Selvågen / Fleina
Der Küstenabschnitt, der nun vor uns liegt, gehört zum Helgeland, dem südlichen Teil der norwegischen Provinz Nordland; vor der Christianisierung Norwegens war dies mal ein eigenes Königreich, welches in vielen der alten nordischen Sagas eine Rolle spielt.
Über 30 Seemeilen fahren wir bei wenig Wind und ruhigem Wasser durch diese von unzähligen Inseln vorm Panorama der Gebirge auf dem Festland geprägte Landschaft; am Abend ankern wir wieder, diesmal in der Bucht Selvågen auf der Insel Fleina. Die Ankerbucht ist nicht ganz so spektakulär wie die letzte, bietet aber dafür einen schönen Blick auf die Nordseite der Insel Fugløy – diejenige, von der aus wir vor genau einem Monat die Überfahrt auf die Lofoten unternommen haben; hier schließt sich somit der Kreis …
Bolga
Kurz nach dem Aufbruch am nächsten Tag kreuzen wir also unser Fahrwasser vom Hinweg; ansonsten führt uns der Weg wie am Vortag weiter Richtung Süden, diesmal sogar mit raumem Wind unter Segeln. Am Horizont zeichnet sich bereits der Svartisen-Gletscher ab, welchen wir am nächsten Tag besuchen wollen.
Engen / Holandsfjord
Es sind von Bolga aus nur 15 Seemeilen in den Holandsfjord hinein bis Engen, wo der Engabreen, einer der vielen Ausläufer des Svartisen-Gletschers, fast bis an den Meeresspiegel heranreicht. Seit Tagen versprechen die Meteorologen vom norwegischen Wetterdienst für den Donnerstag blendendes Wetter: wolkenlose Sonne rund um die Uhr. Entsprechend erstaunt sind wir, als wir nach dem Aufstehen nur eine einzige, durchgängige Wolkendecke sehen … schnell nochmal die Vorhersagen aktualisiert, aber es bleibt dabei: während draußen alles grau ist, behaupten die Wettertrolle unverändert, dass zur jetzigen Zeit an ebendiesem Ort die Sonne strahlt … na, dann kann es sich ja nur um ein lokales Phänomen handeln, denken wir, und fahren die 15 Seemeilen in den Fjord. Dabei ändert sich aber nichts: den gesamten Tag sehen wir kein noch so kleines Stückchen Himmel und keinen Sonnenstrahl, während die laufend aktualisierten Wetterberichte im Internet unverändert von strahlendem Sonnenschein künden. Offenbar muss es ein zweites Norwegen in einem Paralleluniversum geben, für das der Wetterbericht gemacht ist …
Am kommenden Morgen ist das Wetter zwar alles andere als schön, aber wenigstens hängen die Wolken etwas höher, so dass man wenigstens die Gletscherzunge erkennen kann.
Wir verabschieden uns mit diesem Anblick und fahren zurück Richtung Meer, an Bolga vorbei und weit hinaus bis zur kleinen Insel
Myken
Früher ein Zufluchtsort für die Fischer, zählt die Insel heute noch 9 feste Einwohner – und zahlreiche Sommerhäuser. Immerhin befindet sich hier auch die nördlichste Whiskybrennerei der Welt, und die einzige oberhalb des Polarkreises …
Am Samstag setzen wir unseren Weg gen Süden fort, weiter entlang der äußersten Kette vorgelagerter Inseln; nächstes Ziel ist
Træna
eine weitaus bevölkerungsreichere Inselgruppe mit immerhin 456 Einwohnern – verteilt auf die 5 bewohnten von insgesamt über 1000 Inseln und Inselchen … dafür wurden auf Træna aber schon 9000 Jahre alte Besiedelungsspuren gefunden, mit die ältesten in ganz Norwegen.
Damit überschreiten wir auch wieder den Polarkreis – und auf dem Weg nach Süden werden nun die Nächte auch wieder spürbar länger, aktuell geht die Sonne schon für gut zwei Stunden unter. Dies sind aber eher theoretische Werte, denn das Wetter ist anhaltend schlecht, die Sonne lässt sich eh nicht blicken; am Sonntag bläst es dann auch noch mit über 20 Knoten aus Südsüdwest, so dass wir den Tag im Hafen verbringen.
Am Montag den 16. scheint erfreulicherweise endlich mal wieder die Sonne, so dass sich Træna zum Abschied nochmal in seiner ganzen Pracht zeigt. Den ganzen Tag sieht man am Horizont die drei Gipfel immer kleiner werden, bis sie sich schließlich wie ein Scherenschnitt vom Horizont abheben. Wir setzen über nach
Lovund
ein weiteres kleines Inselchen mit einem beeindruckend großen Berg darauf. Hier soll es mal wieder eine große Population an Papageientauchern geben: 40.000 Brutpaare, von denen wir – wie immer – keine Feder zu sehen bekommen. Dafür bietet Lovund aber schöne Wanderwege – und einen tollen Sonnenuntergang!
Skagavågen / Dønna
Nächste Station ist die Ankerbucht Skagavågen auf der Insel Dønna; es ist zunächst nur schwach windig, und wir fahren erst gegen Mittag in Lovund los, aber dann weht für den Rest des Tages ein beständiger Wind aus Nordnordost mit 8 bis 10 Knoten – genug, um die gut 20 Seemeilen unter ausgebaumtem Gennaker zurücklegen zu können, bei fast glatter See im Schutz der zahlreichen Schären und strahlender Sonne – so macht das Spaß! Von der Ankerbucht aus haben wir einen Auslick auf den größten Berg der Insel Dønna, den Dønnmannen.
Brasøy
Am folgenden Tag geht es weiter nach Brasøy, eine kleine Ansiedlung verteilt über ein paar Inseln südlich von Dønna, die immerhin über einen Bootsverein und einen Gästesteg verfügt – für den Abend ist nämlich ein Kaltfrontdurchzug angesagt, und den wollen wir lieber fest am Steg erleben. Es weht und regnet dann auch ergiebig, aber am nächsten Vormittag ist es wieder trocken, und nachdem wir uns noch im Miniladen versorgt haben, fahren wir weiter gen Südwesten bis
Hamnøya / Vega
einer Ankerbucht im Südwesten der Insel Vega. Im weiten Umkreis finden sich keine Spuren menschlicher Aktivität – keine Sommerhäuser, Stromleitungen, noch nicht mal Pfade an Land. Pünktlich zur Ankunft ist auch der Himmel endlich aufgerissen, und so genießen wir die Abgeschiedenheit und den nächsten Sonnenuntergang …
Am folgenden Tag steht Kontrastprogramm an: wir fahren nach
Brønnøysund
obwohl wir schon auf dem Hinweg hier waren; aber die Einkaufsmöglichkeiten und vor allem die im Liegegeld eingeschlossene Benutzung von Waschmaschine und Trockner sind verlockend. Aber was für eine Überraschung: während im Juni der Gästehafen ruhig und überschaubar war, platzt er jetzt aus allen Nähten; unzählige Boote kommen und gehen und konkurrieren um zu wenige Liegeplätze. So eine Unruhe sind wir nicht mehr gewohnt …
Aber wir decken uns mit Frischwaren ein und lassen die Waschmaschine mehrmals für uns arbeiten, tanken am nächsten Tag noch etwas Diesel und fahren dann weiter bis
Vågøya / Lyngværet
Unser ‘Cruising Guide’ verspricht hier eine gute Ankerbucht; umso erstaunter sind wir, als wir – gut geschützt im Sund zwischen zwei Schären – einen frei schwimmenden Steg mit Picknicktisch und Grill finden! Kurz nach uns trifft noch ein norwegischer Katamaran ein und macht an der anderen Seite der Plattform fest; so genießen wir den letzten Abend im schönen Helgeland, bevor es am nächsten Tag weiter gen Süden geht.