Limenas Thasou – Mytilini (08.10. – 04.11.)

Limenas Thasou / Thasos

Nachdem das Flughafentaxi am Montagmorgen überpünktlich vor halb 8 vorm Boot stand, gibt es keinen Grund mehr, länger an dieser lärmigen und stinkigen Fischerpier in Keramoti zu verbleiben; es weht ein sanfter Nordostwind, als die Orion nur unter Vorsegel langsam zurück nach Thasos segelt – zwei Stunden Erholung …

Im Hafen von Thasos geht es dann gleich los mit dem großen Projekt für die kommenden Tage: unter der achteren Cockpitbank gibt es ein paar Roststellen am Lukenrand, die sollen beseitigt werden. Dazu muss die Bank ab; gehalten wird sie von 19 M6-Muttern, die zu lösen dauert 10 Minuten – vorher die Backskiste auszuräumen um an die Muttern dranzukommen aber zwei Stunden.

Die nächsten 72 Stunden heißt es schleifen, primern, spachteln, lackieren und alles wieder zusammenbauen. Der kostenlose und geräumige Hafen von Thasos ist der richtige Ort dafür, hier stört es niemanden, wenn die Flex tönt. Nur ein Wasseranschluss wäre schön, um dem entsetzlichen Dreck Herr zu werden – den gibt es aber nicht, nur eine Zapfstelle an der Promenade, von wo das Wasser in Kanistern einige 100 Meter weit getragen werden muss.

Alle halbe Stunde kommt und geht eine Fähre – Thasos ist sehr gut ans Festland angebunden, zum einen sicher wegen der vielen Touristen, schließlich hat die Insel ja keinen Flughafen; auf jede Fähre rollen aber auch ein paar Tieflader mit riesigen, schneeweißen Marmorblöcken. Der Marmorabbau auf der Insel läuft seit der Antike – wann die wohl die ganze Insel stückweise verkauft haben werden?

Am Donnerstagnachmittag sind die Arbeiten pünktlich abgeschlossen und das Chaos halbwegs beseitigt; bei der guten Fährverbindung nach Keramoti (40 Minuten Fahrzeit, 5€) besteht auch kein Anlass, sich mit der Orion nochmal in die dortige ‘Fischfabrik’ zu begeben. Lieber essen wir nochmal lecker in Limenas Thasou, bevor wir den Hafen am nächsten Tag endgültig verlassen.

Paralia Paradisos / Thasos

Für Freitag ist noch wenig Wind angesagt, aber leider signifikanter Schwell aus Süd – keine guten Voraussetzungen für die recht ungeschützte Ostküste der Insel. Da wir die aber noch kaum kennenlernen konnten, gehen wir das Risiko eines suboptimalen Ankerplatzes für die Nacht ein und machen uns auf den Weg gen Südosten.

Traum in weißem Marmor: hier wollen selbst die Esel mal baden

Schon nach einer Stunde erreichen wir den ersten Strand, den wir nicht verpassen wollen: Paralia Saliara liegt direkt unter den Marmorsteinbrüchen in den Bergen, und der Strand besteht ausschließlich aus maximal erbsengroßen, rundgeschliffenen Steinchen aus reinweißem Marmor. Das sieht nicht nur toll aus, sondern man liegt auch super darauf: dieser ‘Marmorteppich’ hat viel weniger inneren Zusammenhalt als nasser Sand, legt man sich hinein, passt er sich wie die Kügelchen in einem Sitzsack sofort den Körperformen an. – super bequem, und nichts knirscht zwischen den Zähnen!

Nennenswerten Schutz bietet der Ort aber nicht, wir bleiben also nur für einen ausgedehnten Badestopp, dann geht’s weiter nach Süden. Auf einmal kommt auch Wind auf, viel kräftiger als erwartet – und natürlich auf die Nase. Wir kreuzen halbherzig einen Schlag, motoren aber die letzte Stunde gegenan, schließlich soll noch vor Sonnenuntergang der Grill heiß sein …

Weißer als die Kamera es abbilden kann: Paralia Paradisos

Tagesziel – und einziger Ort mit etwas Südschutz an der ganzen Ostküste – ist Paralia Paradisos, im Reiseprospekt als Paradise Beach zu buchen; es gibt ein großes Hotel mit Strandliegen, aber jetzt ist natürlich rein gar nichts mehr los. Wem 23° Wassertemperatur nicht zu kalt sind und wer hunderte Meter karibikgleichen Sandstrand für sich alleine haben möchte, muss hier im Oktober Urlaub machen …

Wir liegen nicht vor dem Strand, sondern etwas seitlich davon vor einer steilen Felswand; hier erstreckt sich eine ausgedehnte Sandfläche auf gleichmäßigen 4 Metern Tiefe bis direkt vor die Felsen, und eine kleine Halbinsel bietet Schutz vor dem Schwell aus Süden. Wir bringen zusätzlich den Heckanker aus, um das Boot mit dem Bug nach Osten zeigen zu lassen, dem Restschwell entgegen, der um die Ecke kommt. Der Plan geht auf, die Nacht ist hinreichend ruhig; erst am Morgen, als der erste Nordwind aufkommt, klopft eine kleine Windsee an die Bordwand. Etwas mühsam nur, den Heckanker über Hand aufzuholen mit dem Winddruck auf dem Boot – der Halt dieses Sandgrunds ist unbeschreiblich!

 Alyki / Thasos
Alyki voraus – schon wieder Marmor …

Mit dem Nordwind steuern wir die nächste Ankerbucht an der Südostküste von Thasos an, Alyki; in der kommenden Nacht soll der Wind stark zulegen, und dafür hat die tief eingeschnittene Bucht genau die richtige Ausrichtung. Dass wir vor drei Jahren schon mal hier gelegen haben spielt da eine untergeordnete Rolle – die Bucht ist nämlich nebenbei noch sehr schön, und bietet als Besonderheit einen Marmorsteinbruch aus der Antike, den man schwimmend erreichen kann. Hier erkennt man noch angefangene Säulensegmente und große Quader, behauen vor über 2000 Jahren. Und alles ist so leuchtend weiß!

Der antike Steinbruch an der Spitze der Halbinsel

Auch hier ist am Strand nicht mehr viel los, nur ein Teil der Lokale scheint noch geöffnet zu sein; im Sommer ist Alyki aber wohl ein sehr beliebtes Ziel. Jetzt ist es ruhig und beschaulich, die die Bucht schützende Halbinsel ist von grünem Pinienwald bestanden – der an der Südwestspitze in einer Steilwand endet, bis hierhin hat man nämlich damals die ganze Halbinsel bis auf den Meeresspiegel abgebaut! Wir werfen wieder den Grill an und lassen den letzten Abend auf Thasos ganz gechillt ausklingen …

Paralia Mourtzephlos / Limnos

Tatsächlich steigert sich der Wind bis 2 Uhr in der Nacht, beginnt dann aber auch schon wieder nachzulassen; das war vorhergesagt, und daher stehen wir früh auf, wir wollen nämlich noch etwas davon abbekommen, um die Überfahrt zurück nach Limnos anzugehen.

Magischer Sonnenaufgang hinter Samothraki

Wir gehen um kurz nach 7 Uhr Anker auf – unter Vorsegel, wie sich das gehört. Während wir am Steinbruch vorbei aus der Bucht segeln, geht im Osten gerade die Sonne auf – genau hinter Samothraki! Ein magischer Anblick, die Insel scheint zu glühen – ob die alten ‘Großen Götter’, denen wir dort vor zwei Wochen die Ehre erwiesen haben, uns einen Gruß schicken? Schließlich standen sie ja im Ruf, die Seefahrer zu beschützen – nur zu, jede Unterstützung ist willkommen!

Am Vormittag haben wir noch eine kleine Windstärke 5 im Mittel, aber noch die Welle zu den 6-7 der vergangenen Nacht. Da ein ordentlicher Strom quer setzt und wir entsprechend vorhalten müssen, wird der Nordost für uns statt zum Halbwind- eher zum gemäßigten Amwindkurs. Die signifikante Wellenhöhe schätzen wir auf einen guten Meter, ab und an kommt also auch mal eine zwei Meter hohe Wasserwand auf uns zu – deutlich höher als unser Freibord. Da wir Strecke machen wollen und nicht an Tuch sparen, pflügt die Orion mit sechseinhalb Knoten durch die See; mit dem extrem schlanken Bug und Dank 12 Tonnen Masse, die nicht so leicht aufzustoppen sind, ist es recht beeindruckend, wenn wir mit eine solchen Wasserwand kollidieren: viele Meter hoch spritz das Wasser auf beiden Seiten des Vorschiffs, man kann sehr gut die Kräfte spüren, die hier gegeneinander wirken. Einmal kommt so viel Wasser über, dass es das ganze Schiff überflutet und im hohen Bogen über die Sprayhood geflogen kommt; ein eventueller Rudergänger wäre nass bis auf die Knochen gewesen, aber glücklicherweise übernimmt ja die Aries diesen Job 🙂

Nach 42 Seemeilen sind wir wieder auf Limnos

Gegen Mittag geht der Wind aber auf 4 Beaufort zurück, und wir setzen den Code 0; bald sind es aber kaum noch 10 Knoten Wind, und wir müssen die letzten zwei Stunden bis Limnos doch noch motoren, aber das war ja so vorhergesagt – gut, dass wir früh aufgestanden sind!

Schließlich erreichen wir nach 42 Seemeilen die Nordwestspitze von Limnos, wo wir hinter der Mourtzephlos-Halbinsel einen hervorragenden Ankerplatz kennen – schließlich sind wir von hier vor etwa drei Wochen nach Samothraki aufgebrochen.

Myrina / Limnos

Montagmorgen geht es mit ganz leichtem Rückenwind die verbleibenden sieben Seemeilen in den Hafen von Myrina. Es ist nicht mehr ganz so viel los wie bei unserem Besuch auf dem Hinweg, aber einige Yachten liegen doch noch hier. Deutlicher merkt man das Saisonende am Betrieb auf der Uferpromenade und im Ort, hier ist es viel ruhiger – aber sehr schön, die Ruhe gefällt uns, alle Einheimischen scheinen sich vom Sommer zu erholen und wirken tiefenentspannt.

Blick über die Bucht von Myrina

Das sind wir auch, gefällt es uns doch so gut hier; nicht zu unserer Entspannung tragen aber die Wettervorhersagen bei: ab Mittwoch kündigt sich Meltemi an. Nicht so schlimm, wir haben ja Zeit, sollte man meinen – aber dass selbst in der 10-Tage-Vorhersage die Windstärke kaum mehr unter 7 fällt (mit den entsprechenden Wellenhöhen) ist nicht so beglückend. Wochenlang kein Wind, und nun eingeweht auf Limnos?

Über der Hafeneinfahrt wacht Agios Nikolaos

Wir erwägen kurz einen Alarmstart bevor es losgeht, sehen dann aber davon ab – was sollen wir drei Wochen vor der Zeit auf Lesvos? Da hoffen wir doch lieber, dass dem Wind irgendwann die Puste ausgehen muss, bevor es für uns zu spät wird, und genießen Myrina: die meisten Lokale haben noch geöffnet, und auch die nähere Umgebung bietet sich für kleine Ausflüge an.