Milos – Rafina (17.05. – 04.06.)

Milos / Paralia Phatourena

Die Wetteraussichten für Freitag und Samstag sind nicht überwältigend: bedeckter Himmel, feuchtwarme Luft, und umlaufende Flaute. Eigentlich keine Aussichten, die einen zu einer Ortsveränderung einladen, aber wie gesagt, eines steht fest: raus aus Adamas!

Ankern vor Paralia Phatourena – nichts als Ruhe!

Wir erledigen noch die Bevorratungen und legen gegen Mittag unter Motor ab, um ganze zwei Seemeilen quer über die große Innenbucht von Milos zu fahren. Dort ankern wir vor dem Strand von Phatourena, neben einer kleinen Lagune. Ein Fischerhäuschen, eine Kapelle, ein paar Ziegen, und sonst nichts: endlich Ruhe! Eine solche Wohltat nach den Nächten mit ununterbrochener Disko-Berieselung – mal wieder zeigt sich, wie viel lieber wir doch inzwischen ankern als irgendwo im Hafen zu liegen …

Milos / Klephtiko

Am Samstag fühlen wir uns schon ausgeruhter und beschließen, die Umrundung von Milos anzugehen, um einen der außergewöhnlichsten Ankerplätze weit und breit anzulaufen: an der Südwestspitze der Insel gibt es ein ausgedehntes Areal, in dem die See tiefe Höhlen in die weichen, weißen Klippen aus vulkanischem Gestein gegraben hat, Klephtiko. Das Gebiet ist praktisch nur von See aus zugänglich, und eine Unmenge Tagesausflugsboote verkehren von Adamas aus dorthin. Man darf also nicht damit rechnen, dort alleine zu sein …

Das schreckt uns aber nicht ab, wenn man schon um Milos segelt, muss man da wohl hin; eher schon tut es die Wettervorhersage: umlaufende Winde, immer noch kein klarer Himmel, und Schwell aus dem Südsektor – damit an einen ungeschützten Ankerplatz?

Tolle Klippen an der Westküste von Milos

Aber wir wollen der Sache eine Chance geben, vorbeifahren können wir ja immer noch! So fahren wir also entlang der Westküste von Milos gen Süden – mal unter Code 0, mal unter Motor, wie erwartet kann sich der Wind weder für eine Stärke noch für eine Richtung entscheiden. Die vorbeiziehende Küste wird immer spektakulärer, je weiter wir kommen: steil aufragende Klippen in den unterschiedlichsten Farben, die teils übergangslos abwechseln. Beeindruckend, selbst ohne rechten Sonnenschein!

Die Klippen von Klephtiko

Gegen Mittag umrunden wir die Südwestspitze der Insel, und wie erwarten tummeln sich hier schon etwa 20 Yachten, Katamarane und Motorboote mit Tagestouristen – gar nicht so einfach, in dem Gewimmel einen Platz zu finden. Wir ankern erst mal etwas abseits, wo wir allerdings dem Schwell ganz gut ausgesetzt sind. Was wir ringsherum sehen gefällt uns aber so sehr, dass wir beschließen, die Lage erst mal schnorchelnd zu sondieren und dann den Abend abzuwarten. Und tatsächlich: ab 17 Uhr verschwinden alle Ausflugsboote, und wir können uns einen sicheren Platz in der kleinsten und schönsten Bucht sichern, wo uns der Buganker im Schwell hält und der Heckanker so stabilisiert. Hier lohnt es sich doch, etwas länger zu bleiben!

Und am Pfingstsonntag ist dann auch der Himmel wieder blau, und die Farben des Wassers und der Felsen leuchten um die Wette! Das Wasser hat gut 21°, da gibt es kein Halten mehr, denn die schönsten Naturwunder erkundet man hier nur schwimmend: durch etliche der Felsen hat die See Torbögen gearbeitet, durch die man hindurchschwimmen kann, und zum Teil gibt es sogar lange, schluchtartige Einschnitte, durch die man ganze Felsendome untertauchen kann. Der Grund besteht aus weißem, feinen Sand, die Farben des in diesen Unterwasserschluchten langsam auslaufenden Lichts sind unbeschreiblich!

Wirklich ein außergewöhnlicher Ort, wir sind froh, hierhergekommen und geblieben zu sein – trotz des unbeschreiblichen Trubels drumherum, der sich aber auf die Zeit zwischen 9:30 und 17:30 Uhr beschränkt …  danach sind wir am ersten Abend ganz allein, tags drauf kommt noch ein Katamaran rein, der neben uns ankert, aber auf jede Beschallung verzichtet – gut, dass es auch noch solche Besucher gibt, denen die Natur nicht nur als Hintergrund für die Instagram-Session dient!

Farben- und Formenrausch vor Klephtiko
Kimolos / Psathi
Kimolos, Psathi und darüber Chorio

Am Pfingstmontag – der hier natürlich erst in 5 Wochen gefeiert wird – verlassen wir Milos endgültig, um uns auf den Weg gen Norden zu machen; die ganze Südküste bietet uns weiterhin farbenfrohe Felsformationen – nur Wind gibt es nicht, wir versuchen zwar mehrmals den Code 0 zu benutzen, aber für mehr als 5 Minuten reichen die Windfelder nie, wir motoren praktisch die ganzen 18 Seemeilen bis Kimolos.

In Chorio / Kimolos

Dort bekommen wir noch einen Platz im Hafen – gar nicht so selbstverständlich, es ist echt schon ordentlich was los Mitte Mai – und gleich auch leckeres Gebäck und Freddos von der örtlichen Konditorei. Später machen wir uns auf den Weg ins Hauptdorf der Insel, welches hier zur Abwechslung Chorio heißt. Der Ort wirkt noch wie ein echtes Dorf, man sieht mehr Einheimische als Touristen auf der Straße; dafür bekommt man aber auch nicht an jeder Ecke ein Abendessen angeboten, wir müssen etwas suchen, bis wir ein geöffnetes Lokal finden. Dabei handelt es sich wohl auch um die Dorfkneipe, die Karte bietet eine beeindruckende Liste verschiedener Ouzo-Sorten an, und auf der Terrasse sitzen nur alte Herren und diskutieren die Tagespolitik. Wir lassen uns davon nicht abschrecken, ein ‘Guten Abend’ auf Griechisch, und schon hellen sich alle Mienen auf 🙂

Sifnos / Platys Gialos

Dienstag geht es schon weiter Richtung Norden; wieder ist ziemlich Flaute angesagt, und wieder werden unsere Bemühungen, mit dem Code 0 jedes Lüftchen zu nutzen, nicht wirklich belohnt … wenigsten sind es ein paar Seemeilen weniger als am Vortag, so dass wir mit knapp drei Motorstunden die Nachbarinsel Sifnos erreichen. Diese ist größer als Kimolos und verfügt sogar über zwei Häfen; wir entscheiden uns für denjenigen, wo nicht die Fähren anlegen, dort geht es gewöhnlich ruhiger zu.

Selbst gegen Mittag liegen schon einige Charterboote im Hafen von Platys Gialos, und am schönen Sandstrand sind alle Bars und Restaurant geöffnet und gut besucht. Nur die Bäckerei ist noch zu – nun ja, dafür verkauft der Minimarkt Eis am Stiel 🙂

Wir machen noch einen Mietwagen für den nächsten Tag klar, ansonsten ist es einfach zu warm ohne einen nennenswerten Luftzug im Hafen.

Am Mittwoch frühstücken wir ausgiebig (frisches Brot verkauft auch der Minimarkt) und machen uns dann an die Erkundung der Insel. Erstes Ziel ist das alte Kastro, auf einem 100 Meter hohen Felsen an der Ostküste der Insel gelegen. Hier geht es recht ruhig zu, nur wenige Besucher sind zwischen den durchaus noch bewohnten und sehr hübsch hergerichteten Häusern unterwegs; es gibt ein äußerst stimmungsvolles Restaurant, und ein nettes kleines Café mit Souveniershop, wo wir uns auch mit einer hausgemachten Limonade erfrischen.

Cherronisos

Weiter geht die Reise in die Nordhälfte der Insel, wo wir den kleinen Fischerort Cherronisos besuchen. Es gibt offensichtlich etliche Ferienzimmer zu mieten, und direkt am Strand liegt ein recht ansprechendes Lokal – sonst nichts, entsprechend entspannt wirken die Badegäste. Zieht man allerdings die Fläche des oberhalb des Ortes zur Verfügung stehenden Parkraums in Betracht, könnte das im Sommer anders aussehen …

Als nächstes besuchen wir Kamares, den Fährhafen der Insel – und sind froh, diesen nicht mit dem Boot angesteuert zu haben: an der Kade liegt ein Charterboot neben dem anderen, direkt dahinter fahren die Autos vorbei, und die Gastronomie ist für unseren Geschmack zu durchgestylt.

Weiter geht unsere Rundfahrt in den Hauptort der Insel, Apollonia; hier gibt es eine Menge Peripherie, aber mitten durch den Ort zieht sich die alte Hauptstraße, zu schmal für Autoverkehr. An dieser liegen nebeneinander nette Cafés, einladende Restaurants – und etliche Kapellen, davon soll es auf Sifnos selbst für griechische Verhältnisse außergewöhnlich viele geben!

Ankerbucht vor Pharos

Letzte Station der Inseltour ist der kleine Ort Pharos an der Ostküste: hier gibt es eine schöne, große Bucht, die in mehrere feine Strände ausläuft, und vor allem einen Küstenwanderweg zum etwas südlicher malerisch auf einer felsigen Landzunge gelegenen Kloster von Chrysopigi.

Das Kloster Chrysopigi

Am Ende eines langen Ausflugstages mit recht feucht-warmer Luft (der Himmel ist nicht richtig klar und blau – schon wieder südliche Winde!) kostet die Wanderung zwar nochmal einige Anstrengung, aber wir werden mit wirklich schönen Aussichten belohnt.

Im Innenhof des Klosters

Zurück in Platys Gialos geben wir den Mietwagen zurück, und der junge Vermieter (keine Papiere, keine Kontrolle …) wirkt so aufrichtig ergriffen davon, dass es uns gut gefallen hat auf Sifnos, dass man es kaum beschreiben kann, wenn man die Art der Menschen hier nicht selbst mal erlebt hat: man erlaubt sich Emotionen und sie zu zeigen – und natürlich ist die eigene Insel die Schönste von allen! 🙂 Und auch wenn es paradox sein mag: irgendwie trifft es auch auf jede einzelne zu …

Despotiko / Livadhi

In der Nacht zum Donnerstag kommt kräftiger Wind auf, was leider zu deutlich mehr Unruhe im Hafen führt: die Wellen schlagen gegen die Kade, und das Boot ruckt in die Leinen. Wir wünschen uns für die kommende Nacht unbedingt einen Ankerplatz nach mehreren Nächten im Hafen: keine lärmenden Crews, keine ruckenden Leinen, und immer Wind von vorne im Boot. Da der kräftige Nordwestwind um 6 Beaufort eh nicht zur Weiterreise gen Nordwesten einlädt, beschließen wir einen Haken nach Osten zu schlagen. Dort liegt die heute unbewohnte Insel Despotiko, auf der aber bis in die Bronzezeit zurückreichende Siedlungsspuren nachgewiesen wurden – wie hier praktisch überall.

Einsamer geht’s kaum: Despotiko

Die Überfahrt verläuft entsprechend zügig, nicht selten sind wir nur unter Klüver mit 7 Knoten unterwegs – Rückenwind! Die Ankerbucht vorm Strand von Livadhi ist auch so schön und einsam wie erhofft, nur der Schwell kommt ganz schön um die Ecke; na ja, der Wind soll ja laut allen Vorhersagemodellen sehr bald auf Nord drehen … tut er aber nicht! Das erhoffte Baden wird abgesagt, und vorm Schlafengehen bringen wir noch mit dem Beiboot den Heckanker aus, um zu verhindern, dass das Boot quer zum Schwell zu liegen kommt. Das funktioniert auch und rettet wenigstens die Nachtruhe.

Serifos / Livadhi

Erst über Nacht hat der Wind auch endlich auf Nord gedreht – und ist außerdem praktisch eingeschlafen! Der aktuelle Wetterbericht liefert zwar immer noch 12 Knoten Nord für den ganzen Tag, aber als wir Despotiko umrunden finden wir höchstens die Hälfte davon. Egal: Großsegel gesetzt, Code 0 ausgerollt und an den Wind!

Unter Groß und Code 0 nach Serifos

Bei einem gemäßigten Amwindkurs mit 6 bis 7 Knoten wahrem Wind machen wir erstaunlich gute Fahrt, drei bis dreieinhalb Knoten sind drin, und das Boot läuft wie auf Schienen – da macht es auch nichts, wenn es etwas länger dauert. Aber viel Luft nach unten ist nicht mehr drin – als der Wind nach zwei Stunden zunächst unter 5 und dann unter 4 Knoten nachlässt, ist es vorbei mit dem schönen Segeln, und wir müssen den Motor bemühen. Nach einer Stunde schwingt es sich nochmal auf 5-6 Knoten Wind auf, die wir auch nutzen, danach ist es aber endgültig vorbei, aber immerhin haben wir mehr als die Hälfte der knapp 30 Seemeilen nach Serifos unter Segeln zurückgelegt, als wir gegen 18 Uhr den Hafen von Livadhi anlaufen.

Tatsächlich heißt unser Zielort wie unser Ausgangsort – ‘λιβάδι’ bedeutet einfach Wiese, und jede Insel, die über ein weites und vergleichsweise fruchtbares Tal verfügt, hat einen so benannten Ort.

Hoch über Livadhi liegt die Chora von Serifos

Wir bekommen noch einen Platz längsseits innen an der Pier, und sind auch gerne bereit, für diesen Luxus € 8,30 pro Nacht zu bezahlen, macht das es uns doch am nächsten Tag viel einfacher, die Insel zu erkunden.

Um 11 Uhr am Samstagvormittag nehmen wir den Bus hinauf in die Chora, die fast 300 Meter über dem Hafenort aufragt. Sie gilt als eines der schönsten  Inseldörfer der westlichen Kykladen, obwohl – oder gerade weil? – Serifos bei weitem keine so reiche Vergangenheit aufweist wie etwa Sifnos: dort wurden Silber und Gold gefördert, hier nur Eisenerz.

In der Tat finden wir einen kleinen, aber wirklich hübschen Ort, alles andere als touristisch überladen, aber mit ein paar geschmackvollen Kunsthandwerksläden und netten Cafés. Wir genießen den Ausblick von der Kapelle Agios Konstantinos auf der Bergspitze und frisch gepressten Orangen- und Zitronensaft auf dem malerischen Dorfplatz; so gestärkt gelingt der Rückweg bergab dann auch trotz der sengenden Sonne zu Fuß 🙂

Blick nach Süden über Livadhi und den Hafen
Kythnos / Agios Stephanos

Sonntagmorgen verlassen wir Serifos und ziehen eine Insel weiter, während sich die anderen Boote schon auf den nächsten, heraufziehenden Sturm vorbereiten; wir lassen uns einen Moment von den skeptischen Blicken verunsichern, kontrollieren nochmal alle Vorhersagen – nein, Windstärke 7 ist erst in der Nacht von Sonntag auf Montag vorhergesagt, heute kann man mit 5 Beaufort und anderthalb Meter Welle gegenan nach Norden kreuzen – oder noch zwei ganze Tage im Hafen ausharren und dann am Dienstag nach Serifos motoren … nee, dann lieber los!

Mit ordentlich Lage kreuzen wir auf

Wir binden das zweite Reff ins Groß, und zusammen mit dem Klüver geht es feucht-fröhlich mit rund 5 Knoten gegenan; der Wind bleibt meistens unter 20 Knoten, erst am Nachmittag werden es 25 – alles kein Problem. Der Tag wird nur recht lang, denn bei einem Wendewinkel von 120° über Grund werden aus 18 Seemeilen eben 36 – der Wind kommt wirklich genau von vorne. Wir sind also ganz froh, als wir gegen 17 Uhr unseren Zielort erreichen, die Bucht von Agios Stephanos auf Kythnos, die guten Schutz vor Nordwind und -welle verspricht – und ahnen nicht, dass der schwierige Teil des Tages noch vor uns liegt! Es will uns nämlich in beliebig vielen Versuchen nicht gelingen, den Anker sicher in den Grund zu bringen: dieser scheint aus puddingartigem Schlamm, durchsetzt mit Seegras, zu bestehen; der Anker durchdringt zwar mühelos das Gras (was sonst gerne das Problem ist), findet darunter aber auch keinen Halt. Wir sind mit dem Problem nicht allein, zwei andere Yachten sind dabei, lange Landleinen auszubringen – was wir uns dann auch entscheiden zu tun. Das dauert – provisorisch ankern, alle vorhandenen Leinen aneinanderknoten, mit dem Dinghi zum Strand und diese an die Tamarisken knoten, dann den Heckanker rückwärts ausbringen, das natürlich auch mehrmals, bis er auch nur halbwegs Halt findet – die Sonne steht tief, bis wir endlich angekommen sind!

Agios Stephanos: hübsche Bucht, guter Schutz, leckeres Essen – aber katastrophaler Ankergrund!

In der Nacht legt der Wind schon ganz gut zu, richtig bläst es aber erst am Montagvormittag; der Schutz in der Bucht ist hervorragend, es kommt praktisch kein Schwell herein – wenn nur der Ankergrund besser wäre! Der Heckanker rutscht langsam durch, und so wie die Böen abwechselnd aus Nordnordwest und Nordnordost einfallen, beschreiben wir einen schönen Viertelkreis um unseren Baum am Strand – und kommen dabei abwechselnd unserem Nachbarn und dem Flachwasserbereich verdammt nahe.

Mit nachlassendem Wind kommt am Montagnachmittag noch ein Charterboot mit vier deutschen Herren herein, die zwischen uns und dem Nachbarn, mit dem wir in der vorherigen Nacht fast kollidiert wären, noch eine Lücke sehen. Das kann ja mal passieren, also machen wir sie freundlich darauf aufmerksam, dass sie gerade versuchen, mitten in unserem Schwoikreis zu ankern – das interessiert sie aber gar nicht! Wir versuchen es mehrmals, aber alles ist vergeblich – nun gut, Plastik gegen Stahl, dann viel Spaß!

Die namensgebende Kapelle, bei Nacht stimmungsvoll beleuchtet

Am Abend lässt es wirklich nach, und wir trauen uns mit dem Dinghi an Land und finden uns ein ganz köstliches Abendessen in einer Taverna, die praktisch alle ihre Rohstoffe in einer angeschlossenen Landwirtschaft selbst anbaut – bei uns hieße das Bio, hier einfach Tradition. Als wir zurückkommen, trennen unseren massiven Bugspriet keine zwei Meter mehr vom gecharterten Kreidefelsen; wir sprechen die Herren nochmals an, und sie sind ganz erstaunt: damit haben sie wirklich nicht gerechnet! Tja, dann schaut mal, was ihr macht, wir hauen uns auf’s Ohr!

Das Glück hilft bekanntlich den Dummen, und in der Nacht schläft der Wind völlig ein, so dass wir nicht vom Geräusch reißender Glasfasern geweckt werden 🙂

Kythnos / Loutra

Dienstagmorgen sind wir erst mal wieder eine Stunde beschäftigt, unsere Kollektion Land- und Ankerleinen wieder einzuholen und aufzuklaren, dann verlassen wir die Ankerbucht. Die ersten zwei Seemeilen können wir noch mit bescheidener Geschwindigkeit segeln, als wir aber nach Norden abbiegen müssen und uns die inzwischen auf 5 Knoten zusammengebrochene Flaute auch noch entgegenkommt, muss wieder der Motor arbeiten – abwechselnd Starkwind von vorne oder Flaute scheint das Leitmotiv dieses Törns zu werden …

Weit ist es aber nicht, ab späten Mittag erreichen wir den Hafen von Loutra, gut geschützt in einem tiefen Einschnitt im Land gelegen, und von mehreren schönen Ankerplätzen umgeben. Der Hafen hat einen Hafenmeister (!), der sich sehr engagiert um seine Gäste kümmert, und das zum griechischen Gemeindetarif von rund 7 € pro Nacht – da kann man nicht meckern! In der Folge ist der Hafen aber auch sehr beliebt bei der riesigen Charterflotte, die sich zu Beginn jeder Woche von Athen nach Süden und zum Wochenende wieder zurück wälzt; bedingt durch den durchgezogenen Starkwind haben die Charterer aber alle einen Tag verloren und daher den Hafen in aller Frühe verlassen, so dass wir die freie Liegeplatzwahl haben; später am Nachmittag sind aber wieder alle Plätze belegt. Loutra wird seit der Antike für seine Thermalquellen geschätzt;  direkt am Strand gibt es ein Becken, wo das heiße, stark mineralhaltige Wasser eingeleitet wird und sich mit dem Seewasser vermischt. Im Winter sicher eine Sensation – jetzt ist es uns eigentlich schon so warm genug 😉

Wir haben einen lärmigeren Ort erwartet und sind positiv überrascht: Loutra ist zwar schon völlig auf den Tourismus ausgerichtet, aber es gibt eher Restaurants und Cafés als Bars um den Hafen, die ganze Atmosphäre ist tiefenentspannt, und in der Nacht herrscht völlige Stille im Hafen – Wind ist ja auch keiner mehr. Wir beschließen also einen weiteren Tag zu bleiben und am Mittwoch eine Wanderung in die Chora zu machen.

Das lohnt sich: auch hier alles sehr entspannt, die Geschäfte verkaufen ganz offensichtlich wirklich lokales Handwerk (man schaut dem Töpfer bei der Arbeit zu) und keine Chinawaren, und hübsch ist der Ort natürlich sowieso. Wir erfahren, dass Kythnos von der ausländischen Tourismusindustrie ziemlich ignoriert wird, außer den Charterern in Loutra kommen nur griechische Urlauber hierher – was wir anhand der Umgangssprache bestätigen können, hier hört man kaum Englisch auf der Straße.

Kea / Paralia Otzia

Am Donnerstag geht es weiter gen Norden zur letzten Kykladeninsel, Kea. Die meisten Wettermodelle sagen Flaute vorher, nur der griechische meteorologische Dienst verspricht einen lokalen Südwestwind zwischen Kythnos und Kea; darauf hoffen wir natürlich, sollte diese Vorhersage die lokalen Gegebenheiten am Besten berücksichtigen. Leider werden wir enttäuscht: auf der ganzen Überfahrt überschreitet der wahre Wind selten drei bis vier Knoten, und wir motoren die  gesamte Strecke.

Paralia Otzia – viel los hier!

Einen längeren Aufenthalt auf der Insel planen wir auch nicht ein, den nur für den folgenden Tag soll es etwas mehr Südwind geben, um den Rest der Strecke nach Norden zurückzulegen; wir steuern die ausgedehnte Ankerbucht von Otzias ganz im Norden der Insel an, um hier zu übernachten. Als wir in die Bucht einbiegen, erleben wir eine Überraschung: unzählige Boote ankern hier bereits! Nun, morgen müssen die Charterer alle in Athen ihre Boote zurückgeben, und wo übernachtet man am letzten Abend? Genau hier! Aber wir finden noch ein Plätzchen am Rande, Platz gibt es hier wirklich reichlich.

Nisia Petalioi / Chersonisi

Am Freitag probieren wir unser Glück mit dem Südwind, den heute wirklich alle Vorhersagen versprechen. Dass in unsere Ankerbucht erst mal Nordnordwest weht, ist schon mal kein gutes Vorzeichen, wir müssen also gegen den Wind unter Motor auslaufen; aber nach einer Viertelstunde erreicht dieser eine Stärke, dass wir unter Groß und Code 0 segeln können, wenn auch erst mal nicht gen Norden. Im Laufe des Vormittags dreht der Wind aber langsam über West und Südwest auf Süd, so dass wir unseren Zielkurs laufen können, wenn auch langsam. 26 Seemeilen sind es bis zu den Petalischen Inseln, eine Inselgruppe vor der Küste von Euböa; erst gegen 16 Uhr, als wir uns dem Ziel nähern, legt der Wind endlich zu: zu spät um nützlich für uns zu sein, aber gerade rechtzeitig um uns das Einrollen des Code 0 bei 25 Knoten Rückenwind zum Abenteuer geraten zu lassen. Zwischen den Inseln finden wir aber guten Schutz, die Wassertiefen sind gleichmäßg und betragen nur wenige Meter, im Grunde gleicht es einer Lagune, in der man überall auf Sandgrund ankern kann. Kaum haben wir das vor der Insel Chersonisi getan, lässt auch der Wind wieder nach, und wir können den Grill anzünden; später kommen noch drei offenbar lokale Motorboote in die Bucht, legen sich im Päckchen vor die Felsenküste und tun es uns nach – die Wochenendausfahrt des örtlichen Yachtclubs.

Akzeptable Wohnlage: Villa auf Chersonisi

Hier oben, nördlich von Athen, sieht man kein einziges Charterboot mehr, die befinden sich ja alle auf dem Pfad die Kykladen entlang; dafür wissen wir nun, wo all die Fahrtensegler sind: etliche andere Boote ankern über die Inselgruppe verteilt. Aber Platz gibt es ohne Ende, und schön ist es hier überall, das flache Wasser leuchtet in prachtvollem Türkis, und intensiv grüne Pinienwälder bedecken die Insel. Die Inseln selbst befinden sich in Privatbesitz und dürfen nicht betreten werden, es stehen ein paar vereinzelte Villen darauf; das Ankern davor dürfen die Privilegierten uns glücklicherweise nicht verbieten.

Abendstimmung über den Patalischen Inseln

Wir verbringen auch den ganzen Samstag hier, es ist wirklich ein perfekter Ort um abzuhängen und durchzuatmen; das Wasser hat über 22°, und da die Mittagstemperaturen schon um die 30° erreichen, ist eine Abkühlung sehr willkommen. Wieder geht am Nachmittag ein leichter Südwind über das Wasser, was die Temperaturen viel besser aushaltbar macht; selbst in den Nächten geht direkt über dem Wasser ein Luftzug, während die Mastspitze nichts davon sieht.

Evvia / Marmari

Am Sonntag verlassen wir unser Badeparadies erst am frühen Nachmittag; kaum 3 Seemeilen östlich liegt der Hafen von Marmari auf Evvia (Euböa), der zweitgrößten Insel Griechenlands. Dort wollen wir uns zum einen mal die Lage anschauen, denn von hier gibt es eine Fährverbindung zum flughafennahen Hafen von Rafina auf dem Festland, und zum anderen wollen wir nach drei Abenden Bordverpflegung auch mal wieder der griechischen Küche zusprechen.

Marmari

Die drei in Frage kommenden Liegeplätze sind schon vergeben, aber man kann direkt vor der Uferpromenade ankern, und bei der herrschenden Flaute ist das Beiboot schnell hinübergepaddelt. Marmari zielt wohl eher auf den preisbewussten Inlandstourismus, die Hotels sind sehr bescheiden, aber entsprechend auch das Preisniveau in der Gastronomie (im Vergleich zu den Kykladen, wo doch alles teurer war als wir es kennen) – ohne dass es deshalb schlechter schmecken würde, im Gegenteil: wir bekommen ein tolles Abendessen mit gewaltigen Portionen, aber außer uns spricht auch jeder Griechisch.

Attika / Rafina

Am Montag schließlich steuern wir die letzte Station des zweiten Drittels unserer Reise an, den Hafen von Rafina auf dem griechischen Festland. Der Ost liegt nur 15 km vom Flughafen Athen entfernt – das tun noch etliche andere Orte an diesem Küstenabschnitt, aber nur von Rafina aus verkehrt auch ein Bus dorthin, sonst führt der Weg immer über Athen. Ursache ist der große Fährhafen, nach Piräus der zweitgrößte des Landes.

Besagter Fährhafen bestimmt aber auch alles in Rafina: es gibt zwar eine große Hafenanlage, aber beim Anlegen der Fähren an der Außenseite der Hafenmole wälzt sich ein katastrophaler Schwell in den Hafen; bei starkem Wind soll es genauso sein, nur dann pausenlos. Kein Ziel, das man mit dem Sportboot freiwillig ansteuert, aber der perfekte Absprungort zum Flughafen, also müssen wir da wohl durch …

Rafina – riesige Fähren und die kleine Orion

Entsprechend sind wir das einzige Boot im Hafenbecken, und die Nacht wird – trotz des ruhigen Wetters – wenig erholsam: der Straßenlärm, der Lärm der Fähren … und außerdem ist es 36° heiß, und es geht kein Lüftchen.

Aber die Versorgungslage ist gut, wir können 300 l Diesel zu Festlandspreisen bunkern (€1,59 statt 2€ auf den Inseln), und es gibt einen Lidl in 10 Minuten Entfernung 😉 Die Bushaltestelle ist nach einiger Sucherei auch ausgemacht – und damit geht auch dieser Reiseabschnitt zu Ende!