Mytilini – … ( 11.09. – … )

Mytilini / Lesvos

Nach einem kurzen, ausgefüllten Sommer in Deutschland (der wenigstens im August auch als solcher zu erkennen war) freuen wir uns sehr, am Abend des 11. September wieder in Mytilini auf Lesvos zu landen – 8 Wochen dürfen wir auf der ‘Orion’ verbringen. Der Weg soll uns in diesem Herbst gen Norden führen, der Zwischenstopp zur Halbzeit ist in Kavala oder Umgebung an der Festlandküste geplant.

Erst mal aber gibt es – wie immer – eine Menge zu tun: die vorbereiteten und per Post geschickten Teile müssen montiert, die Vorsegel wieder angeschlagen, das Boot muss gewaschen und Proviant eingekauft werden. Bei alldem müssen wir uns erst mal wieder an die Temperaturen gewöhnen: am Mittag steigt das Thermometer deutlich über die 30° (in der prallen Sonne fühlt es sich noch viel heißer an), selbst die Nachttemperaturen fallen kaum unter 25°. Aber ab der zweiten Nacht bringen vier große Ventilatoren, die wir neu unter der Vorschiffluke montiert haben, wenigstens frische Luft unter Deck – eine deutliche Verbesserung; ein Boot wird eben nie fertig …

Nach getaner Arbeit lassen wir es uns aber sowohl am Donnerstag- wie am Freitagabend nicht nehmen, nochmal in die Stadt zu laufen – was haben wir die griechischen Kochkünste vermisst! Wir werden beide Male nicht enttäuscht – selbst im Zustand tiefer Erschöpfung (vielleicht auch gerade dann) macht Essen glücklich 🙂

Erstmals verlassen wir Mytilini in Richtung Norden, vorbei am Fährhafen und der Burg

Samstagmorgen sind wir dann eigentlich abreisebereit, müssen aber noch auf den Taucher warten, der endlich die seit gut zwei Monaten bemängelte Muringleine verlegen soll – bis dahin zeigte die nämlich im 30°-Winkel zur Nachbarbox und hat das Boot mit Gewalt auf den Fingersteg gezogen. Der kommt auch halbwegs pünktlich, es zieht sich dann aber alles doch noch hin. So ist es 12 Uhr durch, als wir die Marina verlassen können; einen weiten Weg haben wir uns nicht vorgenommen, 15 Seemeilen nördlich liegt die kleine, unbewohnte Inselgruppe der Aspronisia. Wir haben Glück, östlich der Insel weht der Wind aus Süd, und wir können uns unter Code 0 mit 4 bis 6 Knoten nach Norden tragen lassen. Am Himmel zeigen sich sogar mal ein paar Wolken, aber darum sind wir ganz froh!

Aspronisia / Lesvos
Abendstimmung über Lesvos

Gegen 17 Uhr ankern wir zwischen den ‘Weißen Inseln’ – tatsächlich bestehen diese aus sehr hellem Gestein, und entsprechend leuchtet auch das Wasser drumherum. Sehr geschützt liegt der Ankerplatz nicht, eher was für ruhiges Wetter – aber das haben wir ja. Zum Abend hin schläft der Südwind und die damit verbundene Windsee vorhersagegemäß ein, und wir verbringen eine ruhige Nacht – kurz unterbrochen vom Durchzug eines Regenfeldes zwischen 2 und 3 Uhr mit einigen Windböen, aber auch das war angesagt, und so haben wir rechtzeitig ein Sonnensegel übers Vorschiffluk gespannt, damit dieses auch während der Regens offen bleiben und Luft hereinlassen kann.

Anker- und Badespot vor Aspronisia

Am nächsten Morgen strahlt die Sonne wieder auf unsere Inseln; gleichzeitig kommt ein frischer Westwind auf – schlecht um weiterzufahren, aber gut um den Tag hier zu verbringen und sich erst mal etwas zu erholen. Die Umgebung bietet ideale Voraussetzungen: schöne Umgebung, tolle Farben, knapp 25° Wasser – und gut 30° Lufttemperatur, begleitet von einem frischen Wind, mit dem es sich gut aushalten lässt beim Abhängen und Chillen …

Mithymna / Lesvos

Montagmorgen zieht es uns dann aber weiter, es soll sogar der Wind etwas mitschieben, angeblich weht seit den frühen Morgenstunden Ostwind … am Ankerplatz haben wir nichts davon gemerkt, wir hatten eine sehr ruhige Nacht, und es herrscht erst mal Flaute.

Ruhig gleiten wir unter Code 0 gen Norden

Wir brechen also unter Motor auf, dürfen diesen aber nach kaum einer halben Stunde ausschalten: tatsächlich kommen um die 8 Knoten Ost auf und schieben uns unter Code 0 langsam um die Nordostecke von Lesvos herum – selten mit mehr als dreieinhalb Knoten, aber das macht nichts, wir haben es nicht weit, und das ruhige Dahingleiten durchs sonnenglitzernde Wasser tut uns gerade richtig gut.

Mithymna

Gegen 15 Uhr haben wir unser Ziel erreicht, den Hafen von Mithymna an der Nordküste. Der Ort selbst ist eine der größten Touristenattraktionen auf der Insel und in einen steilen Hang gebaut, von einer großen Burg bewacht; der Hafen liegt etwas abseits darunter. Aufgrund der Attraktivität befürchten wir viel Lärm und keinen Liegeplatz zu bekommen, aber beides erweist sich als unberechtigt: an der Innenseite der Außenmole finden rund 10 Boote einen Übernachtungsplatz mit dem Heck zur Mauer, und es sind nur rund halb so viele schon da; und rund um den alten Hafen reiht sich zwar eine Taverna an die andere, aber alle halten sich in Sachen Beschallung zurück – gut so!

Seit prähistorischer Zeit gibt es hier eine Siedlung, und seit rund dreitausend Jahren mischt die kleine Stadt auch kräftig in der Regionalgeschichte mit. Das Stadtbild ist seit dem Mittelalter kaum verändert, auch der aus dieser Zeit stammende Name Molyvos ist bis heute gebräuchlich. So viel es hier zu sehen gibt, so viele Menschen zieht dies auch an: sowohl die eigentliche Stadt im Hang als auch das Hafenviertel leben nur vom Tourismus. Dennoch, es ist nicht lärmig, nicht verbaut, nicht offensichtlich überteuert: wir genießen den Aufenthalt.

Magische Lichtstimmung am Abend

Am Abend werden wir zwar vom vorgesehenen Restaurant abgewiesen, weil alle Tische reserviert sind (aber praktisch zu 70% frei – wo nur Touristen unterwegs sind, halten eben auch solche Unsitten Einzug), aber wir essen statt dessen unten am Hafen lecker und reichlich (die wahrscheinlich größten Portionen, die uns je begegnet sind). Die Nacht ist mild und ruhig, kein Schwell stört die Boote – ein weiterer Pluspunkt.

Den ganzen nächsten Tag verbringen wir noch in Mithymna, planen wir doch, zum Abend abzulegen und in der Nacht nach Limnos überzusetzen: die Entfernung von 50-60 Seemeilen schaffen wir nur unter idealen Windbedingungen unter Tageslicht – und die haben wir natürlich nicht. Tagsüber gibt es mäßigen Nordwest, also Gegenwind für  uns; aber der Nacht soll es aber auffrischen und auf Nordost drehen – also Halbwind, das sollte passen!

So nehmen wir noch ein kleines Abendessen direkt am Fischerhafen ein und holen dann um 19 Uhr den Anker auf – gerade rechtzeitig vor Sonnenuntergang.

Paralia Parthenomitos / Limnos

Direkt nach Verlassen des Hafens rollen wir den Code 0 aus – die Windrichtung passt zwar noch nicht so recht, aber dafür segeln wir lautlos gen Westen in den Sonnenuntergang! Leider ist die Welle recht unruhig, und so werden wir ganz schön durchgeschüttelt; auch lässt der Wind immer mehr nach, je mehr wir uns in die Abdeckung der türkischen Küste begeben, und so müssen wir doch noch eine gute Stunde motoren, bis wir uns freigefahren haben.

Vom Mondaufgang über Lesvos …

Ab 22 Uhr aber ist dann alles, wie es sein soll: das Wellenbild ist deutlich ruhiger geworden, der Wind hat wie vorhergesagt auf Nordost gedreht und auf rund 4 Beaufort zugelegt. Wir machen mit dem großen Vorsegel sehr gute Fahrt, mit 5 bis 6 Knoten segeln wir durch die Nacht auf Limnos zu. Der Mond steht voll am Himmel, es ist fast taghell, das Boot rauscht durch die See – so muss das sein! Viele Tanker und Frachter kreuzen unseren Weg auf der Reise von oder nach Istanbul , wir queren die Ansteuerung zu den Dardanellen – das sorgt für etwas Abwechslung.

Gegen 3 Uhr frischt der Wind weiter auf, wir fahren sechseinhalb Knoten – so schnell wollen wir ja gar nicht sein! Wir reduzieren die Segelfläche, indem wir auf den Klüver wechseln; inzwischen haben wir vorsichtshalber etwas Höhe zum Wind aufgebaut, so dass wir abfallen können und schließlich sogar auf den Kutter wechseln, als es regelmäßig mit über 20 Knoten weht.

… bis zum Sonnenaufgang über Limnos

Pünktlich zum Sonnenaufgang erreichen wir nach 54 Seemeilen Limnos; wir haben uns für die Ankunft einen geräumigen Ankerplatz mit weitem Sandgrund im Golf von Moudhros ausgeschaut – Anker irgendwo fallen lassen, eingraben, und ab in die Koje … auch wenn die Nachtfahrt mit fast 5 Knoten Durchschnittsgeschwindigkeit zügig und problemlos gelaufen ist, war es doch zu unruhig, um viel Ruhe zu bekommen. Doch wir haben in weniger als einer Woche nach der Ankunft auf Lesvos ein gutes Stück Strecke Richtung Norden gutgemacht, das nimmt Druck aus dem Zeitplan – wir sind müde, aber zufrieden.