Læsø und Limfjord (28.08.-06.09.)

Nach einem Hafentag, an dem wir eine Störung mit bis zu neun Windstärken durchziehen lassen, brechen wir jedoch auf, die Zeit drängt. Unser neues erstes Ziel in Dänemark ist Læsø, eine der beiden dänischen Inseln im Kattegat. Doch wie befürchtet geht es den ganzen Weg nach Læsø gegen Wind und Welle und entsprechend langsam; zum Glück ist es aber nicht so weit, nur 25 nm. Die letzten Meilen können wir abfallen und endlich angenehmer segeln, und so machen wir schließlich in Østerby fest, dem Hafen auf der Ostseite von Læsø. Es gibt noch einen zweiten Hafen auf der Westseite der Insel, der (Überraschung) Vesterø heißt. So einfach geht das.

Hier liegen wir gut, der Hafen ist Ende August ziemlich leer. Da die Wetteraussichten alles andere als berauschend sind, entschließen wir uns hier auch, den Plan zu ändern und nicht über den Nord-Ostsee-Kanal, sondern über den Limfjord auf die Nordseeseite zurückzukommen. Zum einen befürchten wir, dass es einfach zu lange dauern wird, sich das ganze dänische Inselmeer nach Süden zu hangeln, wenn man immer nur Gegenwind und -strom hat (im Kattegat setzt meist ein Strom nach Norden), zum anderen ist das Risiko nicht so klein, später in der Elbmündung festzusitzen … wie so mancher aus eigener leidvoller Erfahrung wissen wird, kommt man da bei auslaufendem Wasser nicht mehr raus, sobald etwas stärkerer westlicher Wind weht und gegen den Strom steht. Und im einsetzenden Herbst sind Westwindlagen alles andere als unwahrscheinlich. Und so denken wir uns, dass wir uns lieber beeilen, nach Thyborøn, auf der Nordseeseite des Limfjords zu kommen, um dort dann in Ruhe auf einen günstigen Zeitpunkt für den Absprung zu warten.

Zunächst aber legen wir einen Hafentag ein und holen die Fahrräder raus. Damit kann man im flachen Læsø, das große Ähnlichkeit mit den Nordseeinseln hat, viel mehr anfangen als in Norwegen. Die Insel gefällt uns gut, ist für eine Radtour genau richtig von der Größe und ziemlich abwechlungsreich mit ganz unterschiedlichen Landschaftstypen. Wir fahren bis auf die andere Seite der Insel und schauen uns auch den anderen Hafen an, finden aber “unseren” irgendwie netter, auch wenn sie sich ziemlich stark ähneln. Das Besondere ist, dass am Straßenrand unzählige kleine Holzbüdchen stehen, in denen die Einheimische alles mögliche per SB-Prinzip verkaufen: Schmuck, Kartoffeln, selbst gesammelte Pfifferlinge. Nun, bei letzeren können wir natürlich nicht widerstehen: ganz frisch und sehr, sehr lecker – und der Preis ist auch absolut konkurrenzfähig. So werfen wir also unsere Münzen in die Geldkasette und suchen uns das schönste Schälchen mit Pilzen aus.

Am nächsten Tag dann steht ein ganz ordentlicher Schlag nach Hals, dem östlichen Zugang zum Limfjord, an. Aber, wie wir es ja schon nicht anders erwarten: Gegenwind. Zusammen mit dem Gegenstrom aus der Ostsee heraus kommen wir trotz vollem Motoreinsatz teilweise kaum über drei Knoten Fahrt hinaus und fürchten schon, bis tief in die Nacht unterwegs zu sein. In unserer Verzweiflung versuchen wir, dem Strom zu entgehen, indem wir näher an der Küste entlangfahren und uns dafür in den Bereich der zahlreichen Stellnetze wagen; und tatsächlich, so geht es ein wenig schneller voran und wir sind zumindest noch rechtzeitig in Hals, einem recht geschäftigen Städtchen, um im Supermarkt ein Abendessen zu erstehen.

Am nächsten Tag geht es in den Limfjord, den wir zum ersten Mal sehen. Wir sind gespannt, müssen aber erst mal den langweiligen, schnurgeraden Teil passieren, bevor das Gewässer sich auf große Wasserflächen öffnet mit Inseln und Natur. Am ersten Tag aber ist Kanalfahrt angesagt, mitten durch Aalborg hindurch (die Stadt mit dem Aquavit). Das läuft alles recht flott, und auch das Öffnen der beiden Brücken ist kein Problem, obwohl eine davon eine Hauptverkehrsachse durch die Stadt ist.

Auf Livø

Wir kommen bei achterlichem Wind und Strom so gut voran, dass wir spontan weiter fahren als ursprünglich geplant und auch noch die dritte Brücke passieren und in Livø festmachen, einer ganz kleinen Insel, die in unsererm Törnführer in überschwenglichsten Tönen gelobt wird. Und schon das Hafenbecken ist ein echtes Erlebnis: es ist nicht viel größer als die ‘Orion’ und wir können uns kaum vorstellen, wie sich hier im Sommer dutzende von Booten hineinquetschen. Die müssen alle deutlich kleiner sein! Auch die Insel gefällt uns, früher war hier eine “Nervenheilanstalt”, heute ist in den Gebäuden eine Jugendherberge untergebracht, sonst gibt es bloß viel Wald und Landwirtschaft, von der die Insel sich früher selbst versorgt hat. Da wir in Eile sind, können wir nicht lange bleiben, aber am nächsten Vormittag drehen wir eine kurze Runde und sind besonders vom grünen, üppigen Hexenwald angetan. Hier würden wir sicher noch einmal wiederkommen wollen.

Die Oddesundbrücke

Dann aber geht es weiter, denn wir müssen unbedingt so weit wie möglich nach Südwest kommen, bevor der Wind dreht und zu Gegenwind wird (und das ist natürlich schon vorhergesagt). So kommen wir bei Flaute am nächsten Tag bis Oddesund, wo das Fahrwasser des Limfjords einen deutlichen Knick macht und von da an Richtung Nordwest führt. Um uns herum typische dänische Kulturlandschaft, viel Grün, wenige Menschen. Leider können wir mit unserem Tiefgang das Hauptfahrwasser kaum verlassen, aber für kleinere Boote ist das sicher ein tolles Revier. Ähnlich wie im Ijsselmeer sind die Wege nicht weit, egal wohin man will, aber es ist hier wohl auch in der Hochsaison nicht ganz so überfüllt.

In Oddesund selbst ist nicht viel, einen Ort finden wir nicht, dafür ist das Vereinsheim ganz schön. Am nächsten Tag dann steht das letzte Stück Limfjord an und da der Wind wie versprochen auf Südwest gedreht hat, können wir segeln. Das ist so schön, mal dem Motor nicht beim Dröhnen zuhören zu müssen … wir kommen so schnell voran, dass wir schon mittags in Thyborøn ankommen. Beim Näherkommen sieht der große Industrie- und Fischerhafen ja nicht gerade einladend aus doch das täuscht, das nördlichste Hafenbecken, welches für die Sportboote reserviert ist, ist ganz gemütlich und man bekommt nicht allzu viel vom restlichen Hafenbetrieb mit (bis auf den Fischgeruch, der des öfteren über allem liegt). Der Clou ist das große, neue und gemütliche Vereinsheim mit vollverglastem Aufenthaltsraum mit Meerblick und voll ausgestatteter Küche. Außerdem gibt es eine kostenlose Waschmaschine und Trockner. Hier kann man es sich bei Schietwetter schön gemütlich machen, was sicher besonders schön ist, wenn man mit einem ganz kleinen Boot unterwegs ist.

Und nun ist Warten angesagt. Erst mal sind die Wetteraussichten auf absehbare Zeit nicht gut, ein echter Sturm zieht auf, viel Wind, viel Regen. Wir schlagen die Zeit tot, waschen Wäsche, freunden uns mit zwei weiteren deutschen Seglern an, die wie wir auf den Absprung warten, klönen, trinken Tee, schnacken, schauen uns die Stadt an. Eine Radtour machen wir auch, die jedoch dank ordentlichem Gegenwind deutlich kürzer ausfällt als geplant. Als die Sturmfront durchzieht (Böen bis 10 Bft!) haben wir auch noch einen Verlust zu beklagen: die Windfahne von unserer Selbststeueranlage hat es doch glatt abgerissen, und das im Schutz der Hafenmauer, Ersatz haben wir keinen dabei, aber bei einem Holzbootbaubetrieb im Ort versuchen wir unser Glück und obwohl es Samstag ist und wir die Herren beim Frühstück stören, ist man sehr nett und sägt uns ein passendes Stückchen Sperrholz zu. Überhaupt gibt es in Thyborøn vermutlich so ziemlich jeden Bootsfachmann, den man sich vorstellen kann, wenn mal etwas kaputt gehen sollte.

Westschwedische Schären (21.08.-27.08.)

Am folgenden Morgen dreht der Wind auf Südost und so wir können uns am 21. August endlich auf den Weg Richtung Schweden machen, das wir über Nacht erreichen. Während wir tagsüber noch wunderbar segeln können, verlässt der Wind uns in der Nacht so gründlich, dass wir dank konstantem Gegenstrom aus dem Skagerak heraus sogar eine Zeitlang rückwärts fahren. So bleibt uns am nächsten Vormittag nichts anderes übrig als den Motor zur Hilfe zu nehmen und Kurs auf die Koster-Inselgruppe zu setzen. In Küstennähe aktualisieren wir nochmal den Wetterbericht und entscheiden uns die Nacht in der Ursholmene-Bucht zu verbringen. Dabei handelt es sich offenbar nicht gerade um einen Geheimtipp, denn als wir eintrudeln sind wir doch beeindruckt von der Menge Boote, die sich hier tummeln. Ist ja auch nicht überraschend, am vermutlich letzten schönen Sommerwochenende wollen viele noch mal ihr Boot nutzen, und die Gegend ist dichter besiedelt als Norwegen. Wir finden aber auch noch ein Plätzchen an der Inre Ursholmen und lassen uns die Sonne auf den Bauch scheinen. Wenn doch nur die mitten in der Bucht ankernden Boote nicht beschlossen hätten, die Umgebung im Umkreis von einer Seemeile mit (schlechter) Musik zu beschallen… naja, wir lassen uns nicht schockieren, nehmen ein Bad und ruhen uns von der Überfahrt aus. Am Abend wird es auch deutlich leerer und wir genießen den Sonnenuntergang.

Und nun heißt es, sich ganz langsam Richtung Deutschland vorarbeiten, erst die schwedische Küste entlang nach Süden und dann bei passender Gelegenheit rüber nach Dänemark. Eigentlich würden wir auch gerne Skagen besuchen, aber müssen natürlich schauen, was der Wind uns so bringt. Zuallererst einmal bringt er uns Flaute … da als nächstes aber der vor einiger Zeit noch sehnlich erhoffte, jetzt aber völlig unpassende Südwest angekündigt wird, sehen wir am folgenden Tag zu, dass wir Strecke Richtung Süden gutmachen, zunächst wieder unter Motor, später kommt aber auch noch Wind auf. Wir legen einen Einkaufsstop in Grebbestad ein, wo wir auch am Sonntag geöffnete Supermärkte vorfinden, und bleiben am Abend in Strömsund, einem sehr, sehr schmalen Sund zwischen drei Inseln (zu schmal, um die ‘Orion’ darin auch nur zu wenden) und genießen den vermutlich letzten Abend in einer Naturbucht mit der liebsten Sommerbeschäftigung der Schweden: wir grillen! Die Felsen auf unserer Insel geben mit ihren gletschergeformten Kuhlen außerdem wunderbare Sessel ab, von denen aus wir den Sonnenuntergang mit Blick auf das Meer genießen – unbeschreiblich schön!

Klädesholmen

In den nächsten Tagen hoffen wir eigentlich auf eine gute Gelegenheit, nach Dänemark rüberzumachen, aber irgendwie will es einfach nicht mit dem Wind passen und so segeln wir bei sechs bis sieben Beaufort die schwedische Küste nach Süden entlang. Wir machen Station in Klädesholmen, einem unbedingt sehenswerten Ort, der über drei Inseln verteilt ist und dessen Hafen durch die Bucht zwischen diesen Inseln gebildet wird. Früher hat man hier in Hering gemacht (Fang und Verarbeitung), heute haben Künstler ihre Ateliers in den alten Konservenfabriken. Immerhin, eine davon legt immer noch Hering (Sill) ein, und zwar auf die kreative Art, mit ungewöhnlichen Saucen etc. Im Supermarkt gibt es auch einen Werksverkauf und die Preise sind trotz des gourmetmäßigen Auftritts wirklich in Ordnung und noch dazu schmeckt es richtig gut!

Das Wetter zeigt sich am nächsten Tag von seiner schlechtesten Seite, so bleiben wir einen Tag – hauptsächlich unter Deck. Auch der folgende Versuch Kurs Skagen anzulegen, fällt leider buchstäblich ins Wasser. Bei kräftigem Wind gegenan und unschöner Kreuzsee beim Übergang ins flache Wasser bleibt uns nichts anderes, als abzudrehen und uns im Schutz der Schären weiter nach Süden durchzuschlagen. Tja, das war es also leider mit Skagen. Wir landen letztlich in Vrångö, das eigentlich ganz nett ist und viele Wanderwege sowie einen Supermarkt direkt am Hafen bietet; wenn wir uns nur nicht immerzu sorgen würden, wie wir eigentlich nach Dänemark kommen sollen, denn natürlich ist bis auf weiteres Westwind angesagt, also wie immer gegenan …

Norwegische Südküste (11.08.-20.08.)

Weglose, wilde Natur

Nach der anstrengenden Überfahrt schlafen wir uns erst mal aus und erkunden dann den Ort, um unsere Vorräte mit lokalen Spezialitäten zu ergänzen. Am Nachmittag wollen wir auch noch die weitere Umgebung erkunden und unternehmen eine Wanderung in ein nahegelegenes Naturschutzgebiet, welches allerdings – anders als man es in Deutschland erwarten würde – nicht wirklich auf Besucher eingerichtet ist und keinerlei ausgezeichnete Wege aufweist. So kämpfen wir uns durchs Unterholz, um am Ende doch umdrehen zu müssen; die Zecken fühlen sich dort allerdings sehr wohl …

Mandal ist nett, aber eigentlich zieht es uns ja in die Natur, also brechen wir am nächsten Tag wieder auf. Wir haben uns eine Bucht zum Ankern ausgeschaut, die nur wenige Seemeilen entfernt ist und das Wetter hat sich prächtig entwickelt, so dass wir bei strahlend blauem Himmel und perfektem Wind rübersegeln können, immer mit Blick auf die sattgrünen Wälder der Küste. Und dann in der Bucht erleben wir zum ersten Mal etwas, das einem – besonders als Wattenmeersegler, der sich immer zwischen Untiefen hindurchschlängelt – kaum in den Kopf gehen mag: wir können in der Bucht längsseits am Land festmachen! Die Felsen sind so steil, dass man immer noch sechs Meter Wasser unterm Kiel und außerdem keine Probleme beim Abfendern an Land hat. Bemerkenswert, in der Natur fast noch besser und sicherer zu liegen als im besten Hafen, denn die hohen Felsen schützen auch optimal vor Wind.

Skolhusbukten / Sandøya

Auch am nächsten Tag haben wir besten Segelwind aus Nordwest bei strahlendem Sonnenschein. Wir folgen der Küste Richtung Osten, lassen Kristiansand links liegen und steuern einen in der Seekarte vielversprechend aussehenden Liegeplatz an. Dieser erweist sich jedoch als schlecht geschützt und mit viel Durchgangsverkehr, so dass wir weiterziehen und schließlich am Abend im klaren Wasser der Skolhusbukten bei Sandøya ankern.

Am folgenden Morgen weht kaum ein Lüftchen, aber das macht uns nicht viel aus, da wir ohnehin unter Motor durch die Blindleia fahren wollen, eine Art natürlicher Kanal zwischen der norwegischen Küste und den vorgelagerten Schären, die nur ein teilweise weniger Meter breites Fahrwasser lassen, um dann wieder geräumige Buchten zu umschließen. Dort haben die Schönen und Reichen Norwegens ihre Sommerhäuschen stehen, in den besten Baulagen (auf Felsenklippen, mit Holztreppe zum eigenen Bootsanleger) natürlich. In der Hochsaison ist hier sicher auch irre viel los, aber im August ist ja in Skandinavien der Sommer eigentlich schon vorbei, so dass wir ziemlich ungestört durch die Blindleia fahren können. So können wir ganz in Ruhe mit großen Augen staunen und besonders langsam durch die Engstellen fahren, bei denen die Felsen rechts und links fast in Reichweite sind und man dem Echolot kaum glauben mag, wenn es noch mehrere Meter Wasser unterm Kiel anzeigt.

Sonnenuntergang bei Mortensholmen

Am Nachmittag suchen wir Schutz längsseits am Felsen von Justøya in der Bucht von Mortensholmen, da für die kommenden Tage schlechteres und windigeres Wetter angesagt ist. Erst mal aber erkunden wir die Insel, finden den Dorfladen schon für dieses Jahr geschlossen vor und trauen uns – verschwitzt von der kleinen Wanderung – zu einem Bad ins fast 20 Grad warme (?) Wasser. Der Abend schenkt uns einen traumhaften, völlig wolkenlosen Sonnenuntergang.

Am folgenden Tag zeigt sich der Himmel in der Tat bedeckt, was uns aber nicht davon abhält, die Insel zu erkunden. Wir finden unglaubliche Mengen Heidelbeeren (die sofort zu Muffins verarbeitet werden) und einen beeindruckenden Süßwassersee, umgeben von zig Meter hohen Steilwänden mitten auf der Insel. Überhaupt macht es Spaß, auf eigene Faust über die Insel zu streifen, oft auf nur ganz schmalen Fußpfaden.

Man könnte es hier länger aushalten, doch da nach einigen Tagen in der Natur die Batterien langsam eine neue Ladung brauchen und der Generator noch nicht einsatzbereit ist müssen wir am folgenden Tag einen Hafen aufsuchen und fahren so im strömenden Regen die kurze Strecke nach Lillesand. Am Nachmittag erledigen wir dort Einkäufe, länger als nötig wollen wir aber nicht bleiben, denn wir liegen durch den ständig durch den Hafen rollenden Schwell sehr unruhig. So fahren wir am nächsten Tag weiter nach Homborsund, einen viel kleineren Hafen mit Gästeanleger, der – jahreszeitlich bedingt – schon kostenlos zu nutzen war.

Hier warten auf eine günstige Gelegenheit zum Absprung nach Schweden – und die lässt auf sich warten! Kaum verlässt man sich darauf, dass der Wind aus der vorherrschenden Richtung (also West) weht, bekommen wir wochenlang Ostwind. Es tröstet uns auch nicht so wirklich, dass die Einheimischen uns erzählen, dass sie so etwas noch nie erlebt hätten, erst recht nicht im August; so warten wir letzten Endes mehrere Tage bis der ziemlich kräftige Ostwind nachlässt. Immerhin bringt die Wetterlage mit sich, dass der Himmel von einem unfassbaren Blau ist und wir Sonne ohne Ende bekommen. Wir erkunden die Halbinsel, die unsere Bucht von der offenen See trennt; dort finden wir zur Abwechslung mal ein ausgezeichnetes Wegenetz durch die Heide- und Felslandschaft vor. Um uns die Zeit zu vertreiben, machen wir auch eine Radtour nach Grimstad, um unser letztes norwegisches Geld gegen lokale Spezialitäten zu tauschen – ein mühsames Unterfangen, ist doch selbst der Süden Norwegens recht bergig. Aber da das Wasser um diese Jahreszeit für norwegische Verhältnisse ziemlich warm (um die 20°C) ist, können wir uns danach mit einem Bad im Fjord erfrischen.

Nach vier Tagen verlassen wir endlich Homborsund, um herauszufinden, ob wir uns endlich auf den Weg nach Schweden machen können; vor der Küste erwartet uns aber kräftiger Gegenwind und -strom, so dass wir uns entschließen, noch eine Nacht im Schutz der Valøyene, einer Außenschärengruppe vor Grimstad, zu verbringen.

Überfahrt nach Norwegen (05.08.-10.08.)

Sonnenaufgang vor Emden

Am 5. August geht es los: weil Hochwasser erst am Nachmittag ist, kommen wir am ersten Tag nur bis Emden, um am nächsten Tag beim allerersten Licht morgens um 5 mit dem nächsten Hochwasser wieder auszulaufen zu unserer ersten mehrtägigen Überfahrt. Wir sind durchaus angespannt und haben gegenüber der Autoverladeanlage keine ruhige Nacht verbracht, werden für das frühe Aufstehen aber mit einem wunderschönen Sonnenaufgang belohnt. Mit ablaufendem Wasser wollen wir uns weit genug von der Emsmündung entfernen um nicht in den Gegenstrom zu geraten, wozu der Wind zunächst nicht ausreicht, so dass wir motoren müssen. Da alle Wettervorhersagen uns aber Südwestwind versprochen haben, trösten wir uns damit, dass wir nur ein wenig Geduld haben müssen. Als wir endlich per Motor die Verkehrstrennungsgebiete hinter uns gelassen haben folgt aber die Ernüchterung: erst Nordwind, dann Flaute … nicht dass wir noch bis Norwegen motoren müssen?!

Zum Glück kommt aber dann doch noch segelbarer Wind auf, der uns auch für weite Teile der restlichen Strecke erhalten bleibt. Wir versuchen derweil einen Wachrhythmus zu finden und sind recht bald auch ganz gut eingespielt: tagsüber passen wir gemeinsam auf, nachts wechseln wir alle paar Stunden, aber nicht nach ganz strengen Uhrzeiten. Eine große Hilfe bei einer solchen mehrtägigen Fahrt ist uns die Windfahnensteuerung, die das Boot auf Kurs hält, ohne dass ständig jemand am Steuer stehen muss.

Land in Sicht!

Nach Queren der ‘Schiffsautobahnen’ vor der deutschen Küste nimmt der Verkehr auf der Nordsee stark ab, und das ist auch gut für uns, denn gerade auf Nachtfahrt sind wir froh, wenn nicht allzu viel los ist – dann ist es auch nicht schlimm, wenn die Konzentration nachlässt. Da der Wind bald auch auf Nordwest dreht und wir damit einen ganz knackigen Am-Wind-Kurs fahren, ist es so laut und unruhig an Bord, dass an Schlaf ohnehin kaum zu denken ist. Und so träumen wir schon davon, anzukommen und uns so richtig auszuschlafen. Und am Morgen des vierten Tages, ganz früh schon können wir “Land in Sicht!” rufen, das ist schon ein besonderes Gefühl!

Unser Zielhafen ist Mandal, eine hübsche kleine Stadt, in die norwegischen Hügel gebettet und mit eigenem Sandstrand (was im felsigen Norwegen eher selten ist), und während wir uns der Küste nähern können wir schon die würzige Waldluft schnuppern, die nach mehreren Tagen auf See ganz deutlich zu riechen ist. Wir sind allerdings so erschöpft, dass wir eigentlich nur duschen und schlafen wollen. Dumm nur, dass wir am Sonntag ankommen und nicht wissen, wie wir an norwegisches Münzgeld kommen sollen, welches man für die Duschen braucht! Zum Glück findet sich aber ein geöffneter Bäcker, wo wir Brot und Münzen erstehen können; dabei machen wir auch unsere ersten Erfahrungen mit dem norwegischen Preisniveau …

Vlieland und Groningen (10.09.-17.09.)

Den nächsten Tag verbringen wir ganz gemütlich an Bord, weil das Wetter nicht zu Aktivitäten einlädt, aber am Tag drauf können die Fahrräder endlich wieder zum Einsatz kommen und wir erkunden die Insel. Viel Neues gibt es nicht zu entdecken denn dafür waren wir schon zu oft hier, aber immer wieder schön ist es definitiv. Da Vlieland recht klein ist, kann man auch zu Fuß ganz gut losziehen und natürlich nutzen wir auch diese Gelegenheit, streifen durch die Dünen, lassen uns am Strand den Wind um die Nase wehen und stärken uns im kleinen und immer wieder reizenden Ort mit Kibbeling von der Fischbude. Bei unseren Touren über die Insel fallen uns auch immer wieder Schilder in der Landschaft auf, die die Erntesaison für die Cranberries in wenigen Tagen ankündigen. Ja, ganz recht: Cranberries. Eigentlich sind diese Beeren ja auf der anderen Seite des Atlantiks heimisch, haben sich aber auf Vlieland und Terschelling irgendwann angesiedelt und wachsen nun in nicht kleiner Zahl überall auf den Inseln und gedeihen wohl recht prächtig. So ist es tatsächlich authentisch und nicht etwa nur einem Trend zuzuschreiben, dass man auf beiden Inseln immer wieder Cranberryspezialitäten aller Sorten (Marmeladen, Liköre, Cremes, Tees
etc.) angeboten bekommt und selbst der typisch holländische Apfelkuchen mit Cranberrysoße serviert wird.

Reiche Beute

Wir sind von der Vorstellung recht angetan, selbst Cranberries ernten zu können und so steht der Plan sehr schnell, dass wir mindestens bis zum Beginn der offiziellen Erntefreigabe bleiben werden. Bis dahin verbringen wir schöne und schön unspektakuläre Tage auf der Insel und lassen es uns einfach gut gehen. Und am 13. September ist es dann soweit: die Jagd ist eröffnet. Wir ziehen bei herrlichstem Wetter los und und suchen uns ein schönes Eckchen zum Pflücken … und dann geht es los: die Beeren wachsen im offenen, sandigen Land zwischen den alten Dünen ganz flach am Boden und sitzen in großer Zahl an den Sträuchern. Und so ist es fast wie im Schlaraffenland und wir können die reiche Beute ganz entspannt sammeln, während uns ein lauer Wind um die Nase weht und die Sonne für perfekte Temperaturen sorgt – und das ganz ohne gebücktes Kriechen, Zecken oder Mücken. In kurzer Zeit haben wir mehrere Kilo zusammen und zwingen uns zum Aufhören, denn verbrauchen müssen wir die Schätzchen ja schließlich auch noch!

Der Abend bringt ein weiteres Highlight in Form eines kleinen Konzertes (Klavier und Geige) in der örtlichen Kirche, das ein junges japanisch-chinesisches Ehepaar wohl in regelmäßigen Abständen gibt. Sie haben sich – wen überrascht’s – in Vlieland verliebt und kommen immer wieder zurück. Die Stimmung in der Kirche ist wunderschön und wir freuen uns über den rundum gelungenen Tag.

Nun muss es aber so langsam wieder weitergehen mit uns, denn zurückkommen müssen wir ja schließlich auch noch. Und so brechen wir am 15. September wieder auf und machen uns auf den Weg nach Westen. Diesmal wollen wir für den Rückweg etwas Neues ausprobieren und werden in Lauwersoog einschleusen, um den Rest des Rückweges binnen zurückzulegen. Wir sind uns noch nicht so sicher, wie das mit unserem Tiefgang von 2 m so passen wird, aber laut Infos und Karten müsste dieser Teil der Stehenden-Mast-Route für uns passierbar sein. Nun, wir sind gespannt!

Bis Lauwersoog ist es mit über 60 NM recht weit, so dass die Planung durchaus knapp ist. Da wir allerdings kaum Gegenwind haben, kommen wir unter Motor schon am Nachmittag in Lauwersoog an, können gleich einschleusen und uns noch im Lauwersmeer ein Plätzchen zum Übernachten suchen. Dabei machen wir eine sehr lehrreiche Erfahrung: der Schlamm hier ist völlig anders als wir es aus der Ems gewohnt sind, sehr viel dichter und fester. Und so stecken wir auch bei der vorsichtigen Annäherung an einen der Liegeplätze im Wasser auch prompt fest (außerhalb des Fahrwassers wird es schnell flach und die Karte verrät nicht immer präzise, wo die Tiefenlinien verlaufen) – und kommen auch ohne Hilfe nicht mehr los, während wir es von “zu Hause” ganz gewohnt sind, uns mit Motorhilfe durch Emsschlamm zu pflügen. Das geht ja gut los … Zum Glück fährt hinter uns ein gut motorisiertes Boot, das mit uns geschleust hatte und hilft uns aus unserer misslichen Lage. Ab jetzt sind wir noch vorsichtiger und weitere Zwischenfälle bleiben aus. Am nächsten Anleger können wir dann bei komfortablen 2,50 m Wassertiefe festmachen und den langen Tag bei einem wunderschönen Abendhimmel ausklingen lassen.

Am 16. geht es durch das Reitdiep weiter nach Groningen. Wir wissen dank ausgiebigem Kartenstudium sehr wohl, dass das in Sachen Wassertiefe wohl die haarigste Etappe wird und in der Tat wird das eine ganz schöne Zitterpartie, denn nach unserer Erfahrung vom Abend zuvor wissen wir nun auch, dass wir uns durch diesen Schlamm am Boden nicht mit Motoreinsatz durchpflügen können, falls die Wassertiefe nicht ausreichen sollte. Und umkehren zu müssen, weil die Route für uns unpassierbar ist, ist auch keine schöne Vorstellung. Aber … trotz teilweise nicht so erfreulichen Anzeigen vom Tiefenmesser kommen wir (gerade so?) durch und bis Groningen, wo wir auf dem Weg zu unserem designierten Hafen im Osten der Stadt (Oosterhaven) noch einige Brücken passieren müssen. Das Öffnen funktioniert selbst bei den Hauptverkehrsadern insgesamt ausgesprochen gut, was vielleicht auch daran liegen könnte, dass um diese Jahreszeit nicht mehr viele Boote unterwegs sind, so dass wir eigentlich nie lange warten müssen. Ausnahme sind nur die Pausenzeiten der Brücken (wir vermuten, dass der Berufsverkehr nicht aufgehalten werden soll) und so warten wir am Nachmittag eine ganze Weile, bis es weitergehen kann. Macht nichts, dann verproviantieren wir uns so lange im Jumbo um die Ecke!

Um 18:30 dann liegen wir im Oosterhaven, mit dem wir gut zufrieden sind und erkunden die Stadt noch ein wenig zu Fuß, denn am nächsten Tag geht es gleich weiter und wir wissen nicht, ob wir Groningen so schnell wiedersehen werden.

Und so ist am 17. September Endspurt angesagt! Die Wassertiefe ist ab jetzt überhaupt kein Thema mehr und so legen wir den Rest der Strecke bis Delfzijl ohne Zwischenfälle zurück, machen dort auch diesmal nicht Halt, sondern fahren gleich bis Papenburg durch. Und da sind wir dann wieder nach unserem kleinen Herbsttörn und sind froh, dass das Wetter es so gut mit uns gemeint hat. Ganz viel Sonne, (leider) nicht viel Wind. Aber immerhin konnten wir die Aries erfolgreich testen und noch einmal Sonne für die dunkle Jahreszeit tanken, die noch viele weitere Arbeiten am Boot mit sich bringen wird.

Hinfahrt und Terschelling (04.09.-09.09.)

Wir machen uns dieses Jahr noch einmal auf den Weg, um auch noch etwas vom Spätsommer zu haben. Ziel ist diesmal Holland und eine Wettervorhersage, die eine ganze Weile stabiles Ostwindwetter verspricht, motiviert uns zum Aufbruch. Seit der Rückkehr von unserem Ostseetörn haben wir unsere Aries eingebaut, denn die Möglichkeiten einer Windsteueranlage haben wir doch sehr vermisst und freuen uns darauf, sie jetzt auch einmal testen zu können.

Die Windvorhersage ist günstig mit stetigem und nicht allzu starkem Ostwind, also planen wir den Hinweg zu den westfriesischen Inseln als Nachtfahrt – das hätten wir uns ohne die Erfahrungen der wiederholten Nachtfahrten auf der Ostsee sicher nicht getraut! Und so finden wir uns in der Nacht vom 4. auf den 5. September auf der Nordsee bei perfekten Bedingungen wieder und die Aries funktioniert spontan schon ziemlich gut … so unkompliziert hatten wir uns das gar nicht vorgestellt. Nur die Fischer, die in Küstennähe wilde Zick-Zack-Kurse fahren und nicht selten auch ihr AIS nicht aktiviert haben, machen uns das Leben ein wenig schwer und verlangen ständige Aufmerksamkeit.

Morgenstimmung vor den westfriesischen Inseln

Am 2. Tag verlässt der Wind uns schon am Morgen sehr gründlich, doch unter Motor kommen wir am Nachmittag gut in Terschelling an. Der Hafen ist um diese Zeit nicht übermäßig voll und so kommen wir gut unter. Wir haben beschlossen, auch einige Tage zu bleiben, so dass wir keinen Zeitdruck haben und an diesem Abend erst einmal recht früh erschöpft in die Koje fallen.

Am Morgen werden dann die Fahrräder ausgepackt und eine Inselerkundung steht auf dem Plan: immer nach Osten, bis die Insel zu Ende ist und zur Belohnung Koffie met Appelgebak an der frischen Luft. Terschelling hat eine gute Größe, um mit dem Fahrrad erfahren zu werden und davon machen wir während unserer Zeit dort auch ausgiebig Gebrauch.

Gute Stimmung beim Festival

Unterwegs fallen uns die vielen Menschen in Petticoats und Lederjacken auf, die nach Midsland unterwegs sind und tatsächlich findet dort gerade ein Rock’n’Roll-Festival statt mit allem was dazugehört: gepunktete Röcke, enge Blusen, sorgfältig frisierte Schmalztollen, alte amerikanische Autos und sehr charmante Livemusik, die viele der Besucher zu einem Rock’n’Roll direkt vor der Bühne animiert. Wir lassen uns von der guten Stimmung anstecken und schauen uns ausgiebig um … und schon ist ein weiterer Tag wie im Flug vergangen. Doch auch zu Fuß sind wir unterwegs, erkunden die Dünen und den Strand und stöbern auch ein wenig durch den Wald, denn um diese Jahreszeit sprießen die Pilze wie im Sprichwort dem Boden und machen neugierig – schließlich wachsen in diesen sandigen Nadelwäldern durchaus andere Arten als bei uns.

Dann aber zieht es uns weiter und so brechen wir am Nachmittag des 9. Septembers für die kurze Überfahrt nach Vlieland auf. Der Weg ist nicht gerade weit (13 NM) und dank optimaler Gezeitenplanung kommen wir sehr entspannt und nur unter Einsatz des Klüvers hinüber auf die andere Insel und richten uns dort gemütlich ein – gerade rechtzeitig, um den Abend entspannt mit Rotwein ausklingen zu lassen.

Heimkehr (01.07.-09.07.)

Am nächsten Tag dann geht es weiter nach Kiel, unserem letzten Hafen in der Ostsee, und damit auch zurück nach Deutschland. Wir sind doch ein wenig wehmütig und zu allem Überfluss ist die Fahrt kein Vergnügen, denn wie passen schon Kurs SW und Wind aus der vorherrschenden Windrichtung SW zusammen? Na, zumindest zeitweise reicht es für einen Kurs am am Wind und wir machen später am Tag sicher am kleinen Hafen an der Schleuse zum NOK fest. In den Nord-Ostsee-Kanal kommen wir mit nächsten Morgen mit Glück wieder ohne Wartezeit hinein: während die anderen Boote geraume Zeit Runden gedreht haben, wurde die Schleuse für alle dann gerade dann geöffnet, als wir abgelegt haben. Tja, die Fahrt durch den NOK selbst war dann beim zweiten Mal schon sehr wenig spannend, man motort eben so vor sich hin. Es schadet übrigens nicht, auch ordentlich Ausschau zu halten, ob sich nicht gerade ein Containerschiff von hinten nähert und man in seinem Tran vielleicht nicht nah genug am Rand fährt. Viel Platz ist ja nicht im Kanal und man kann sich da schon nahe kommen. In Brunsbüttel (auf der Innenseite des Kanals) angekommen sind wir froh, ein Abendessen vom Kiosk gleich nebenan zu bekommen und ordentliche Duschen nutzen zu können.

Mit solchen Schleusennachbarn hat man es im NOK zu tun ...
Mit solchen Schleusennachbarn hat man es im NOK zu tun …

Dann geht es früh am Morgen (tidenbedingt) auch schon weiter; wir haben auch beim Ausschleusen Glück und müssen kaum warten und dann geht es bloß bis Cuxhaven, da Tide und Wind eine Weiterfahrt bis Helgoland kaum zulassen. So sind wir aber immerhin schnell am Ziel und können den Rest des Tages noch nutzen, um ein wenig durch die Stadt zu ziehen, der Alten Liebe einen Besuch abzustatten und außerdem der Orion etwas Gutes zu tun und sich der Beseitigung der Spuren an Rumpf und Fendern zu widmen, die die Reifen in Herrvik im Nordsturm hinterlassen haben. Tags drauf segeln wir bei schönsten Bedingungen und geschoben von der Tide bei (für die Dicke) sensationellen 8 Knoten Fahrt nach Helgoland und sind schon gegen Mittag da. Selbst jetzt ist der Hafen schon ganz gut gefüllt … und wenn man den Geschichten glauben darf, sind 4er- bis 6er-Päckchen, wie wir sie vorfinden noch vollkommen harmlos. Am Nachmittag fahren wir noch Bunkern und machen den Dieseltank wieder voll. 450 Liter … ja, das war ein sehr ergiebiger “Segel”-Urlaub. Ach ja. Trotzdem begehen wir unsere Rückkehr mit einem Festmahl! Wir bleiben einen Tag auf Helgoland, denn am nächsten Tag hat sich das gute Wetter schon wieder verzogen, und nutzen die Gelegenheit, auch andere Vorräte aufzustocken und uns ansonsten auszuruhen.

Das Festmahl - es gibt Japanisch, das ist ja wohl Ehrensache!
Das Festmahl – es gibt Japanisch, das ist ja wohl Ehrensache!

Und dann geht es weiter nach Norderney und damit immer näher Richtung Heimat. Laue bis flautige Winde sind versprochen, bis zu 20 Knoten bekommen wir. Aus dem südlichen Sektor, versteht sich. Teilweise können wir segeln, doch 6 Stunden Motor müssen mal wieder sein. Immerhin kommen wir in Norderney an, bevor eine Schauerfront uns durchnässen kann und finden ein gutes Plätzchen im recht vollen Hafen. Und da wir jetzt auf der letzten Etappe sind, halten wir uns auch nicht allzu lange auf und brechen am nächsten Tag auch Richtung Ems auf. Und es kommt natürlich wie es kommen muss: kräftiger Wind von vorne, so dass wir die benötigte Höhe unter Segeln einfach nicht schaffen. Also, mal wieder Motoren und wir sind genervt. Unser einziger Trost ist, dass wir sobald wir um Borkumriff herum sind und nach SO abdrehen können, der Westwind uns zumindest dann Segeln ermöglichen wird. Tja, schön wär’s gewesen: es ist wie verhext, aber buchstäblich in dem Moment, in dem wir bei Borkumriff die Fahrtrichtung ändern, knipst jemand den Wind aus… na wie schön, der Motor darf anbleiben.

Borkum lassen wir diesmal dennoch links liegen, da der alte Militärhafen mit dem zugenommenen Windparkbetrieb offenbar nur wenig Interesse hat, auch Segler aufzunehmen. Statt dessen ist Delfzijl unser Ziel, der von den Papenburger Seglern wohl meistfrequentierte Hafen. Als wir ankommen, ist unser Eindruck sehr durchwachsen: die Umgebung recht industriell, dafür ist der Hafen sehr gut ausgestattet, WLAN ist inklusive (da kann man in Borkum und Norderney nur von träumen) und auch der Hafenmeister ist nett. Die Stadt selbst wirkt, als gäbe es Strukturprobleme – viele Ladenlokale in der Innenstadt stehen leer, und insgesamt wirkt es ein wenig ausgestorben.
Fazit: kann man durchaus mal gut wiederkommen in Anbetracht der Alternativen Emden (Außenhafen) und Borkum, aber ein Traumziel ist Delfzijl nicht. Trotzdem legen wir einen Hafentag ein, denn bei Dauerregen müssen wir auch nicht unbedingt zurückmotoren, erst recht wenn die Tide uns dazu zwingt, sehr früh aufzubrechen. Am nächsten Tag gewinnt man ja zumindest eine halbe Stunde … Das ist immerhin die Gelegenheit, sich mit holländischen Spezialitäten einzudecken (Saté-Soße, Vla, gute Erdnussbutter etc.)!

Flaggenparade bei der Rückkehr in den Heimathafen
Flaggenparade bei der Rückkehr in den Heimathafen

Am Tag drauf dann stehen wir also schon um 3 Uhr auf und brechen auch zügig auf, denn in Papenburg ist Schleusung um 11:00 und es ist doch ein Stückchen Weg. Da der Strom aber kräftig hilft und wir auch an beiden Brücken kaum warten müssen, passt es alles und wir können pünktlich einschleusen. Bis wir in der Box sind, ist es noch ein wenig abenteuerlich, denn offenbar hat die Tiefe im Hafen in unserer Abwesenheit noch abgenommen; mehr als einmal fürchten wir, so richtig festzustecken im guten alten Modder, doch zu guter Letzt schaffen wir auch das. Wäre ja auch gelacht! So, da sind wir also, so ganz wirklich und zurück. Ein wenig unwirklich kommt uns das nach der langen Zeit unterwegs ja doch vor …

Mit wehmütigem Blick schauen wir zurück auf die schönen Tage, die unvergessliche Natur, das entspannte Segeln. Natürlich gab es auch Unerfreuliches: vernünftig Segeln konnten wir nicht allzu oft, denn der Wind hat es nicht gut mit uns gemeint. Auch die diversen Schäden sind ein gehöriger Wermutstropfen, der jedoch nur dem recht unfertigen Zustand der Orion zuzuschreiben ist. Und doch bleibt uns dieser Urlaub in der Hauptsache in schöner Erinnerung, denn noch nie haben wir eine so lange Reise unternommen. Nachtfahrten haben wir erfolgreich bewältigt, ebenso wie kräftigen Wind. Ein ganz sensationelles Revier haben wir kennen gelernt (als Chartersegler konnte man sich ja nur einen Vorgeschmack holen), ebenso wie die Menschen, die dort leben. Wir kommen sicher wieder – wenn wir können, mit noch mehr Zeit im Gepäck. Wir waren jetzt 10 Wochen unterwegs und haben dabei knapp 2000 nm zurückgelegt – und müssen feststellen, dass das fast zu wenig Zeit für so eine Runde war. Nicht selten konnten wir uns nicht leisten, noch zu bleiben, und das hat dieses Fleckchen Erde ganz eindeutig verdient!

Zurück nach Dänemark (22.06.-30.06.)

Bevor wir Schweden ganz verlassen, führt unsere Reise uns noch einmal auf das 33 nm entfernte Utklippan. Auch wenn der Wind natürlich genau von vorne (also SW) kommt, können wir zumindest zu Beginn noch segeln, doch es wird zunehmend ungemütlicher, der Himmel droht mit Gewitter und die Windrichtung wird immer ungünstiger, so dass für die letzten 10 Meilen der Motor ran muss. Wir sind froh, noch vor dem Unwetter da zu sein und sind offenbar auch nicht die einzigen. Das winzige Hafenbecken füllt sich schnell. Wir drehen noch eine kleine Runde über diese Felsengruppe, die zugleich einen wichtigen Schutzhafen einschließt und kommen dann auch in den Genuss der Gewitterfront, die uns zum Glück auf dem Wasser erspart geblieben ist. Die Windzunahme und -drehung sind schon sehr beeindruckend, ebenso wie der fantastische Regenbogen, der sich im Anschluss kurz blicken lässt.

Am nächsten Tag aber müssen wir uns endgültig von Schweden verabschieden, es geht nach Svaneke auf Bornholm. Das Wetter ist für die Überfahrt leider eher ungemütlich, ganz ohne Sonne in Sicht und vor allem mit deutlich mehr Wind als vorhergesagt. Immerhin kommt er westlich genug, dass wir nicht aufkreuzen müssen und wir sind außerdem beeindruckt, wie viel Tuch die Orion auch bei 6 Windstärken noch ohne weiteres verträgt und dabei noch stabil segelt. Auch wenn wir gute Fahrt machen sind wir doch froh, am Nachmittag auch anzukommen. Svaneke ist hübsch und gepflegt und lebt ganz offenbar vom Tourismus – da kostet alles vielleicht auch mal etwas mehr. Insgesamt liegen wir hier aber ganz nett im Außenhafen, der allerdings ziemlich klein ist und in der Saison sicher auch schnell vollkommen überfüllt. Außerdem liegt man hier ausgesprochen geschützt – so sehr, dass wir kaum nachvollziehen können, dass es sich draußen auf dem Wasser eben noch ziemlich bedrohlich angefühlt hat.

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Die Paradiesbakkerne, eine wirklich wunderschöne Waldlandschaft, mit versteckten kleinen Seen überall und …

Am nächsten Tag gibt es herrlichstes Wetter mit Sonnenschein und wenig Wind, also genau richtig für einen Ausflug. Eigentlich sind wir auch ziemlich erledigt, aber die Gelegenheit kommt ja nicht wieder. Wir packen also die Räder aus. Ziel: Paradiesbakkerne (Paradieshügel), eine Waldlandschaft, die mit besonders schönen Wanderwegen wirbt. Und in der Tat ist es sehr schön dort: ein richtiger Zauberwald, wo Hügel von tiefen Rinnen durchzogen werden und alles saftig und grün ist. Und dann steht man wieder urplötzlich in einer Heidelandschaft, die von zwei sehr reizenden lockigen Landschaftspflegern in Schuss gehalten wird und die offenbar großes Interesse an unseren Käsebroten haben.

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… immer wieder Klüften zwischen den Felsen

Außerdem amüsieren wir uns später damit, einen 35 t schweren Stein zum Wackeln zu bringen  – es handelt sich um den sog. “Rockestenen”, der zufälligerweise so in der auf dem felsigen Untergrund liegt, dass es selbst ganz normalen Menschen möglich ist, ihn zum Wackeln zu bringen, wenn man den richtigen Rhythmus findet. Wir brauchen ein Weilchen, doch dann spüren wir eindeutig ein Zittern unter den Fingern. Das ist schon ziemlich kultig!

Die weitere Reiseplanung gestaltet sich als nicht ganz einfach, weil die Wetterlage offenbar recht unberechenbar ist, denn die Vorhersagen ändern sich quasi stündlich. Letztlich entschließen wir uns dazu, am nächsten Morgen direkt Richtung Gedser aufzubrechen und damit auch die wohl letzte Nachtfahrt für diesen Urlaub in Angriff zu nehmen. Gesagt – getan: am nächsten Morgen brechen wir auf und sind erst mal positiv überrascht, denn obwohl Flaute angekündigt war haben wir segelbaren Wind! Der bleibt uns auch den ganzen Tag erhalten, doch zum Abend hin ist der Zauber dann vorbei. Wind weg, alte Welle noch da und damit recht heftiges Schaukeln und Rollen, während der Motor so vor sich hin röhrt.

Ob das wohl eine Ambosswolke ist, die bald ein Gewitter ausspuckt?
Ob das wohl eine Ambosswolke ist, die bald ein Gewitter ausspuckt?

Am Ende muss er 20 Stunden am Stück laufen, denn es bleibt auch am nächsten Morgen bei der Flaute, während zugleich dunkle Wolken sich am Himmel auftürmen und man immer mit einem einsetzenden Gewitter rechnet. So sind wir mehr als froh, anzukommen und die himmlische Stille genießen zu können.

Der Hafen von Gedser ist offenbar fest in deutscher Hand und kurz nach uns läuft eine ganze Flotte deutscher Charterboote ein, die offenbar zusammen gehören und offenbar noch üben. Dumm nur, dass die vor langer Zeit aufgestellten Dalben in diesem Hafen für viele Boxen gesorgt haben, die für moderne Bootsrümpfe viel zu schmal sind. Dumm auch, wenn das Augenmaß einem dieses Detail nicht aufzeigt und man mit viel Schwung in die Box einzulaufen versucht, bis man mit einem Knirschen feststeckt. Da wird der Vercharterer sich aber freuen … Die Chartercrews haben lautstarken Stress, wir haben bestes Hafenkino.

Wir bleiben erst mal in Gedser, bis brauchbarer Wind aufkommt und unternehmen am nächsten Tag eine ganz ausführliche Erkundungstour der Gegend zu Fuß. Der Ort selbst gibt neben dem Fährhafen nicht viel her, dafür ist aber der südlichste Punkt Dänemarks nicht weit, wo man auch einen offenbar von öffentlicher Hand finanzierten, da aufwändig errichteten, Informationsstand zu allerlei Themen vorfindet wie Windparks oder auch den Gesteinsarten und Fossilien der Ostsee. So lernen wir beispielsweise, dass durch Gletscherbewegungen die unterschiedlichsten Gesteinsarten von überall her aus der Ostsee an diese Küste gelangt sind und man also so z.B. Fossilien aus Gotland auch in Gedser finden kann.

Auch am Tag drauf lockt das Wetter nicht zur Weiterfahrt und wir machen uns in der Hauptsache einen faulen Tag, nachdem wir klar Schiff gemacht haben. Ein extrem schnell aufziehendes Gewitter bestätigt uns dann auch, dass zu Bleiben die richtige Entscheidung war; unglaublich, wie buchstäblich innerhalb von Sekunden der Wind auf 8 Bft. zunehmen kann!

Der Hafen von Bagenkop mit seiner unverkennbaren Reihe roter Häuschen
Der Hafen von Bagenkop mit seiner unverkennbaren Reihe roter Häuschen

Am nächsten Tag aber geht es weiter nach Bagenkop, denn uns wird zumindest zeitweise vorhergesagt, keinen Gegenwind zu haben. Man wird ja so bescheiden. De facto sehen wir an diesem Tag so ziemlich alles an Wind: von NO bis SW, von 14 kn bis absoluter Windstille. So richtig etwas anfangen kann man damit nicht, also läuft wie so oft der Motor und wir sorgen uns, denn unsere Welle ist noch von der ganz traditionellen fettgeschmierten Sorte, das Fett geht uns aus und erste Wassertröpfchen dringen ein. Es geht aber noch alles gut und wir laufen am Nachmittag in Bagenkop ein, das gut gefüllt ist und einen sympathischen Eindruck macht.

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Die Dünenlandschaft, die zum Erkunden einlädt

Weil es nett ist, bleiben wir zumindest einen Tag, denn das ist unser letzter Stopp in Skandinavien, bevor wir wieder in Deutschland sind. Zum Glück gibt es auch Fischer in Bagenkop, so können wir ohne große Probleme eine neue Fettkartusche erstehen und an den Verkaufsbuden der Fischereigenossenschaft kommt man selbst im teuren Dänemark an frischen Fisch zu sehr fairen Preisen. Da wir unsere letzten Kronen loszuwerden haben, gönnen wir uns da auch etwas und verbringen den Tag ansonsten mit Strandspaziergang und Faulenzen.

Öland (18.06.-21.06.)

Nachdem wir uns erst einmal ausgeschlafen haben, springen wir am nächsten Tag hochmotiviert aus den Federn. Wir freuen uns darauf, nun auch ein paar Tage auf Öland verbringen zu können und haben uns gleich eine ausgiebige Fahrradtour vorgenommen, die das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden soll. Zunächst soll es die Westküste ein ganzes Stück entlang nach Norden gehen bis zur nächsten größeren Stadt Mörbylånga, denn dort ist der nächste Geldautomat zu finden und wir müssen ja auch unsere Liegegelder bezahlen können. Dann wollen wir die Insel queren und dabei das Stora Alvaret anschauen und dann an der Ostküste zurück nach Grönhögen, das ja praktischerweise so ziemlich am südlichsten Zipfel der Insel gelegen ist.

Das Stora Alvaret ist die wohl größte Alvar-Landschaft, die es gibt. Es handelt sich bei Alvars um karge Kalksteinebenen mit nur einer ganz dünnen Erdschicht, die für die Kultivation nicht geeignet ist aber dafür eine ganz eigene Flora (mit einer Vielzahl von Orchideenarten) und Fauna entwickelt hat und auch als Weideland genutzt wird, was zu einer ganz einzigartigen Symbiose von Mensch und Natur geführt hat.
Und Öland ist die Insel, um sich Alvarlandschaften anzuschauen – insbesondere auf der südlichen Hälfte, wo quasi das gesamte Inland eine einzige große Alvar-Hochebene ist: das Stora Alvaret eben.

Die Überreste der Festung bei Bårby; Allzu viel kann man nicht mehr sehen
Die Überreste der Festung bei Bårby; allzu viel ist man nicht mehr davon zu sehen

So radeln wir also gut gelaunt los, Rückenwind schiebt sanft, das Wetter ist herrlich, alles wunderbar. In Mörbylånga fangen wir Geld und ein Eis und schauen uns auch den Hafen mal an. Ach ja, wohl ganz nett, aber wenn wir wiederkommen, dann doch eher nach Grönhögen … zudem der Hafen deutlich tiefer liegt als die Stadt selbst und man so also für jede Besorgung erst mal den den Berg hinauf müsste. Unterwegs machen wir Halt in Bårby, den Überresten einer alten Befestigungsanlage und erkunden die schöne, saftig grüne Ecke ein wenig zu Fuß. Hinter Mörbylånga dann überqueren wir die Stora Alvaret, die an dieser Stelle 10 km breit ist – die Insel ist ja doch sehr viel länger als breit – und beschauen uns auch die Landschaft ganz genau. Der Reiz der Blumenteppiche offenbart sich erst, wenn man genauer hinschaut – auf den ersten Blick ist die Landschaft in erster Linie trocken und karg aber damit auch außergewöhnlich. Bei einem Päuschen halten wir auch an einer der allgegenwärtigen kleinen Holzmühlen, die offenbar gepflegt werden, denn was wir vorfinden, sieht ziemlich funktionstüchtig aus.

Auf der Ostseite angelangt merken wir erst einmal, was uns noch blüht. Der schöne Rückenwind aus SW hat sich soeben in Gegenwind verwandelt, der noch zu allem Überfluss aufgefrischt hat. Wir haben schon viele Kilometer zurückgelegt, viel mehr als wir eigentlich überschlagen hatten, weil wir wohl nicht allzu präzise kalkuliert hatten. Dazu kommt, dass wir auch schon einiges bergauf gefahren sind (um aufs Alvar zu kommen, das ja eine Hochebene ist) und eigentlich jetzt schon geschafft sind. Tja, und nun ist schon Nachmittag und wir haben noch über 40 km bei Gegenwind vor uns. Prost Mahlzeit! Es wird ein ziemlicher Kampf, der wirklich keinen Spaß mehr macht und zu recht fortgeschrittener Stunde fallen wir dann im Hafen von Grönhögen von den Rädern und geloben, niemals mehr wieder aufzustehen …

Am nächsten Tag also lassen wir es ganz ruhig angehen, holen erst mal schön Brötchen und haben für den Vormittag nur eines vor: Loppis! Überall verstreut findet man so eine Art fest installierten Garagenverkauf/Privatflohmarkt, wo man per Schild eingeladen wird, mal im Hinterhof oder der Scheune zu stöbern und zumeist dann per SB-Prinzip das Geld für die gefundenen Schätze in eine Büchse zu werfen. Und es gibt da einen Loppis-Laden, den wir schon beim letzten Urlaub entdeckt hatten – da muss man ja mindestens schon aus Nostalgie stöbern, aber auch so macht es einfach Spaß.

Für den Nachmittag haben wir dann doch was vor, so ganz gar nix tun fällt uns ja auch nicht so leicht. Wir radeln ganz zum Südende der Insel, der Södra Udde, denn dort steht zum einen der Långe Jan (der höchste Leuchtturm Skandinaviens, siehe auch Ende des letzten Eintrags) und zum anderen ist die Ecke besonders unter Ornithologen beliebt und es gibt auch eine Vogelbeobachtungsstation mit angeschlossenem Museum. Natürlich gibt es auf dem Weg nach Süden den gleichen Wind wie gestern: von Vorne. Bevor wir uns fragen, wieso wir uns das schon wieder antun, sind wir aber schon da, es ist ja nicht weit. Wir kämpfen uns noch an wilden Stieren vorbei (die dort so vor sich hin grasen) und verbringen dann einige Zeit vor Ort. Es gibt viel zu sehen, denn nicht nur ein kostenloses und sehr informatives und interessantes Vogelmuseum gibt es, auch das Leben der einstigen Leuchtturmwärter ist in einem anderen Museum dokumentiert. Auch das ist kostenlos, was wir sehr zu schätzen wissen. Möchte man auf den Leuchtturm, kostet das allerdings, doch die spektakuläre Aussicht und das Farbenspiel der Küste von Oben sind mehr als Entschädigung genug.

Wir haben keine Eile, hier wegzukommen und bleiben auch noch ein wenig. Am Tag drauf geht das historische Programm weiter, es gibt einfach eine Menge hier zu sehen. Ganz in der Nähe von Grönhögen findet sich die Festung Eketorp, die voll wieder aufgebaut worden ist und nun ein Museum beheimatet. Wir fahren hin und stellen fest, dass der Museumsbetrieb noch nicht aufgenommen ist, obwohl Midsommar doch schon vor der Tür steht. Das ist in diesem Fall aber ganz praktisch, denn das Museumslädchen ist zwar geschlossen und man bekommt auch keine Führung, aber die Festung ist grundsätzlich geöffnet und zugänglich, so dass wir uns in Ruhe umschauen können und auch geraume Zeit bleiben, weil es doch sehr interessant ist, wie diese Festung zu ganz unterschiedlichen Epochen genutzt wurde, um dann wieder über Generationen leer zu stehen. Auf dem Rückweg halten wir an einem Kalksteinbruch und stellen fest, dass die Kalksteine und die in ihnen eingeschlossenen Fossilien ganz anders als auf Gotland sind: während in Gotland alle Steine aus versteinerten Korallen zu bestehen schienen, finden wir hier hauptsächlich versteinerte Tintenfische (oder ihre Vorgänger). Da fragt man sich ja schon, wie die Ostsee damals wohl so gewesen sein mag …

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Überwucherndes Blumenmeer bei Albrunna

Unseren letzten Tag auf Öland verbringen wir wie die anderen: ein kleiner Radausflug nach Södra Möckleby, mit einer letzten Runde über das Alvar. Unterwegs machen wir noch einen kleinen Spaziergang im ganz reizenden Wäldchen bei Albrunna, welches mit seinem saftigen Grün ein völliges Kontrastprogramm zum Alvar ist. Außerdem schauen wir uns bei der Gelegenheit den Hafen von Degerhamn an, sind aber auch da eher nicht angetan und bleiben dabei, dass wir uns wieder für Grönhögen entscheiden würden. Übrigens, hatten wir erwähnt, dass man die 5. Nacht in Folge dort kostenlos liegen darf, wenn man denn so lange bleibt? Und nein, wir werden nicht für die Werbung bezahlt, wir haben uns dort nur wohlgefühlt … 😉

Es ist Midsommar!
Es ist Midsommar!

Wir genießen jedenfalls unseren letzten Tag, machen ein ganzes Weilchen Pause auf dem Stora Alvaret und erkunden ganz genau die Blumenteppiche und Fossilien im Kalkgestein. Auf dem Rückweg dann aber wieder Déja Vu von der schlimmsten Sorte: zunehmender Gegenwind und zudem noch drohender Regen. Und in der Tat bleiben wir nicht verschont, kurz vor dem Hafen fängt es an zu gießen … nun ja, später wird es auch wieder trocken, so dass die Räder sicher weggestaut werden können, denn morgen soll es weitergehen – sonst schaffen wir es gar nicht, uns loszureißen. Aber, wir kommen wieder, ganz bestimmt!

Fårö und Gotland (12.06.-17.06.)

Immerhin liegen wir nett in Lauterhorn und nach einem gemütlichen Frühstück am nächsten Morgen schwingen wir uns aufs Rad und schauen uns mal die Insel an. Erstes Ziel ist der Gamle Hamn, der schon längst von Kies eingeschlossen ist; dazu gibt es Wikingergräber und Raukas zu bestaunen. Unser Hauptziel heute ist allerdings das Naturreservat Ullahau, das aus einer riesigen bewachsenen Düne besteht. Das ist hier etwas vollkommen exotisches aber wir können die  großen Parallelen zu Nordseeinseln wie z.B. Texel nicht übersehen. Schön ist es in jedem Fall! Auf dem Rückweg verproviantieren wir uns im ICA-Supermarkt, der sich als sehr gut sortierte Einkaufsmöglichkeit erweist.

Am Abend dann steigen wir noch einmal aufs Rad und schauen uns die Raukas nördlich des Hafens an, von denen es hier auf Fårö viel, viel mehr zu geben scheint, als auf Gotland. Der Anblick ist gerade bei tiefstehender Sonne einfach wunderschön und faszinierend. Als Abschluss statten wir der hafeneigenen, sehr liebevoll in einem Hüttchen eingerichteten Tauschbibliothek (tauschen oder kaufen) einen Besuch ab und kaufen als Andenken an diesen schlichten und sympathischen Hafen ein Buch.

Am Tag drauf steht ein kurzer Schlag nach Herrvik auf Gotland auf dem Plan – nicht allzuweit diesmal. Wir haben sogar segelbaren Wind (raum) und kommen gut voran – nur die Sorge vor der blitzenden und donnernden Gewitterwand genau vor uns auf Zielkurs lässt uns reichlich unentspannt sein. Die Wolkenwand holen wir jedoch zum Glück nie ein und kommen gut in Herrvik an. Als positive Überraschung finden wir sogar einen neuen Gästeanleger vor und machen auch gleich vor Heckboje fest, denn der alte Gästehafen wäre mit 2 m Wassertiefe eigentlich zu flach für uns. Dann jedoch kommt Wind aus N auf, und zwar ordentlicher – und der Gästeanleger liegt unmittelbar hinter dem äußersten Wellenbrecher. Heftiger Schwell, der um den Wellenbrecher in den Hafen drückt, lässt uns innerhalb kürzester Zeit wie einen Korken tanzen und nach wiederholter Kollision unseres Bugankers mit dem Steg beschließen wir, in den geschützen Fischerhafen zu verholen. Leider finden wir nur noch auf Legerwall ein freies Plätzchen und haben so unsere liebe Not, die Fender so zu plazieren, dass sie nicht zwischen die Autoreifen an der Kaimauer rutschen. Alles nicht ganz optimal… als wir jedoch sehen, wie mittlerweile auch die Wellen über den Wellenbrecher steigen und wie das Wasser am Gästeanleger brodelt, ist klar, dass es richtig war, sich noch rechtzeitig umzulegen, bevor der Sturm so richtig loslegt.

Wir sind jetzt erst mal in Herrvik eingeweht, und zwar gründlich. Der Wind erreicht in Böen 8 Bft und wir sind froh, nicht auf dem Wasser zu sein. Den Vormittag verbringen wir mit einem Spaziergang nach Katthammarsvik (Supermarkt und Bargeldquelle), immer an der Küste entlang, wie der junge und sehr nette Hafenmeister uns empfohlen hat. Und in der Tat hat es einiges für sich, sich an dieser wilden und zerklüfteten Küste vom Wind durchwehen zu lassen. Am Nachmittag klönen wir noch ein wenig mit dem einzigen anderen Segler im Hafen (ein deutscher Einhandsegler) und schauen uns am Abend noch die Küste südlich des Hafens an. Von einem Felsensockel können wir sehr gut sehen, wie heftig das Meer brodelt und über den Wellenbrecher steigt und haben so immerhin das gute Gefühl gut daran getan zu haben, uns umzulegen… auch wenn die die Lage auf Legerwall sehr unruhig ist und die Autoreifen natürlich alles schwarz einfärben – Fender und Schiff.

Am nächsten Tag jedoch hat der Sturm sich ausgeweht und wir brechen wieder auf – es geht nach Vändburg im Süden Gotlands. Leider hat der Wind sich so etwas von gründlich ausgeweht, das trotz aller Bemühungen, zu Segeln es letztlich doch wieder der Motor richten muss. Dafür finden wir zum Glück den winzigen Hafen von Vändburg ziemlich leer vor und parken so halbwegs entspannt auf dem Quersteg im Hafenbecken ein, das ziemlich genau so breit ist wie unser Boot lang. Der Hafen ist nett und unspektakulär – mitten im Grünen gelegen mit Nichts außer Raukas in der Nähe. Genau nach unserem Geschmack! Wir machen uns einen ruhigen Abend, denn morgen steht der Schlag nach Öland an, wieder über Nacht.

Es sind über 90 nm bis Grönhögen, unserem Ziel auf Öland, und eine Nachtfahrt ist kaum zu vermeiden. Erst recht, da wir uns vorgenommen haben, den Motor so wenig wie möglich zu nutzen, denn wir haben undefinierbares Öl darunter gefunden und wissen noch nicht, ob es ein Problem gibt. Am Vormittag weht guter Segelwind (gerade nicht zuviel) und wir machen ordentlich Strecke unter Vollzeug – und das ist auch gut so, denn zum Nachmittag flaut der Wind ab und dreht auf Raum, so dass wir kaum noch Fahrt machen. Die Dicke braucht bei achterlichen Winden einfach ein wenig mehr, um sich in Bewegung zu setzen. In der Nacht wird es noch doller, und wir fahren zu guter Letzt nach Norden – so war das auch nicht geplant. Immerhin kommt der Autopilot auch ohne Hilfe zurecht und wir sind froh, die Wache auch von drinnen halten zu können. Was uns unbeschreiblich entnervt, ist das Schaukeln des Bootes in der alten Dünung und das Schlagen der Segel und der Großschot. Wie schön wäre ein wenig Wind …

Öland in Sicht!
Öland in Sicht!

Am nächsten Morgen kommt der Wind immerhin wieder und wir kommen wieder voran. Und dann ist das Spiel am Nachmittag wieder vorüber … dabei würden wir soooo gerne ankommen. Zu guter Letzt klappt es dann doch und wir kommen in Grönhögen im Süden Ölands an. Immerhin sind wir ein wenig stolz, den Motor nur zum Ab- und Anlegen in Betrieb gehabt zu haben.