Überfahrt
Am frühen Montagmorgen ist es endlich soweit: der Kapitän des Saugbaggers fährt in einem kleinen Boot voraus und weist uns den Weg durch die schmale Rinne, welche aus dem Hafen von El Masnou führt. Glücklicherweise hat sich die Richtung, aus der die Wellen anlaufen, etwas geändert, so dass sich die See nicht mehr auf ganzer Breite der Einfahrt an der Sandbank bricht. Vorsichtig tasten wir uns voran, und tatsächlich schaffen wir es, ohne Grundberührung tieferes Wasser zu erreichen – was für eine Erleichterung! Der freundliche Baggerkapitän bekommt noch eine Flasche Wein hinübergereicht, und dann zeigt der Bug Richtung Mallorca 🙂
Wenigstens für den Vormittag ist eigentlich eher schwächerer Wind angesagt, was ideal zum Ausprobieren des neuen Code Zero sein sollte; aber schon beim Setzen des Großsegels sind es schon 12 bis 15 Knoten, so dass wir doch erst mal nur Klüver- und Kuttersegel dazunehmen. Wie sich 10 Minuten später zeigt, eine gute Entscheidung: es bläst munter mit 25 Knoten und mehr – Windstärke 6, in Böen 7. Definitiv zu viel für das Leichtwindsegel – und eigentlich auch schon für das gesetzte Vollzeug, aber was soll’s, die ‘Orion’ hat ja genug Ballast im Kiel … so rauschen wir also auf perfektem Halbwindkurs mit über 7 Knoten durchs Wasser – endlich wieder!
Entsprechend werden auch die Wellen langsam höher – die Vorhersage sprach von einem Meter signifikanter Höhe, aber die haben wir schon lange überschritten. Wind und Wellen erreichen ihr Maximum am frühen Nachmittag, als wir im Bereich der Schelfkante segeln, wo die Wassertiefe schnell von unter 100 auf über 1500 Meter abfällt; wir haben inzwischen die Segelfläche reduziert, um nicht ganz so sehr auf der Seite zu liegen, und auch, um nicht zu früh anzukommen – eine Erfahrung, die man auf einem schweren Langkieler nicht so häufig macht 😉 Aber die Strecke bis zum Cap de Formentor, der Nordostspitze Mallorcas, beträgt nur 100 Seemeilen – zu viel, um es selbst bei günstigsten Bedingungen im Laufe eines Tages zu erreichen, aber wenig genug, um bei solchen Geschwindigkeiten mitten in der Nacht anzukommen, und das wollen wir vermeiden. Die letzten Wolken haben sich unterdessen verzogen, die Sonne strahlt, die Wellen glitzern – was will man mehr!
Am frühen Abend beruhigen sich Wind und Wellen, es weht nur noch mit knapp 20 Knoten (5 Beaufort), und die Wellen bewegen sich nun im Bereich der vorhergesagten Verhältnisse; es bleibt bei einem gemäßigten Amwindkurs, und aufgrund des aufgebauten Vorsprungs können wir nur mit Großsegel ruhig durch die Nacht fahren. Es bietet sich uns ein phantastischer Sonnenuntergang dar, wie so oft weit draußen auf See; der darauf folgende Sternenhimmel steht dem in nichts nach, und bald steht im Süden der Orion am Himmel, und wir rauschen durch die Nacht auf unseren Namensgeber zu.
Mit dem ersten Licht der Morgendämmerung erreichen wir das Cap de Formentor, sein Leuchtturm hat uns schon seit Stunden den Weg gewiesen. Hoch ragt die bergige Nordküste der Insel auf, und das fahle Licht schält die Klippen wie magisch aus der Dämmerung – für solche Momente lohnen sich die Strapazen einer Nachtfahrt!
Kaum im Windschatten des Kaps hat es sich mit dem Wind natürlich erledigt; wir motoren also noch über die Bucht von Pollença und legen um 10 Uhr an der Mole von Puerto de Bonaire an, um dort ein frischen Brot fürs Frühstück zu kaufen. Ein Mann auf der Mole spricht uns an – auf Deutsch natürlich, damit wir auch wissen, dass wir auf Mallorca sind 🙂 Er klärt uns auf, dass der kleine Supermarkt im Ort nur in der Saison geöffnet ist – bietet sich aber gleich an, uns eben nach Alcúdia zu fahren. Das ist echt nett, und rettet das Willkommensfrühstück!
So können wir also bald wieder ablegen und ein paar hundert Meter vor der Hafeneinfahrt vor der Playa de Sant Joan auf 3 Meter Wassertiefe über reinem Sandgrund den Anker fallen lassen. Das Wasser ist kristallklar, man meint die Sandkörner zählen zu können; inzwischen ist es 11 Uhr, und die Sonne entwickelt eine enorme Kraft, es wird richtig warm; Kaffee, Brot, Eier und Orangensaft schmecken hervorragend – wir sind definitiv angekommen!
Port de Pollença
Nach einer relativ ruhigen Nacht vor Anker (erst am frühen Morgen kommt etwas Schwell aus Nordost auf) begrüßt uns der neue Tag etwas bewölkt: überm Ligurischen Meer befindet sich ein kleines Randtief, ein Ausläufer des Sturmtiefs, das am vergangenen Wochenende Nord- und Mitteleuropa heimgesucht hat; dieses drückt eine kleine Delle in unser schönes Azorenhoch und ist auch für den Schwell verantwortlich, aber der Effekt ist nur sehr vorübergehend. Dennoch verholen wir uns für den Rest des Tages und die kommende Nacht in den Hafen von Port de Pollença, bei Nordost findet sich in der ganzen Bucht kein vernünftiger Schutz, und eine Dusche ist ja auch nicht zu verachten …
Ein Teil des Hafens wird von der Hafenbehörde der Balearen verwaltet, hier kommt man deutlich günstiger unter als in den privaten Marinas; in der Nebensaison zahlen wir keine 23 € pro Nacht, das ist für mallorquinische Verhältnisse äußerst günstig. Der Hafen ist freundlich und modern ausgestattet, der kleine Ort wirkt zu dieser Jahreszeit recht verschlafen, bietet aber gute Einkaufsmöglichkeiten. Beim Rundgang entdecken wir am Strand zahlreiche gestrandete – und zum Teil schwer beschädigte und vollgelaufene – Boote, die sich während des schweren Sturms ‘Gloria’ vor gut drei Wochen von ihren Murings losgerissen haben; ein schlimmer Anblick! Da sind wir mit unserer Sandbank vor El Masnou ja noch glimpflich davongekommen …
Am Donnerstag ist es mit dem Nordost wieder vorbei, die Bewölkung lockert auch schon wieder auf; wir verlassen den Hafen und ankern die kommende Nacht eine knappe Seemeile entfernt direkt vorm Strand, kaum eine Kabellänge vom Übungsparcours einiger Jollen entfernt, die fleißig den schwachen Wind mit dem Spinnaker einfangen.
Cala Murta
Für Freitag und das Wochenende ist Traumwetter angesagt, bis 21° und strahlender Sonnenschein; dafür haben wir uns eine schöne Ankerbucht gleich vorm Cap de Formentor ausgesucht. Freitagmorgen ist aber von der Sonne nichts zu sehen, im Gegenteil: dichter Nebel hüllt die gesamte Bucht von Pollença ein, wir können den Strand nicht mehr sehen. Wir warten noch ein paar Stunden ab, aber als es nicht besser wird, brechen wir trotzdem auf, um die 6 Seemeilen bis zum Ankerplatz unter vorsichtiger Motorfahrt zurückzulegen. Tatsächlich reißt es kurz vor Erreichen der Küste etwas auf, so dass wir mit akzeptabler Sicht in die Cala Murta einlaufen und einen Sandfleck zum Ankern aussuchen können. Viel Platz ist hier nicht gerade, die Cala ist vielleicht 50 Meter breit; wir bringen zusätzlich den Heckanker aus, um das Schwojen den Bootes zu begrenzen.
Das Wasser der Cala ist schon fast unwirklich klar, so als wäre es gar nicht vorhanden, der Grund unter der ‘Orion’ besteht aus fast weißem Sand, zum Strand hin von Felsen durchsetzt; in reinem Türkisblau leuchtet es um uns herum.
Nach einer ruhigen Nacht setzt sich am Samstag endlich die Sonne durch; wir setzen mit dem Dinghi zum Kieselstrand über und unternehmen eine kleine Wanderung. Der Weg führt hinauf zur Straße, welche den Leuchtturm am Cap de Formentor mit dem Landesinneren verbindet, und über diese hinweg zu einer Bucht an der Nordseite der Halbinsel, der Cala Figuera.
Wir laufen im strahlenden Sonnenschein durch Pinienwälder und über Bergflanken, die Landschaft bildet einen tollen Kontrast mit dem tiefblauen Himmel – hier ist es wirklich schön! Die Temperaturen erreichen zwar nicht die angekündigten Werte, aber das macht nichts, in der Sonne ist es dennoch herrlich warm; wir beschließen den Tag entsprechend mit dem ersten Grillabend der Saison.
Am Sonntag hat es die Sonne wieder etwas schwerer, sich durchzusetzen, erst am Nachmittag hat sie die Wolken verscheucht; wir genießen die Ruhe an unserem Ankerplatz, die nur ab und an von Wanderern oder einem Motorboot mit Ausflüglern unterbrochen wird, die sich aber selten länger als eine Viertelstunde in der Cala aufhalten. Ansonsten haben wir den Ort für uns allein – abgesehen von einer Herde liebreizender Esel, die sich ab und zu am Strand blicken lassen.
Port d’Alcúdia
Am Montagvormittag verlassen wir nach drei Tagen die Cala Murta, denn für die kommende Nacht ist viel Wind und Schwell angesagt. Wir segeln 15 Seemeilen gen Süden bei 8-12 Knoten Wind in die Bucht von Alcúdia – Amwindkurs, endlich eine Gelegenheit, den neuen Code Zero mal zu testen! Tatsächlich macht sich das Leichtwindsegel gut, es steht faltenfrei und verleiht uns immerhin 3 bis 4 Knoten Fahrt – bei solchen Bedingungen kämen wir mit unseren schweren Standardsegeln kaum voran, und der leichte Gennaker ist nur bei achterlichem Wind zu gebrauchen.
Am Nachmittag erreichen wir die Marina von Port d’Alcúdia und nutzen die letzten Sonnenstrahlen für einen Rundgang durch den Ort. Alles etwas größer als in Port de Pollença, aber auch hier eher gepflegte Hotels als entsetzliche Bausünden – wir sind positiv überrascht!
Am Abend zieht es sich zu, und der angekündigte Nordnordost setzt ein; am nächsten Morgen ist es aber auch schon wieder vorbei, die Sonne versucht tapfer, die Wolken zu verdrängen, und wir richten uns darauf ein, die Marina auch schon wieder zu verlassen.
Allzu weit haben wir es aber nicht – gleich um die nächste Ecke gibt es einen netten Ankerplatz vorm Strand von Alcanada, wo wir die kommende Nacht verbringen.
Cala Pi de la Posada
Mittwochmorgen begrüßt uns strahlender Sonnenschein – so muss das! Wir machen uns am späten Vormittag auf den Weg zurück in die Bucht von Pollença; da es nicht weit ist, versuchen wir mit dem wenigen Wind noch zu segeln. Dummerweise kreuzen wir dabei vorm Cap de Pinar weit Richtung Osten heraus, als plötzlich Wind aufkommt – exakt vor vorne, natürlich. So muss dann doch noch der Motor mithelfen, um unser Ziel, die ausgedehnte Bucht Cala Pi de la Posada kurz vor Port de Pollença, noch bei gutem Licht zu erreichen – was wichtig ist, um die Beschaffenheit des Grundes gut beurteilen zu können, in der gesamten Bucht besteht nämlich eigentlich ein Ankerverbot zum Schutz der Neptungraswiesen (Posidonia oceanica). In der Saison werden (selbstverständlich kostenpflichtige) Muringbojen ausgelegt, so früh im Jahr fehlen diese jedoch noch; umso wichtiger ist es, darauf zu achten, Anker und Kette auf Sandgrund und nicht in die Neptungraswiesen zu legen.
Am Ankerplatz genießen wir noch die Stunde um Sonnenuntergang, bevor wir eine ruhige Nacht in der von pinienbewachsenen Berghängen umschlossenen Bucht verbringen.
Der nächste Tag beginnt schon mit wolkenlos blauem Himmel; wir verbringen den ganzen Tag vor Anker und genießen das schöne Wetter. Die Luft ist mit etwa 16 Grad noch eher kühl, aber in der Sonne ist die Badehose völlig angemessen. Vom Ankerplatz bietet sich ein herrlicher Panoramablick über die Badia de Pollença mit der Ila de Formentor im Vorder- und dem Bergrücken des Penya des Migdia (354 m) im Hintergrund, das Blau des Himmels und des Wassers strahlen um die Wette – so kann man es aushalten! Gerne verbringen wir auch noch eine weitere Nacht an diesem schönen Ort, bevor wir am folgenden Morgen in den nahegelegenen Hafen von Port de Pollença verholen.
Landgang
Die nächsten Tage verbleibt die ‘Orion’ im Hafen von Port de Pollença, und wir erkunden das Inselinnere mit dem Mietwagen. Der erste Ausflug führt über die in den 1930er Jahren errichtete Straße zum Cap Formentor; diese führt auf geradezu atemberaubende Weise (für Menschen mit Höhenangst nicht zu empfehlen!) entlang der steilen Bergflanken und bietet hinreißende Panoramablicke über die wilde Gebirgslandschaft und das tiefblaue Meer.
Vom gleichen Straßenbauingenieur, Antonio Paretti, stammt auch die Straße nach Sa Calobra durch die Serra de Tramuntana, welche wir am nächsten Tag bewundern dürfen – eine großartige Leistung, diese Folge von Serpentinen ohne Hilfe von Maschinen in der abweisenden Umgebung zu errichten! Beim Nus de sa Corbata (‘Krawattenknoten’) überquert sich die Straße in einer 270°-Kurve sogar selbst; ein kleiner Parkplatz ermöglicht es die Aussicht zu genießen, die wahrlich unvergesslich ist.
Am Ende der Straße gelangt man zum winzigen Ort Sa Calobra, welcher bis zur Fertigstellung der Straße 1932 nur auf dem Seeweg oder über steile Bergpfade zu erreichen war; heute ist der Ort das Ziel zahlreicher Touristen und selbst Ende Februar schon gut besucht …
Neben beeindruckenden Berglandschaften bietet Mallorca auch zahlreiche sehenswerte Ortschaften: wir besuchen Selva, Pollença, Artà, Capdepera und Binissalem; überall finden wir schöne alte Häuser, malerische enge Gassen und freundliche Plätze mit regem Straßenleben. Die Mischung aus römischen und maurischen Einflüssen auf Architektur und Stadtplanung hat ihren besonderen Reiz, und dass vielerorts die Zeit stillzustehen scheint, trägt zum Gesamterlebnis bei.
Immer wieder zieht es uns aber in die Serra de Tramuntana, die vom höchsten Berg Mallorcas, dem 1445 Meter hohen Puig Major, gekrönt wird; die Sonne strahlt Tag für Tag, die Temperaturen sind perfekt zum Bergwandern geeignet, und die Luft duftet nach Rosmarin und Pinienwäldern – hier findet man so viel mehr als Pauschalhotels und Badestrände!
Es geht weiter
Am Mittwoch lassen wir in Port de Pollença noch einen kleinen Sturm durchziehen, aber am Donnerstag verlassen wir dann den sympathischen Hafen und machen uns daran, die Insel zu umrunden. Zunächst weht noch sehr viel weniger Wind als angekündigt, bis in die Bucht von Alcúdia müssen wir motoren; zum Ausgleich kommt dann umso mehr Wind auf, von vorne natürlich: innerhalb einer Stunde bläst es uns mit 6 bis 7 Beaufort ins Gesicht. Wir kreuzen viele Stunden geduldig gegenan, mit dem zweiten Reff im Groß und Kuttersegel kommen wir durchaus noch vorwärts, nur anstrengend ist es natürlich; erst gegen 19 Uhr finden wir nach 37 Seemeilen vorm Strand von Cala Millor einen Ankerplatz, der halbwegs Schutz vor den inzwischen ganz beachtlichen Wellen aus Südwest bietet.
Am frühen Morgen dreht aber der Wind auf Nordost, und es hat sich mit dem Schutz schnell erledigt; wenigstens können wir nun mit raumem Wind bequem segeln, und so erreichen wir schon gegen Mittag den nächsten Ankerplatz, die völlig im Land eingeschlossene Cala Mitjana. Nicht gerade geräumig, wir legen uns zwischen Bug- und Heckanker, aber ein wahrhaft paradiesischer Platz: zerklüftete Felsen, weißer Sandgrund, türkisfarbenes Wasser und an Land ein ausgedehntes Anwesen, für das die gesamte Umgebung zu einem mediterranen Landschaftsgarten wie aus dem Bilderbuch gestaltet wurde. Ja, so könnte man wohl wohnen – nun, wir können es immerhin für eine Nacht 🙂
Am Samstag segeln wir noch ein kleines Stück weiter bis Cala Figuera; hier müssen wir erst mal ein paar Tage pausieren, denn der nächste Sturm steht vor der Tür: bei Windvorhersagen von 40 bis 50 Knoten und 4 Meter charakteristischer Wellenhöhe wollen wir lieber nicht auf See sein.
Der kleine Fischerhafen sollte eigentlich auch über einen Supermarkt verfügen, aber der hat noch Winterpause; so laufen wir am Samstagnachmittag ins 6 Kilometer entfernte Santanyí, um Frischvorräte einzukaufen und die Landschaft anzuschauen, welche sich hier eher flach und unspektakulär gibt, aber dafür Blumenwiesen in einer Pracht und Dichte bietet, wie wir sie selten gesehen haben.
Die folgenden Tage zeigen aber auch mal wieder, wie nahe beim Segeln die außergewöhnlich schönen Erlebnisse und die Tage, an denen man ernsthaft über ein anderes Hobby nachdenkt, beieinanderliegen: während wir auf eine Möglichkeit zur Weiterreise warten und der Wind immer mehr zunimmt, wird die Situation im Hafen immer unerträglicher. Mehr und mehr Schwell arbeitet sich in die Cala und lässt die ‘Orion’ wie wild an ihren Festmachern zerren, während der Wind in Sturmstärke im Rigg pfeift. Die erste Nacht ist schon schlaflos und kostet einem Festmacher mit Gummiruckdämpfer das Leben, in der zweiten wird es so schlimm, dass wir uns um 2 Uhr in der Frühe auf die andere Seite der Mole zwischen die Fischerboote verholen – glücklicherweise bestätigt der Hafenmeister am nächsten Morgen wenigstens, dass wir dort bleiben dürfen, von ruhiger Lage kann aber auch hier keine Rede sein … und dafür zahlt man auch noch Geld!
Damit haben wir aber noch nicht das Ende unserer Schwierigkeiten in Cala Figuera erreicht: am Dienstagmorgen schrammt ein ablegendes Fischerboot an unserem Heck vorbei und rasiert den Flaggenstock ab. Der Hafenmeister empfiehlt, auf die Rückkehr des Bootes zu warten und dann die Schadensregulierung mit dem Kapitän zu kläre, warnt aber gleichzeitig, dieser sei nicht so ganz zurechnungsfähig … diese Einschätzung finden wir leider am Nachmittag bestätigt: statt sich zu entschuldigen, erweist sich der Fischer als Psychopath erster Güte und droht damit, noch mehr Schaden anzurichten. Wir haben die Wahl, die Polizei zu rufen oder den Hafen vorm Ablegen der Fischerboote zu verlassen – wir wählen letztere Möglichkeit und legen am Mittwoch um kurz nach 3 Uhr in der Frühe ab, als sich der tagelange Sturm endlich gelegt hat.
Palma
Die Wellen sind noch ganz schön beachtlich, aber glücklicherweise nicht so kurz, und so kommen wir gut voran und erreichen wir am späten Mittag nach 38 Seemeilen Palma, die Inselhauptstadt. Schon aus der Ferne begrüßt einen die beeindruckende Kathedrale über dem sehr ausgedehnten Hafen – neben den Fähr- und Frachthäfen bieten hier 9 (!) Yachthäfen ihre Dienste an. Für einige davon sind wir mindestens 50 Meter zu kurz, und die meisten wollen wir nicht bezahlen; lediglich eine Marina, die als Heimatbasis für Charterboote errichtet wurde, füllt ihre in der Woche leerstehenden Plätze zu akzeptablen Tarifen mit Gastliegern auf. Da in den folgenden Tagen schon wieder Starkwind von 30 bis 40 Knoten angesagt ist, buchen wir uns für 4 Nächte ein und besuchen in den folgenden Tagen die Stadt.
Nach der Eroberung durch die Römer 123 v. Chr. war Palma über 5 Jahrhunderte wichtige Hafen- und Handelsstadt, bis die Stadt nach dem Untergang des römischen Reiches mehr und mehr an Bedeutung verlor und schließlich 903 unter maurische Herrschaft geriet. Dies führte zu einer Wiederbelebung unter islamischer Ausrichtung, bis die ganze Insel 1229 zurückerobert wurde. Zunächst ein eigenständiges Königreich, dann zu Aragon und schließlich zu Spanien gehörend, stellt heute – natürlich – der Tourismus das wirtschaftliche Fundament Mallorcas dar.
Neben der Kathedrale gibt es im Stadtbereich 31 weitere Kirchen und unzählige andere historische Bauten, wie den königlichen Palast, das Rathaus und die direkt vor der Marina gelegene, 1447 vollendete Seehandelsbörse Llotja de Palma; aber auch die engen, verwinkelten Gassen der Altstadt sind einen Besuch wert, und die vielen einladenden Restaurants (wir probieren eine köstliche Paella) und Cafés sowieso!
Cala Portals
Am Sonntag hat sich der Wind endlich gelegt, und wir können weiter; leider hat er sich so gründlich gelegt, dass wieder der Motor läuft: es scheint nur noch zu viel Wind oder gar keinen wind zu geben. Zu viel Strecke nehmen wir uns unter diesen Bedingungen nicht vor, nach nur 10 Seemeilen werfen wir in der Cala Portals den Anker.
Hier ist ganz schön was los: rund ein Dutzend Motor- und Segelboote ankern über die Bucht verteilt, und zahlreiche Sonnenhungrige liegen auf den warmen Felsen rund herum. Ach richtig, es ist Sonntag! Um 17 Uhr verlässt dann auch ein Boot nach dem anderen die Cala, bis wir schließlich allein sind.
Da wir auf passendes Wetter für die Überfahrt nach Ibiza warten und es uns in der Cala gut gefällt, bleiben wir gleich drei Nächte. So bleibt auch Zeit, eine kleine Wanderung entlang der Ufer der mehrarmigen Bucht zu unternehmen; dabei erkunden wir beeindruckend große Höhlen, die offenbar seit alter Zeit genutzt und erweitert wurden – ein kleines Abenteuer!
Port d’Andratx
Am Mittwoch den 11. März ziehen wir schließlich weiter zum Hafen von Andratx – bevor wir nach Ibiza übersetzen wäre eine Dusche ganz angenehm. Leider gibt es zwei unangenehme Überraschungen: zunächst weht der angekündigte Wind nicht, so dass wir weitere 12 Seemeilen motoren müssen (okay, das ist eigentlich keine Überraschung mehr), und dann sind die Duschen noch bis Freitag nicht zugänglich wegen Reparatur – dumm gelaufen. Bleibt nur, den Ort anzuschauen und ein paar Einkäufe zu erledigen.
Port d’Andratx wirkt sehr sauber und schick – kein Wunder, wohnt hier doch ein guter Teil der ‘Prominenz’. Man versucht sich deutlich vom Billigtourismus abzuheben, große Hotels sucht man hier vergeblich, dafür finden wir eine Menge Restaurants, Einrichtungsgeschäfte, Boutiquen und nicht zuletzt Immobilienmakler, die ihre Dienste ausschließlich auf Deutsch bewerben … alles klar. Die Lage des Ortes in einer großen, geschützten Bucht, offen zum Sonnenuntergang und mit bewaldeten Bergen im Hintergrund ist aber wirklich ganz reizvoll; wer gerade ein paar Millionen für eine Finca anzulegen hat, sollte Andratx ruhig in Erwägung ziehen.