von Wind stellt sich dieser Abschnitt aber recht harmlos dar und wird von uns unter Motor abgefahren. Nach 23 Seemeilen erreichen wir wieder

Ona

wo es uns auf dem Hinweg gut gefallen hat; nun zieht sich aber pünktlich mit unserer Ankunft der Himmel zu, und es beginnt zu regnen – kein Ausflugswetter. Wenigstens gibt es zur Abwechslung mal wieder eine heiße Dusche …

Austnes / Haramsøya

Der Freitag bringt Westwind um 4 Beaufort und damit endlich wieder Segelwind für uns; wir legen unter Segeln ab, fahren aber genau in der engen Hafeneinfahrt der Schnellfähre direkt vor den Bug – da muss doch mal kurz der Motor ran. Dennoch kommen wir nach knapp 20 Seemeilen auf Haramsøya mit deutlich unter einer Stunde Motorbetrieb an – so muss das!

Hier gibt es mal wieder eine Einkaufsmöglichkeit, sonst ist es aber recht unspektakulär. So verlassen wir Austnes am nächsten Morgen wieder und nehmen Kurs Richtung Süden.

Borgarøya / Ulsteinfjorden

Gegen Mittag fahren wir an Ålesund vorbei, und der (Gegen-)Wind frischt immer mehr auf; das letzte Stück durch den Breidsund bis Flø wird ganz schön mühsam, 20 Knoten Wind und 2 Meter hohe, kurze Wellen bremsen uns ganz schön aus, wir brauchen 2 Stunden für 6 Seemeilen.

Entsprechend froh sind wir, als wir Richtung Ulstein abbiegen und nach kurzer Zeit am Schwimmsteg vor Borgarøya festmachen können. Dieser bietet nicht nur kostenloses und sicheres Liegen vor der Kulisse einer historischen Ansiedlung, sondern auch noch – ebenso kostenlosen! – Landstrom. Da das Wetter am folgenden Sonntag noch schlechter werden soll, beschließen wir gleich zwei Nächte hier zu bleiben – und so hören wir den größten Teil des Sonntags den Wind um den Mast heulen und den Regen aufs Deck prasseln.

Volda

Montagmorgen ist es wieder halbwegs trocken, brauchbaren Wind gibt es aber wieder keinen, als wir den Ulsteinfjord Richtung Süden durch ein Gewirr von Inseln und Passagen verlassen. Auf Einladung von Jonny von der ‘Fri’, den wir in Mausundvær kennengelernt haben, besuchen wir Volda und verbringen einen sehr schönen Tag mit ihm und seiner Freundin Guro; wir machen zusammen einen Autoausflug ins Hinterland – welches man ja sonst als Segler nie zu sehen bekommt. Dabei besichtigen wir das Union Hotel in Øye, ein prächtiger Holzbau von 1891, dessen Gästeliste sich wie das Who’s Who des frühen 20. Jahrhunderts liest; obwohl das Hotel nach wie vor in Betrieb ist, kann man die nicht vermieteten Zimmer anschauen, und jedes davon ist eine Sehenswürdigkeit für sich!

Gerne würden wir noch bleiben, aber es zeichnet sich ein gutes Wetterfenster für die Rundung von Stadlandet ab; so verlassen wir am frühen Dienstagnachmittag Volda wieder und fahren 20 Seemeilen bis

Bringsinghaug / Kvamsøya

einem der letzen Häfen vor dem Kap. Damit erschöpft sich auch die Bedeutung des Ortes – falls von einem solchen überhaupt die Rede sein kann.

Am Mittwochmorgen brechen wir also auf; Wind ist nur wenig angesagt, aber die Wellenhöhe soll immer noch bis zu drei Metern betragen. Das mag auch zutreffen, es handelt sich jedoch nur um die lange Dünung, die vom Atlantik auf das Kap rollt, und bereitet uns nicht die geringsten Schwierigkeiten. Was für ein Unterschied zur Umrundung im Mai …

Zielhafen hinter dem Kap ist

Klostervågen / Selja
Die Klosterruine auf Selja

welches wir am frühen Nachmittag erreichen. Hier befinden sich die Ruinen eines ab etwa 1100 erbauten Benediktinerklosters; in alten Zeiten bedeutende Pilgerstätte zu Ehren der heiligen Sunniva, die hier der Legende nach Zuflucht in einer Höhle suchte (und darin umkam).

Rugsund Handelsstad
Der alte Handelsplatz Rugsund

Am Donnerstag machen wir uns wieder auf dem Weg gen Süden; wir fahren nun in den geschützten Fahrwassern zwischen zahlreichen, großen Inseln, die der eigentlichen Fjordküste vorgelagert sind bzw. in diese übergehen – ohne einen Blick in die Karte ist nämlich selten klar, was hier Festland und was Insel ist.

Wir machen einen Einkaufsstop in Måløy und erreichen am Nachmittag Rugsund, wo wir am Gästesteg der alten Handelsstation festmachen. Dazu kommt sogar kurz die Sonne heraus; für den kommenden Tag ist aber Sturm und Dauerregen angesagt, so dass wir beschließen, hier gleich bis Samstag zu bleiben.

Auch am Samstag brechen wir erst spät auf, nach einer guten Seemeile liegt nämlich ein Hindernis im Weg: die Rugsund-Brücke, laut Karte 15 Meter über Hochwasser – etwa anderthalb Meter zu wenig für die ‘Orion’. Also warten wir aufs Niedrigwasser, ehe wir aufbrechen – nur um dann feststellen zu müssen, dass dies nicht nötig gewesen wäre, die Brücke erweist sich nämlich als deutlich höher (wir schätzen etwa 17 Meter über Hochwasser). Die Einheimischen behaupten das auch, nur wäre es schön, wenn das nach etlichen Jahren mal in der Karte korrigiert worden wäre …

Direkt nach dieser spannenden Passage passieren wir den Hornelen, mit 860 Metern die höchste Seeklippe Europas; unmittelbar darunter fühlt man sich sehr, sehr klein, und selbst ein passierendes Seeschiff von 100 Metern Länge wird zu einer Spielzeugausgabe seiner selbst …

Ansonsten bietet der restliche Tag hauptsächlich Gegenwind und bedeckten Himmel, so dass wir ganz froh sind, nach 19 Uhr endlich das Tagesziel zu erreichen: einen kleinen Naturhafen auf der Insel Hovden, den der Bootsclub Florø mit einem soliden Schwimmsteg und einer kleinen, liebevoll eingerichteten  Schutzhütte versehen hat – zur freien Benutzung durch jeden Reisenden!

Svanøybukta

Am Sonntag geht es weiter, und endlich scheint mal wieder die Sonne – dafür gibt es nur äußerst schwachen Wind, ein bis zwei Windstärken aus Südwest. Viel ist das für die schwere ‘Orion’ nicht gerade, aber dafür ist die Tagesdistanz mit 16 Seemeilen auch gering, und wir haben den ganzen Tag Zeit … also dümpeln wir 7 Stunden unter Gennaker an Florø vorbei bis Svanøya. Die Insel erweist sich als nur mäßig hügelig, aber dafür mit ungewöhnlich dichtem Wald bedeckt – als sattgrüner Flecken erscheint sie am Horizont.

Der Gästeanleger in Svanøybukta gehört zum Landhandel und bietet allerlei Annehmlichleiten: Einkaufsmöglichkeit, Strom, Dusche und Benutzung von Waschmaschine und Wäschetrockner. Unbezahlbar allerdings ist der vom Liegeplatz aus gebotene Abendhimmel …

Bulandet

Dennoch verlassen wir die schöne Insel gleich am nächsten Morgen wieder, denn für den Montag ist endlich mal wieder brauchbarer Segelwind angesagt: mit gut 10 Knoten aus Nordost soll es wehen … wieder raus auf die kleinen, vorgelagerten Inseln soll unser Weg führen, gut 23 Seemeilen, da kann man schon wenigstens etwas Wind gebrauchen. Die Realität sieht leider anders aus: Windstärke 1 wird nicht überschritten, und die Richtung ist eher Nordwest … mal wieder muss also der Motor ran. Zwischendurch gönnen wir uns zwar drei Stunden lang die Ruhe unter Segeln, schaffen in dieser Zeit aber nur 5 Seemeilen … so wird das nichts.

Etwas frustriert über das ewige Motoren erreichen wir schließlich Bulandet, die westlichste, dauerhaft bewohnte Inselgruppe des Landes, welche sich selbst gerne als ‘Venedig Norwegens’ bezeichnet – wegen der vielen Brücken, die die unzähligen Inselchen verbinden. Ansonsten hält sich die Ähnlichkeit aber in Grenzen: das Wasser ist kristallklar und stinkt nicht, überall unberührte Natur, keine Touristen, und statt Tauben gibt es Möwen und Seeadler … hier bietet es sich an, am nächsten Tag die Fahrräder auszupacken und eine ausgedehnte Radtour zu unternehmen. Wir können die ganze Inselgruppe entlang bis Værlandet im Osten fahren, und das lohnt sich: tolle Ausblicke alle paar Meter, durchweg hübsche und gepflegte Häuser und vielerlei liebevolle Dekoration in Vorgärten und an Wegkreuzungen … schön hier!

Bulandet, Inselreich weit draußen im Meer

Der anhaltende Sonnenschein trägt dazu natürlich viel bei – und am Mittwoch ist es vorbei damit. In der Nacht beginnt es zu regnen und mit 20 bis 25 Knoten aus Süd zu wehen, und den Wettervorhersagen nach wird sich daran auch in den nächsten Tagen nichts ändern; wir verkriechen uns also unter Deck, trinken Tee und warten auf besseres Wetter …

Rørvik bis Kristiansund (22.07. – 31.07.)

Valøy
Endlich – ein Papageientaucher!

Weiter geht’s Richtung Süden, wir passieren Rørvik und verlassen damit das Helgeland. Anders als die meisten Boote (und wir auf dem Hinweg) tun wir das aber nicht durch den schmalen Sund von Rørvik, sondern 10 – 12 Seemeilen weiter westlich durch die vorgelagerten Inseln. Das Wetter am Sonntag ist halbwegs freundlich, nur Wind gibt es kaum, wir motoren 38 Seemeilen; Höhepunkt des Tages ist ein einzelner Papageientaucher, der seelenruhig mitten auf dem Meer schwimmt – und dafür haben wir uns auf diversen Inseln schon zu Klettertouren verleiten lassen!

Zielhafen am Abend ist Valøy, ein verschlafener, aber netter Ort mit einer Handvoll Häusern; es gibt noch nicht mal einen Aushang, wieviel Liegegeld man entrichten soll – was für ein Kontrast zur gar nicht so weit entfernten Hauptroute der Freizeitschifffahrt! Der nächste Supermarkt ist eine Dreiviertelstunde mit dem Fahrrad entfernt – eine schöne Tour am Montagvormittag.

Nordøyan

Am frühen Nachmittag brechen wir dann wieder auf; da die Flaute inzwischen in Gegenwind übergegangen ist, legen wir nur ein kurzes Stück von 10 Seemeilen bis Nordøyan zurück.

Die Insel beherbergt ein Leuchtfeuer und ist seit dessen Automatisierung nicht mehr permanent bewohnt. Einige der Nachfahren der früher hier lebenden Fischer bemühen sich um den Erhalt der historischen Gebäude, diese treffen wir zufällig an und bekommen viel von der Geschichte des Ortes erzählt, unter anderem vom Schiffbruch der Hurtigrutendampfers St. Swithin am 21. Oktober 1962, der zahlreiche Opfer forderte.

Der Himmel ist inzwischen wolkenlos, wir haben die Insel für uns allein und genießen die besondere Atmosphäre dieses abgelegenen Ortes!

Sørgjæslingan
Nach dem Regen in Sørgjæslingan

Am nächsten Morgen ist der Gegenwind kräftiger geworden, wir warten erst mal ab bis der Südwest wieder etwas nachlässt und fahren dann kaum 10 Seemeilen weiter nach Sørgjæslingan; auch diese Insel ist ein alter Fischerort, vor 100 Jahren sollen hier während der Saison mehrere Tausend Menschen gelebt haben – heute unvorstellbar, wenn man die kleine Insel mit ihren wenigen Häusern sieht. Dennoch ist hier mehr los, etliche Sommerhäuser sind bewohnt, und der historische Laden öffnet zweimal täglich für eine Stunde (verkauft aber heutzutage eher Andenken als Lebensmittel).  Ein paar Regenfelder ziehen auf, am Abend setzt sich aber die Sonne nochmal durch und schenkt uns einen Regenbogen.

Villa Hamn

Wieder können wir erst spät aufbrechen, nur 13 Seemeilen liegen vor uns, und bei schwachem Westwind erreichen wir in Richtung Südosten die Festlandküste bei Flatanger bzw. die ihr vorgelagerte Insel Villa. Für die Nacht machen wir fest an einem kleinen Anlegesteg, der für Besucher des Leuchtfeuers Villa gedacht ist; dieses war 1839 als kohlenbefeuerter Leuchtturm erbaut worden und das erste Leuchtfeuer überhaupt in Norwegen nördlich Trondheims.

Am nächsten Morgen scheint auch mal wieder die Sonne, so dass es lohnend erscheint, den gut 100 Meter hohen Berg auf Villa zu besteigen; die Aussicht ist mal wieder toll …

Aussicht vom Villafjellet über die Küstenlandschaft vor Flatanger

Was für ein Unterschied zum Hinweg, als wir uns tagelang bei grauem Himmel und Gegenwind im Schutz der 1000 Inselchen nach Rørvik vorgekämpft haben … so ist es deutlich besser!

Halten

Gegen Mittag legt auch der Wind zu, und so brechen wir auf zur langen Überfahrt nach Halten, einer kleinen Insel, welche das Ende der sich von Frøya im Südwesten herauf erstreckenden Inselkette markiert. 43 Seemeilen lang ist die Überfahrt, und ein zunehmend kräftiger Nordostwind (zum Abend  5 bis 6 Beaufort) schiebt uns herüber – endlich mal wieder machen wir ordentlich Strecke unter Segeln!

Halten empfängt uns mit einer besonderen Atmosphäre der Abgeschiedenheit – hier ist man wirklich weit draußen. Dennoch ist die Insel, wenigstens in den Sommermonaten, bewohnt; der Leuchtturm ist natürlich – wie überall – längst automatisiert.

Überall sehen wir unzählige Seevögel, und auch ein paar Papageientaucher – nach denen wir doch so lange gesucht haben – spazieren einfach so auf der Hafenmole herum …

Mausundvær

Auch der Freitagnachmittag hält noch etwas Nordostwind für uns bereit, so dass wir 27 Seemeilen die Inselkette entlang bis Mausundvær segeln können. Es ist auch den ganzen Tag sonnig, dennoch ist es im Wind kalt, und die vorm Wind weit offen stehenden Segel werfen auch noch Schatten aufs Boot. Erst in der Windabdeckung des alten Fischereihafens ändert sich das schlagartig, und wir verbringen einen schönen, langen Abend bei sommerlichen Temperaturen und Rosé im Cockpit unseres norwegischen Nachbarn von der ‘Fri’.

Sula
Leuchtfeuer Sula

Samstag dreht der Wind zunehmend auf Ost und wird wieder stärker; wir erledigen noch Einkäufe und fahren dann noch ein kleines Stück weiter nach Sula, wo wir den für den kommenden Tag angesagten Frontendurchzug abwarten wollen.

Erst mal aber scheint noch prächtig die Sonne, es wird annähernd 30 Grad warm, und das an einem Haus gesehene Schild ‘Costa del Sula’ bestimmt das Motto des Abends.

Am Sonntag ist es dann tatsächlich regnerisch und der Wind dreht auf Südwest – ein Hafentag, der es auch erlaubt endlich mal den Reisebericht weiterzuschreiben 🙂

Veiholmen
Im inneren Hafen von Veiholmen

Am nächsten Tag ist das schöne Wetter zurück, wir verlassen Sula und fahren bei wenig Wind auf die Insel Veiholmen, nördlich Smøla; noch ein kleiner Fischerort mit einem äußerst verwinkelten Hafen – mehrmals denkt man, es ginge nicht mehr weiter, um dann unmittelbar vor einem Felsen rechtwinklig abzubiegen. Gutes Angelglück unterwegs beschert uns ein Abendessen frisch vom Grill, und der Ort mit all seinen gepflegten Holzhäusern ist hübsch anzusehen.

Grip
Grip – wenn der tägliche Ausflugsdampfer abgelegt hat herrscht hier Ruhe …

Am letzten Tag des Monats geht es schließlich (mit ebenso wenig Wind wie am Vortag) nach Grip – wieder eine alte Fischersiedlung auf den Außenschären vor Kristiansund. Hier ist allerdings deutlich weniger los als auf Veiholmen – kein Geschäft und keine permanente Besiedlung, aber auch hier sind die alten Häuser als Sommerhäuser liebevoll restauriert.

Helgeland (10.07. – 21.07.)

Selvågen / Fleina

Der Küstenabschnitt, der nun vor uns liegt, gehört zum Helgeland, dem südlichen Teil der norwegischen Provinz Nordland; vor der Christianisierung Norwegens war dies mal ein eigenes Königreich, welches in vielen der alten nordischen Sagas eine Rolle spielt.

Blick von Selvågen auf Fugløya

Über 30 Seemeilen fahren wir bei wenig Wind und ruhigem Wasser durch diese von unzähligen Inseln vorm Panorama der Gebirge auf dem Festland geprägte Landschaft; am Abend ankern wir wieder, diesmal in der Bucht Selvågen auf der Insel Fleina. Die Ankerbucht ist nicht ganz so spektakulär wie die letzte, bietet aber dafür einen schönen Blick auf die Nordseite der Insel Fugløy – diejenige, von der aus wir vor genau einem Monat die Überfahrt auf die Lofoten unternommen haben; hier schließt sich somit der Kreis …

Bolga

Kurz nach dem Aufbruch am nächsten Tag kreuzen wir also unser Fahrwasser vom Hinweg; ansonsten führt uns der Weg wie am Vortag weiter Richtung Süden, diesmal sogar mit raumem Wind unter Segeln. Am Horizont zeichnet sich bereits der Svartisen-Gletscher ab, welchen wir am nächsten Tag besuchen wollen.

Engen / Holandsfjord

Es sind von Bolga aus nur 15 Seemeilen in den Holandsfjord hinein bis Engen, wo der Engabreen, einer der vielen Ausläufer des Svartisen-Gletschers, fast bis an den Meeresspiegel heranreicht. Seit Tagen versprechen die Meteorologen vom norwegischen Wetterdienst für den Donnerstag blendendes Wetter: wolkenlose Sonne rund um die Uhr. Entsprechend erstaunt sind wir, als wir nach dem Aufstehen nur eine einzige, durchgängige Wolkendecke sehen … schnell nochmal die Vorhersagen aktualisiert, aber es bleibt dabei: während draußen alles grau ist, behaupten die Wettertrolle unverändert, dass zur jetzigen Zeit an ebendiesem Ort die Sonne strahlt … na, dann kann es sich ja nur um ein lokales Phänomen handeln, denken wir, und fahren die 15 Seemeilen in den Fjord. Dabei ändert sich aber nichts: den gesamten Tag sehen wir kein noch so kleines Stückchen Himmel und keinen Sonnenstrahl, während die laufend aktualisierten Wetterberichte im Internet unverändert von strahlendem Sonnenschein künden. Offenbar muss es ein zweites Norwegen in einem Paralleluniversum geben, für das der Wetterbericht gemacht ist …

Am kommenden Morgen ist das Wetter zwar alles andere als schön, aber wenigstens hängen die Wolken etwas höher, so dass man wenigstens die Gletscherzunge erkennen kann.

Wir verabschieden uns mit diesem Anblick und fahren zurück Richtung Meer, an Bolga vorbei und weit hinaus bis zur kleinen Insel

Myken
Myken: klein, aber fein

Früher ein Zufluchtsort für die Fischer, zählt die Insel heute noch 9 feste Einwohner – und zahlreiche Sommerhäuser. Immerhin befindet sich hier auch die nördlichste Whiskybrennerei der Welt, und die einzige oberhalb des Polarkreises …

Am Samstag setzen wir unseren Weg gen Süden fort, weiter entlang der äußersten Kette vorgelagerter Inseln; nächstes Ziel ist

Træna
Die markanten Gipfel von Sanna / Træna

eine weitaus bevölkerungsreichere Inselgruppe mit immerhin 456 Einwohnern – verteilt auf die 5 bewohnten von insgesamt über 1000 Inseln und Inselchen … dafür wurden auf Træna aber schon 9000 Jahre alte Besiedelungsspuren gefunden, mit die ältesten in ganz Norwegen.

Damit überschreiten wir auch wieder den Polarkreis – und auf dem Weg nach Süden werden nun die Nächte auch wieder spürbar länger, aktuell geht die Sonne schon für gut zwei Stunden unter. Dies sind aber eher theoretische Werte, denn das Wetter ist anhaltend schlecht, die Sonne lässt sich eh nicht blicken; am Sonntag bläst es dann auch noch mit über 20 Knoten aus Südsüdwest, so dass wir den Tag im Hafen verbringen.

Am Montag den 16. scheint erfreulicherweise endlich mal wieder die Sonne, so dass sich Træna zum Abschied nochmal in seiner ganzen Pracht zeigt. Den ganzen Tag sieht man am Horizont die drei Gipfel immer kleiner werden, bis sie sich schließlich wie ein Scherenschnitt vom Horizont abheben. Wir setzen über nach

Lovund

ein weiteres kleines Inselchen mit einem beeindruckend großen Berg darauf. Hier soll es mal wieder eine große Population an Papageientauchern geben: 40.000 Brutpaare, von denen wir – wie immer – keine Feder zu sehen bekommen. Dafür bietet Lovund aber schöne Wanderwege – und einen tollen Sonnenuntergang!

Skagavågen / Dønna
Dønnmannen (858 m)

Nächste Station ist die Ankerbucht Skagavågen auf der Insel Dønna; es ist zunächst nur schwach windig, und wir fahren erst gegen Mittag in Lovund los, aber dann weht für den Rest des Tages ein beständiger Wind aus Nordnordost mit 8 bis 10 Knoten – genug, um die gut 20 Seemeilen unter ausgebaumtem Gennaker zurücklegen zu können, bei fast glatter See im Schutz der zahlreichen Schären und strahlender Sonne – so macht das Spaß! Von der Ankerbucht aus haben wir einen Auslick auf den größten Berg der Insel Dønna, den Dønnmannen.

Brasøy

Am folgenden Tag geht es weiter nach Brasøy, eine kleine Ansiedlung verteilt über ein paar Inseln südlich von Dønna, die immerhin über einen Bootsverein und einen Gästesteg verfügt – für den Abend ist nämlich ein Kaltfrontdurchzug angesagt, und den wollen wir lieber fest am Steg erleben. Es weht und regnet dann auch ergiebig, aber am nächsten Vormittag ist es wieder trocken, und nachdem wir uns noch im Miniladen versorgt haben, fahren wir weiter gen Südwesten bis

Hamnøya / Vega

einer Ankerbucht im Südwesten der Insel Vega. Im weiten Umkreis finden sich keine Spuren menschlicher Aktivität – keine Sommerhäuser, Stromleitungen, noch nicht mal Pfade an Land. Pünktlich zur Ankunft ist auch der Himmel endlich aufgerissen, und so genießen wir die Abgeschiedenheit und den nächsten Sonnenuntergang …

Die wildromantische Ankerbucht Hamnøya auf Vega

Am folgenden Tag steht Kontrastprogramm an: wir fahren nach

Brønnøysund
Vollbesetzter Gästehafen von Brønnøysund

obwohl wir schon auf dem Hinweg hier waren; aber die Einkaufsmöglichkeiten und vor allem die im Liegegeld eingeschlossene Benutzung von Waschmaschine und Trockner sind verlockend. Aber was für eine Überraschung: während im Juni der Gästehafen ruhig und überschaubar war, platzt er jetzt aus allen Nähten; unzählige Boote kommen und gehen und konkurrieren um zu wenige Liegeplätze. So eine Unruhe sind wir nicht mehr gewohnt …

Aber wir decken uns mit Frischwaren ein und lassen die Waschmaschine mehrmals für uns arbeiten, tanken am nächsten Tag noch etwas Diesel und fahren dann weiter bis

Vågøya / Lyngværet
Ein Schwimmsteg in doppelter Hinsicht …

Unser ‘Cruising Guide’ verspricht hier eine gute Ankerbucht; umso erstaunter sind wir, als wir – gut geschützt im Sund zwischen zwei Schären – einen frei schwimmenden Steg mit Picknicktisch und Grill finden! Kurz nach uns trifft noch ein norwegischer Katamaran ein und macht an der anderen Seite der Plattform fest; so genießen wir den letzten Abend im schönen Helgeland, bevor es am nächsten Tag weiter gen Süden geht.

Durch den Raftsund Richtung Bodø (04.07. – 09.07.)

Raftsund und Trollfjord
Einfahrt in den Trollfjord

Direkt südlich des letzten Ankerplatzes liegt die Einfahrt in den Raftsund, eine die Lofotenkette zwischen Austvågøya und Hinnøya durchschneidende Meerenge. Auch hier setzt gezeitenabhängig ein Strom von bis zu 4 Knoten, den es zu berücksichtigen gilt.

Wir kommen zur richtigen Zeit und gleiten so zügig unter der Raftsundbrücke und durch die Engstelle hindurch. Auf etwa halber Länge  zweigt ein kleiner Seitenarm nach Westen ab, der Trollfjord. Hier fand um 1880 ein geschichtliches Ereignis statt: die ‘Schlacht am Trollfjord’. Dabei versuchte die aufkommende industrielle Fischerei mit ihren Dampfschiffen den traditionellen Lofotenfischern in ihren Ruderbooten der Zutritt zum Fjord zu verwehren, um ihn mit großen Senknetzen selbst leerfischen zu können; die Fischer wehrten sich, enterten die Dampfer und erzwangen den Zutritt – man sollte eben Wikinger nicht provozieren …

Der Trollfjord

Heute geht es hier friedlicher zu, am Ende des Fjordes liegt ein kleines Wasserkraftwerk, dessen Steganlagen kostenlos von Sportbooten genutzt werden dürfen, solange sie den Arbeitsbooten nicht im Weg sind . Zweimal täglich kann man das Spektakel bewundern, wenn die Hurtigrutenschiffe durch die nur 100 Meter breite Einfahrt in den Fjord kommen – und neben den 1000 Meter aufsteigenden Felswänden äußerst klein aussehen. Sie wenden im breiteren Ende – immer noch auf sehr engem Raum – und fahren wieder heraus, nachdem die Fahrgäste ihre Fotos gemacht haben.

Im Raftsund

Wir übernachten an der Wasserkraftstation und fahren am nächsten Mittag – wieder mit südsetzendem Strom – weiter durch den Raftsund. Nicht nur der Trollfjord, auch die restliche Strecke ist landschaftlich sehr reizvoll: immer säumen schroffe, schneebedeckte Berge das tiefblaue Wasser. Selbst Kaiser Wilhelm II. hat hier schon seinen Urlaub verbracht und die Berge bestiegen, im kleinen Ort Digermulen am Südende des Raftsundes heißt der Hausberg heute noch ‘Keiservarden’.

Wir fahren noch ein kleines Stück weiter und übernachten in einer hübschen Naturbucht, der Gullvika, zur Abwechslung mal wieder bei Grillwetter.

Skrova

Von dort ist es dann am nächsten Tag nicht mehr weit bis Skrova, einem alten Fischer- und Walfängerdorf, verstreut über einige Schäreninseln liegend. Für uns ist es die letzte Station auf den Lofoten, denn schon am nächsten Tag wollen wir den Vestfjord überqueren und wieder die Festlandküste erreichen.

Nordskot

So kommt es dann auch, der Samstag beschert halbwegs brauchbaren Wind und immerhin trockenes Wetter, und so segeln wir zurück über den Vestfjord, der an dieser Stelle nur noch 20 Seemeilen breit ist. Am frühen Nachmittag erreichen wir den kleinen Ort Nordskot an der Festlandsküste, wo der örtliche Bootsverein einen Gästeanleger unterhält. Es gibt auch einen kleinen Laden, der hat aber am Samstagnachmittag schon geschlossen – offenbar haben wir die touristischen Schwerpunkte nun hinter uns gelassen. Weniger schön ist es hier deswegen nicht …

Blick über die Bucht von Nordskot

Am Sonntag ist es regnerisch, wir bleiben im Hafen; Montagmorgen hat auch der Laden wieder geöffnet und beschert uns die erste Dusche seit zwei Wochen 🙂

Frisch und sauber machen wir uns auf den Weg nach Südwesten – natürlich mit Gegenwind. So erreichen wir erst gegen Abend die Ankerbucht bei

Osholmen

vor der Insel Landegode, welche mit ihren markanten Gipfeln schon aus weiter Ferne zu sehen ist; kaum ist der Anker eingefahren kommt auch endlich die Sonne raus und schenkt uns einen langen Abend im Cockpit – und wahrscheinlich den letzten mit Mitternachtssonne, denn wir fahren nun doch zügig Richtung Polarkreis, und Mittsommer liegt auch schon ein paar Wochen zurück …

Still liegt die Ankerbucht im Schein der Mitternachtssonne

Vesterålen (28.06. – 03.07.)

Nordvågen

Am Donnerstag den 28. verlassen wir Laukvik und damit die Lofoten; nur etwa 20 Seemeilen lang ist die Überfahrt zum Eidsfjord, welcher sich tief in die Vesterålen-Insel Langøya erstreckt. Das Wetter ist auch ganz passabel, wir kommen sogar bei Sonnenschein in der gut geschützten Ankerbucht Nordvågen an; am nächsten Tag regnet es aber schon wieder ergiebig, so dass wir den Freitag dort ohne Landausflug an Bord verbringen.

Stokmarknes

Samstag ist es wieder freundlicher, und vor allem die Aussichten für Sonntag und Montag sind gut, so dass wir den Anker lichten und weiter Richtung Hinnøya fahren; dabei kommen wir gegen Mittag an Stokmarknes auf Hadseløy vorbei, wo wir Station machen.

Das Hurtigruten-Museum mit der ‘Finnmarken’ in Stokmarknes

Stokmarknes ist der Geburtsort der Hurtigruten; hier begründete 1893 der Kapitän Richard With die weltberühmte Postschifflinie, deren Schiffe bis heute die norwegische Küste zwischen Bergen und Kirkenes befahren. In einem Museum, zu dem auch die an Land gezogene, 1963 gebaute ‘Finnmarken’ gehört, kann man sich über die Geschichte der Hurtigruten informieren.

Ansonsten ist Stokmarknes mit gut 3000 Einwohnern übersichtlich, und wir fahren am Nachmittag weiter in den

Lonkanfjord
Lonkanfjord mit Møysalen

an dessen südöstlichem Ende wir schließlich wieder den Anker werfen.

Der Fjord erstreckt sich einige Seemeilen durch grüne, dicht bewaldete Hügel von nur einigen 100 Metern Höhe, endet aber vor schroffen Bergen, die vom Møysalen, dem mit 1262 Metern höchsten Berg der Lofoten und Vesterålen, überragt werden. Da uns am Sonntagmorgen ein wolkenloser Himmel begrüßt, beschließen wir eine Wanderung in die Berge.

Der Weg ist abwechslungsreich, man erlebt die völlig unterschiedlichen Höhenabschnitte; auf gut 900 Metern Höhe erreichen wir einen Vorgipfel, der schon eine tolle Aussicht über die Inselwelten und das Gebirge bietet.

Blick auf den Møysalen (1262 m)

Auf die letzten 300 Höhenmeter bis auf den Møysalen müssen wir verzichten, denn der Rest des Weges erfordert Steigeisen und Seilsicherung, aber wir sind auch so begeistert von der Wanderung.

Auch am Montag ist der Himmel zunächst noch wolkenlos, und so fahren wir nur ein kleines Stück aus dem Fjord wieder heraus und ankern erneut in

Brottøya / Skipøyosen

Die kleine Insel liegt direkt vor dem Eingang in den Raftsund, der Richtung Süden wieder durch die Lofoten in den Vestfjord führt und bietet eine Ankerbucht mit Sandstrand und in allen Türkis- und Blautönen schimmerndem Wasser – ein idealer Ort zur Erholung von der Bergtour am Vortag, zum Grillen und zum Genießen der Mitternachtssonne – bislang hat die sich ja immer hinter Wolken oder Bergen versteckt. Zwar tauchen gegen Abend Wolken auf, aber die lassen den mitternächtlichen Himmel nur noch spektakulärer aussehen …

Kaum zu glauben, wie gewaltig der Wetterunterschied ist: bei bedecktem Himmel und Regen ist es kalt hier, die Mittagstemperaturen erreichen kaum 10 Grad; wenn aber der Himmel wolkenlos ist, verdoppeln sich die Temperaturen innerhalb eines Tages (die Sonne hat ja auch 24 Stunden Zeit dafür …), und am Nachmittag ist es hochsommerlich.

Am Dienstag ist es aber auch schon wieder vorbei damit, die Wolken vom Vorabend haben Regen und Wind gebracht – da bleiben wir besser noch einen Tag hier vor Anker, bis wir in den Raftsund fahren.

Lofoten (12.06. – 27.06.)

Røst

Gut 50 Seemeilen sind es von Fugløya über den Vestfjord nach Røst am südlichwestlichen Ende der Lofotenkette – nicht ganz am Ende, es gibt noch ein paar kleinere Inseln, auf denen es aber keine Häfen oder Bewohner gibt.  Der Vestfjord genießt keinen guten Ruf hinsichtlich der häufig herrschenden Seeverhältnisse, und obwohl wir uns ruhiges Wetter für die Überfahrt ausgesucht haben werden wir mit einer kurzen, steilen und zum Teil erstaunlich hohen Welle konfrontiert. Auf der ersten Hälfte der Überfahrt haben wir – entgegen der Wettervorhersage – kaum Wind, dann kommen 3-5 Beaufort aus Nordnordwest auf; angesagt waren ganztägig Nordnordost 4. So wird die Überfahrt also länger und anstrengender als erwartet, und nach 12 Stunden sind wir froh, als wir im Hafen von Røst festmachen können.

Am nächsten Morgen wundern wir uns über zahlreiche Menschen auf der Mole; der Anlass ist schnell herausgefunden: am 13. Juni 2018 besucht das norwegische Königspaar die Insel! Harald und Sonja reisen mit dem königlichen Dampfer an und werden mit der Barkasse etwa 25 Meter Luftlinie von der ‘Orion’ entfernt an Land gesetzt – ohne dass vorher ein Sicherheitskommando unser Boot durchsucht hätte, hier läuft so etwas wohl entspannter. Das finden wir aber nett, dass die sich extra für unseren Besuch die Mühe gemacht haben!

Wir wandern über die Insel und finden überall den Dorsch der letzten Fangsaison, paarweise zum Trocknen auf endlosen Holzgestellen aufgehängt: Stockfisch, den wichtigsten Exportartikel der Lofoten. Überhaupt ist die ganze Insel noch sehr stark vom Fischfang geprägt, der hier noch echte Lebensgrundlage ist und nicht nur zum touristischen Flair beiträgt . Ansonsten ragt der Archipel kaum aus dem Meer auf, in starkem Kontrast zu den steil aufragenden nördlichen und südlichen Nachbarinseln, die sich am Horizont abzeichnen.

Am Donnerstag verlassen wir Røst und wollen weiter zur nächsten Insel:

Værøy

Bei der Überfahrt kommt der Wind schon deutlich stärker und ungünstiger als die Wettervorhersagen es versprochen haben, und am Abend bricht dann der Sturm los: ein – für diese Jahreszeit – ungewöhnliches Sturmtief zieht vor den Lofoten nach Norden und bringt mittlere Winde um 40 Knoten. Wir ziehen den Kopf ein und verstecken uns zwei Tage an Bord, wo wir – gut geschützt im tief ins Land ragenden Hafen – in den Böen bis 60 Knoten Wind messen: Windstärke 11! Die ‘Orion’ legt sich auf die Seite als würde sie hoch am Wind segeln, die Gischt fliegt waagerecht übers Wasser, und die insgesamt 6 Festmacher haben alle Mühe uns zu halten … ein Erlebnis, welches man nicht auf dem Meer wiederholen möchte!

Am Sonntag ist der Sturm endlich abgeflaut, und endlich scheint mal wieder die Sonne; wir brechen auf in die Berge, denn im Gegensatz zu Røst hat Værøy davon einige zu bieten …

Panoramablick über Værøy vom Hornet

Der Ort Sørland mit dem Hafen wird von drei Seiten von Bergrücken eingeschlossen; wir erklimmen den knapp 440 Meter hohen Håen, von dem aus man einen Postkartenblick auf die südliche Halbinsel mit dem Måhornet und die eingeschlossene Bucht Måstadvika werfen kann. Auf dem Rückweg wandern wir auf dem Bergrücken entlang über den Berg in der Inselmitte und sehen am Horizont schon die Insel Moskenes, unser nächstes Ziel …

Reine

Am 18. verlassen wir Værøy und segeln 23 Seemeilen bis zur Insel Moskenes; dabei passieren wir die berühmt-berüchtigte Meerenge zwischen den Inseln, den Moskenstraumen, ein Gebiet mit zu den weltweit stärksten zählenden Gezeitenströmen auf offener See, welches die reale Vorlage für den ‘Mahlstrom’ in den Geschichten von Jules Verne, Edgar Alan Poe oder auch Friedrich Schiller bildete. Ganz so dramatisch wie in der Literatur sieht es in der Realität nicht aus, aber in Spitzenzeiten soll der Höhenunterschied des Meeresspiegels im Vestfjord und draußen auf der Barentssee bis zu 5 Meter betragen, was zu Strömungsgeschwindigkeiten von 8 bis 10 Knoten und Wirbeln mit mehreren Dutzend Metern Durchmesser führen kann.

Die Insel Mosken, namensgebend für den Moskenstraumen

Wir sind bei ruhigen Bedingungen unterwegs, und doch bemerken wir urplötzlich, dass die See extrem kabbelig wird; eine halbe Stunde dauert der Spuk, dann ist alles wieder normal. Wir laufen auf etwa der Hälfte von Moskenes den Hafen von Reine an, ein altes Fischerdorf mit 300 Einwohnern und jährlich Tausenden von Besuchern . Wirklich malerisch ist die Lage vor grandioser Bergkulisse, und die ‘Rorbuer’ (dt. Rudererhütten), die liebevoll restaurierten und heute als (teure) Touristenunterkünfte dienenden alten Hütten der Fischerbootsbesatzungen, tragen zur vollendeten Postkartenidylle bei.

Obligatorisch ist die Wanderung auf den Reinebringen, von dem aus man den besten Blick über Fjord und Berge haben soll; leider meint es das Wetter am nächsten Tag gar nicht gut mit uns, so dass wir an Bord bleiben. Am Mittwoch versprechen die Meteorologen aber mehr Sonne und wir machen uns auf den anstrengenden, steilen Weg – nur um in dichten Wolken anzukommen. Aber nach einer halben Stunde Wartezeit reißt es etwas auf – nicht genug für ein Postkartenfoto, aber immerhin kann man Reine sehen.

Der Donnerstag bringt wieder nur Regen und einen Tag an Bord – und das ausgerechnet an Mittsommer! Da wir aber seit Wochen keine Dunkelheit mehr erlebt haben verliert dieser Tag hier etwas an Bedeutung …

Am Freitag sieht es wieder besser aus: wir fahren mit den Rädern bis Sørvågen und machen uns dort auf zu einer Wanderung auf den Berg  Djupfjordheia, der mit gut 500 Metern schon eine tolle Aussicht bietet. Auch der Weg selbst ist abwechslungsreich und schön zu laufen, wir möchten gar nicht wieder zurückgehen!

Panormablick vom Djupfjordheia
Reine zeigt sich von seiner besten Seite

Samstag ist es wieder grau, windig  und regnerisch; wir beschließen den Tag noch in Reine an Bord zu verbringen und erst Sonntag weiterzuziehen. Tatsächlich lässt sich am Sonntagmorgen die Sonne wieder blicken, und Reine bietet uns doch noch einmal die Perspektiven, für die es berühmt ist …

Die vorbeiziehenden Inseln bieten einen spektakulären Anblick

Die nächste Insel in der Lofotenkette, Flakstadøya, lassen wir an Backbord liegen; mit Nusfjord bietet sie zwar ein vielversprechendes Ziel, aber das wären nur 8 Seemeilen von Reine, und der Wind weht so schön mit 5 Beaufort aus Südsüdwest … und so fahren wir also weiter, während neben uns ein Gipfel nach dem anderen wolkenumkrönt leuchtet, und laufen nach 24 Seemeilen

Stamsund

auf Vestvågøya an. Der Ort ist recht unspektakulär, dafür begegnen wir seit längerer Zeit mal wieder einem Schiff der Hurtigruten – Stamsund ist der erste Hafen auf den Lofoten, der auf deren Route gen Norden liegt. Und nicht zu vergessen, der Anleger gehört zu einem Hotel-Restaurant und bietet daher – für uns erstmals auf den Lofoten – eine heiße Dusche!

Nach dem Genuss dieser Annehmlichkeit brechen wir am Montag wieder auf und legen gut 10 Seemeilen bis

Henningsvær

auf Austvågøy bei immer mehr zunehmendem Wind zurück; für die kommende Nacht und den nächsten Tag ist mal wieder ein Südweststurm angesagt. Wir verstecken uns im Hafen von Henningsvær direkt hinter einer aus beeindruckend großen Felsbrocken gebauten Mole und liegen dort perfekt im Windschatten, so dass wir von diesem Sturm deutlich weniger mitbekommen als vorletzte Woche in Værøy. Am Dienstagabend kommt sogar die Sonne raus und erlaubt uns noch einen Spaziergang durch Henningsvær; auch dieser Ort ist fest in der Hand der Touristen, gleichzeitig aber auch noch ein aktiver Fischereihafen.

Laukvik

Am Mittwochmorgen ist auch dieser Sturm vorübergezogen, und wir brechen wieder auf; vor uns liegt der Gimsøysund, eine Meerenge zwischen den Inseln Vestvågøy und Austvågøy. Tidenabhängig setzt hier der Strom mit über 4 Knoten; wir sind zur richtigen Zeit da und werden rasch Richtung Norden geschoben. Damit sind wir auf der Außenseite der Lofotenkette, von wo wir zu den Vesterålen übersetzen wollen; wir suchen aber noch einen Hafen zum Übernachten auf – Laukvik, ein winziger Ort, dessen Mittelpunkt von einem 100 m²-Supermarkt gebildet wird. In norwegischen Dimensionen also eine Kleinstadt …

Der lange Weg nach Norden (30.05. – 11.06.)

Am Mittwoch den 30. Mai verlassen wir am Morgen Ålesund; bis zu den Lofoten sind es immer noch 400 Seemeilen – Luftlinie. Da der Wind uns nach wie vor nicht gut gesonnen ist (NO 3 nachlassend), muss der Motor ran; wir fahren bis zur Insel Ona und legen dabei 32 Seemeilen zurück.

Ona

ist recht weit draußen vor der Küste gelegen, eine alte Fischersiedlung; hier gefällt es uns sehr gut, und wir nehmen uns noch Zeit für einen Inselrundgang und genießen dann den Sonnenuntergang direkt an der Mole hinter dem Gästesteg.

Auch wenn wir hier gerne bleiben würden, machen wir uns am nächsten Tag auf den Weg nach

Kristiansund
Kristiansund

Knapp 40 Seemeilen fahren wir bei strahlendem Sonnenschein und Flaute unter Motor. Da die Sonne ja bis 23 Uhr scheint, ist es auch noch nicht zu spät für einen Stadtrundgang; so richtig kann uns die Stadt aber nicht für sich einnehmen, trotz der tollen Lage um ein Kreuz aus Wasser – da hat uns Ålesund besser gefallen. So fällt es uns am nächsten Tag leichter, gleich wieder aufzubrechen; wieder weht kaum Wind, nur für eine Stunde kann der Motor schweigen. Wir fahren durch die Trondheimsleia, ein durch große, vorgelagerte Inseln geschütztes Fahrwasser Richtung Trondheim, eine wichtige Schiffahrtsroute seit alter Zeit. Nach  42 Seemeilen erreichen wir unser Tagesziel

Magerøya

Hier machen wir Station an der Magerøya Gjestgiveri, die seit 1684 eine königliche Zulassung als Handelsplatz  für den Schiffsverkehr in der Trondheimsleia hat – und sicher schon Jahrhhunderte länger ein beliebter Stopp auf der Route war. Das alte Gasthaus strahlt wohlrenoviert in leuchtendem Weiß in der Sonne, und der kleine Hausberg dahinter bietet – mal wieder – einen beeindruckenden Ausblick!

Samstag gibt es endlich wieder Wind – Nordost natürlich … wir sind aber froh segeln zu können und kreuzen sportlich auf, schaffen so aber natürlich nur 22 Seemeilen und werfen am Abend Anker in der Bucht der Insel Kråkvåg.

Und es gibt sie doch: Wolken verhängen den Himmel

Hier schlägt am nächsten Vormittag das Wetter um; es kommt kräftiger Wind von 5 bis 6 Beaufort  aus West auf, den wir nutzen, um 52 Seemeilen Richtung Nordosten gut zu machen. Am frühen Abend dreht der Wind aber immer nördlicher, außerdem hat sich der Himmel zugezogen und es regnet ab und an; wir machen Station in Bessaker, wo wir am nächsten Morgen noch im Supermarkt einkaufen, um dann gleich wieder auszulaufen.

Bei unverändertem NNW 5-6 fahren wir größtenteils durch geschützte Inselfahrwasser, das letzte Stück durch die wirklich verwinkelte ‘Flatangerleia’. In den kurzen, offenen Passagen merken wir aber, dass es draußen ganz ordentlich weht, große Wellen laufen herein. Daher vermeiden wir auch die letzte, offene Passage vor Rørvik und übernachten nach 35 Seemeilen noch einmal in der Hamnvika bei Utvorda, bevor wir am Dienstag endlich Rørvik passieren. Hier beginnt das Trollfjell, eines der attraktivsten Segelreviere Norwegens, und erstreckt sich bis zu den Lofoten. Der Wind hat im Mittel deutlich abgenommen, es sind nur noch um die 4 Windstärken; nur wenn eine Regenwolke durchzieht gibt es auch schon mal für ein paar Minuten Windstärke 7. Nach 45 Seemeilen erreichen wir am Abend den Gästehafen von Skei.

Hier ist nicht viel los, und so brechen wir am nächsten Morgen gleich wieder auf; nach so vielen langen Tagen hintereinander haben wir uns aber am Mittwoch eine kürzere Strecke vorgenommen, nur 23 Seemeilen sind es bis

Møyhamna / Torghatten

so dass wir uns sogar den Luxus erlauben können, die Distanz selbst bei schwächerem Westwind unter Segeln zurückzulegen.

Am nächsten Vormittag kommt die Sonne hervor, und wir machen eine Wanderung nicht nur um, sondern auch durch den Berg Torghatten – dieser hat tatsächlich ein Loch in der Mitte. Aus der Nähe ist es gar nicht mehr so klein, sieht aus wie eine gewaltige Höhle mit 50 Meter hoher Decke; schon etwas unheimlich, über die herumliegenden, riesigen Felsbrocken hindurchzuklettern und unzählige Tonnen mehr davon über den Köpfen schweben zu wissen …

Aber der Berg stürzt auch an diesem Tag nicht ein, und wir fahren am Abend noch bis

Brønnøysund
Norwegen ist lang …

Die kleine Stadt bietet – neben allen Einkaufsmöglichkeiten – vor allem mal wieder eine heiße Dusche. Wie ein Schild verrät, liegt Brønnøysund genau auf der Hälfte der norwegischen Küstenlinie von Lindesnes im Südwesten bis zum Nordkapp – und wir dachten, wir wären schon weit gekommen! Aber glücklicherweise liegen die Lofoten ja auch etwas näher …

Also machen wir uns am nächsten Morgen wieder auf den Weg, Ziel ist die Ankerbucht Hjartøya. Der Wind weht erfreulicherweise  inzwischen aus Südwest, aber mit kaum mehr als 10 Knoten; dennoch versuchen wir zu segeln, und werden auch zeitweise mit einigen Knoten mehr Wind belohnt. Am Abend haben wir 34 Seemeilen auf der Logge – und mit der Schleppangel zwei Dorsche gefangen, die gleich das Abendessen abgeben. Hjartøya ist eine wild-romantische Insel, von der aus man bei entsprechendem Wetter einen guten Blick auf die Gebirgskette der ‘Sieben Schwestern’ haben soll – wir sehen nur Wolken …

Wolken verhüllen die Berggipfel

Samstag ist zwar kein Regen angesagt, aber auch kein Wind; nun steht also der schon gestern befürchtete und dann doch ausgebliebene Motortag an.  Dennoch hält der Tag noch ein besonderes Ereignis für uns bereit: wir passieren den Polarkreis! Auf einer kleinen Insel (passenderweise direkt am Fahrwasser der Hurtigroutenschiffe) weist ein Monument darauf hin; ab hier geht die Sonne um Mittsommer herum nicht mehr unter.

Am Polarkreis

Am Abend steuern wir Selsøyvik an, auch wieder ein seit Jahrhunderten genutzter Handelsplatz entlang der Schiffahrtsroute nach Norden; 41 Seemeilen liegen hinter uns.

Der Ort besteht nur aus wenigen Häusern, in der Saison gibt es ein Café – aber die fängt erst am 15. Juni an, das Wochenende vor Mittsommer …

Am Sonntag den 10. legen wir ein letztes Stück Strecke entlang der Richtung Nordost verlaufenden Küste zurück und erreichen nach 38 Seemeilen Fugløya – wie der Name andeutet ein beliebter Brutplatz für Seevögel. 99% der Inselfläche bestehen aus einem steil aufragenden, unzugänglichen Felsmassiv, davor eine kleine, flache Landzunge, auf der sich die gesamte Besiedlung findet , und sogar – welch Seltenheit hier – ein Stück Sandstrand.

Fugløya: Sandstrand und Felsen

Am Montag pausieren wir auf Fugløya, der Wind ist ungünstig für eine Überfahrt auf die Lofoten, und die gut 400 Seemeilen, die wir in den vergangenen 12 Tagen zurückgelegt haben, lassen einen Pausentag auch äußerst attraktiv erscheinen. Wir sind jetzt im Eiltempo durch ein faszinierndes Segelrevier gefahren und hoffen sehr, auf dem Rückweg mehr Zeit hier verbringen zu können …

Storfjord und Umgebung (22.05. – 29.05.)

Nach der abenteuerlichen Umrundung von Stadlandet haben wir uns erst mal einen Tag Erholung in Sandshamn verdient; passenderweise lädt auch das Wetter – erstmals seit Utsira – nicht zu einem längeren Aufenthalt im Freien ein, es regnet zwar nicht, ist aber grau, kalt und windig, so dass wir den Tag entspannt an Bord verbringen.

Am folgenden Tag scheint die Sonne wieder, und wir machen uns auf den Weg zur Vogelinsel

Runde
Die Insel Runde

Hier soll es die südlichste Brutkolonie von Papageientauchern in Norwegen geben, und die würden wir doch zu gerne mal sehen. Schon bald erscheint die vorgelagerte Insel am Horizont: ein nach Südwesten steil abfallender Felssockel von etwa 300 Meter Höhe. Kein Problem im kleinen Hafen einen Liegeplatz zu bekommen: es ist noch nirgendwo viel Betrieb hier. Kaum ist das Boot festgemacht, brechen wir zu einer Wanderung zu den Vogelfelsen auf. Der Aufstieg kostet einige Mühe, und wenn wir auch keine brütenden Papageientaucher entdecken können (wohl aber Basstölpel, alte Bekannte von Helgoland), so belohnt uns die Insel aber mit spektakulären Aussichten über ein tiefblaues Meer mit schneebedeckten Bergen im Hintergrund!

Der Storfjord windet sich tief ins Gebirge

Am nächsten Tag stellt sich die Frage: wie weiter? Fürs nächste Wochenende stellt der Wetterdienst nur Flaute in Aussicht, so dass wir beschließen, tief in den Storfjord bis Geiranger zu fahren und dort das Wochenende zu verbringen. Unmittelbarer als wir es im vergangenen Jahr im Hardanger- und Sognefjord erlebt haben, geht im Storfjord die maritime Inselwelt in ein Hochgebirgspanorama  über; die Berge sind zerklüfteter, überall liegt noch Schnee auf den Gipfeln. Mit einem Zwischenstopp in Sykkylven erreichen wir dann Freitagabend

Geiranger

Wie sich herausstellt, haben die Idee noch andere gehabt: der kleine Hafen ist gut gefüllt mit großen Motorbooten, aber es findet sich noch ein Platz für die ‘Orion’. Nicht auszudenken, was hier in der Saison los sein mag … gut, dass wir den Abstecher jetzt und nicht auf dem Rückweg gemacht haben!

Am Samstagmorgen dann einige Unruhe auf dem Wasser: drei Kreuzfahrtschiffe besuchen den Fjord, das größte macht einen Steinwurf vom Yachtanleger entfernt an gewaltigen Muringbojen fest und beginnt, seine Fracht (deutscher) Touristen auszuspucken. Glücklicherweise kommen diese aber kaum über die Andenkenläden hinaus, so dass es in den Bergen nicht allzu voll wird, erst recht nicht am Sonntag, wo wir bis auf fast 1000 Meter aufsteigen und nur einer Handvoll Leuten begegnen.

Der Fjord ist nicht umsonst so berühmt: wirklich malerisch liegt er in der Landschaft, ringsherum schneebedeckte Berge … eine Postkartenidylle!

Wie gemalt liegt er da, der Geirangerfjord

Montag brechen wir aber wieder auf und motoren die 40 Seemeilen zurück, übernachten noch einmal in der Ankerbucht Honningdalsvågen und erreichen am Dienstag unsere letzte Station im Storfjord,

Ålesund

Die Stadt liegt verteilt auf mehreren Inseln, Wasser bestimmt das Stadtbild – und die vielen, nach einem Brand um die vorletzte Jahrhundertwende im Jugendstil errichteten Häuser.  Ålesund gilt als eine der hübschesten norwegischen Küstenstädte – was wir bestätigt finden!