Mytilini – Limenas Thasou (11.09. – 07.10.)

Marina Mytilini / Lesvos

Nach einem kurzen, ausgefüllten Sommer in Deutschland (der wenigstens im August auch als solcher zu erkennen war) freuen wir uns sehr, am Abend des 11. September wieder in Mytilini auf Lesvos zu landen – 8 Wochen dürfen wir auf der ‘Orion’ verbringen. Der Weg soll uns in diesem Herbst gen Norden führen, der Zwischenstopp zur Halbzeit ist in Kavala oder Umgebung an der Festlandküste geplant.

Erst mal aber gibt es – wie immer – eine Menge zu tun: die vorbereiteten und per Post geschickten Teile müssen montiert, die Vorsegel wieder angeschlagen, das Boot muss gewaschen und Proviant eingekauft werden. Bei alldem müssen wir uns erst mal wieder an die Temperaturen gewöhnen: am Mittag steigt das Thermometer deutlich über die 30° (in der prallen Sonne fühlt es sich noch viel heißer an), selbst die Nachttemperaturen fallen kaum unter 25°. Aber ab der zweiten Nacht bringen vier große Ventilatoren, die wir neu unter der Vorschiffluke montiert haben, wenigstens frische Luft unter Deck – eine deutliche Verbesserung; ein Boot wird eben nie fertig …

Nach getaner Arbeit lassen wir es uns aber sowohl am Donnerstag- wie am Freitagabend nicht nehmen, nochmal in die Stadt zu laufen – was haben wir die griechischen Kochkünste vermisst! Wir werden beide Male nicht enttäuscht – selbst im Zustand tiefer Erschöpfung (vielleicht auch gerade dann) macht Essen glücklich 🙂

Erstmals verlassen wir Mytilini in Richtung Norden, vorbei am Fährhafen und der Burg

Samstagmorgen sind wir dann eigentlich abreisebereit, müssen aber noch auf den Taucher warten, der endlich die seit gut zwei Monaten bemängelte Muringleine verlegen soll – bis dahin zeigte die nämlich im 30°-Winkel zur Nachbarbox und hat das Boot mit Gewalt auf den Fingersteg gezogen. Der kommt auch halbwegs pünktlich, es zieht sich dann aber alles doch noch hin. So ist es 12 Uhr durch, als wir die Marina verlassen können; einen weiten Weg haben wir uns nicht vorgenommen, 15 Seemeilen nördlich liegt die kleine, unbewohnte Inselgruppe der Aspronisia. Wir haben Glück, östlich der Insel weht der Wind aus Süd, und wir können uns unter Code 0 mit 4 bis 6 Knoten nach Norden tragen lassen. Am Himmel zeigen sich sogar mal ein paar Wolken, aber darum sind wir ganz froh!

Aspronisia / Lesvos
Abendstimmung über Lesvos

Gegen 17 Uhr ankern wir zwischen den ‘Weißen Inseln’ – tatsächlich bestehen diese aus sehr hellem Gestein, und entsprechend leuchtet auch das Wasser drumherum. Sehr geschützt liegt der Ankerplatz nicht, eher was für ruhiges Wetter – aber das haben wir ja. Zum Abend hin schläft der Südwind und die damit verbundene Windsee vorhersagegemäß ein, und wir verbringen eine ruhige Nacht – kurz unterbrochen vom Durchzug eines Regenfeldes zwischen 2 und 3 Uhr mit einigen Windböen, aber auch das war angesagt, und so haben wir rechtzeitig ein Sonnensegel übers Vorschiffluk gespannt, damit dieses auch während der Regens offen bleiben und Luft hereinlassen kann.

Anker- und Badespot vor Aspronisia

Am nächsten Morgen strahlt die Sonne wieder auf unsere Inseln; gleichzeitig kommt ein frischer Westwind auf – schlecht um weiterzufahren, aber gut um den Tag hier zu verbringen und sich erst mal etwas zu erholen. Die Umgebung bietet ideale Voraussetzungen: schöne Umgebung, tolle Farben, knapp 25° Wasser – und gut 30° Lufttemperatur, begleitet von einem frischen Wind, mit dem es sich gut aushalten lässt beim Abhängen und Chillen …

Mithymna / Lesvos

Montagmorgen zieht es uns dann aber weiter, es soll sogar der Wind etwas mitschieben, angeblich weht seit den frühen Morgenstunden Ostwind … am Ankerplatz haben wir nichts davon gemerkt, wir hatten eine sehr ruhige Nacht, und es herrscht erst mal Flaute.

Ruhig gleiten wir unter Code 0 gen Norden

Wir brechen also unter Motor auf, dürfen diesen aber nach kaum einer halben Stunde ausschalten: tatsächlich kommen um die 8 Knoten Ost auf und schieben uns unter Code 0 langsam um die Nordostecke von Lesvos herum – selten mit mehr als dreieinhalb Knoten, aber das macht nichts, wir haben es nicht weit, und das ruhige Dahingleiten durchs sonnenglitzernde Wasser tut uns gerade richtig gut.

Mithymna

Gegen 15 Uhr haben wir unser Ziel erreicht, den Hafen von Mithymna an der Nordküste. Der Ort selbst ist eine der größten Touristenattraktionen auf der Insel und in einen steilen Hang gebaut, von einer großen Burg bewacht; der Hafen liegt etwas abseits darunter. Aufgrund der Attraktivität befürchten wir viel Lärm und keinen Liegeplatz zu bekommen, aber beides erweist sich als unberechtigt: an der Innenseite der Außenmole finden rund 10 Boote einen Übernachtungsplatz mit dem Heck zur Mauer, und es sind nur rund halb so viele schon da; und rund um den alten Hafen reiht sich zwar eine Taverna an die andere, aber alle halten sich in Sachen Beschallung zurück – gut so!

Seit prähistorischer Zeit gibt es hier eine Siedlung, und seit rund dreitausend Jahren mischt die kleine Stadt auch kräftig in der Regionalgeschichte mit. Das Stadtbild ist seit dem Mittelalter kaum verändert, auch der aus dieser Zeit stammende Name Molyvos ist bis heute gebräuchlich. So viel es hier zu sehen gibt, so viele Menschen zieht dies auch an: sowohl die eigentliche Stadt im Hang als auch das Hafenviertel leben nur vom Tourismus. Dennoch, es ist nicht lärmig, nicht verbaut, nicht offensichtlich überteuert: wir genießen den Aufenthalt.

Magische Lichtstimmung am Abend

Am Abend werden wir zwar vom vorgesehenen Restaurant abgewiesen, weil alle Tische reserviert sind (aber praktisch zu 70% frei – wo nur Touristen unterwegs sind, halten eben auch solche Unsitten Einzug), aber wir essen statt dessen unten am Hafen lecker und reichlich (die wahrscheinlich größten Portionen, die uns je begegnet sind). Die Nacht ist mild und ruhig, kein Schwell stört die Boote – ein weiterer Pluspunkt.

Den ganzen nächsten Tag verbringen wir noch in Mithymna, planen wir doch, zum Abend abzulegen und in der Nacht nach Limnos überzusetzen: die Entfernung von 50-60 Seemeilen schaffen wir nur unter idealen Windbedingungen unter Tageslicht – und die haben wir natürlich nicht. Tagsüber gibt es mäßigen Nordwest, also Gegenwind für  uns; aber der Nacht soll es aber auffrischen und auf Nordost drehen – also Halbwind, das sollte passen!

So nehmen wir noch ein kleines Abendessen direkt am Fischerhafen ein und holen dann um 19 Uhr den Anker auf – gerade rechtzeitig vor Sonnenuntergang.

Paralia Parthenomitos / Limnos

Direkt nach Verlassen des Hafens rollen wir den Code 0 aus – die Windrichtung passt zwar noch nicht so recht, aber dafür segeln wir lautlos gen Westen in den Sonnenuntergang! Leider ist die Welle recht unruhig, und so werden wir ganz schön durchgeschüttelt; auch lässt der Wind immer mehr nach, je mehr wir uns in die Abdeckung der türkischen Küste begeben, und so müssen wir doch noch eine gute Stunde motoren, bis wir uns freigefahren haben.

Vom Mondaufgang über Lesvos …

Ab 22 Uhr aber ist dann alles, wie es sein soll: das Wellenbild ist deutlich ruhiger geworden, der Wind hat wie vorhergesagt auf Nordost gedreht und auf rund 4 Beaufort zugelegt. Wir machen mit dem großen Vorsegel sehr gute Fahrt, mit 5 bis 6 Knoten segeln wir durch die Nacht auf Limnos zu. Der Mond steht voll am Himmel, es ist fast taghell, das Boot rauscht durch die See – so muss das sein! Viele Tanker und Frachter kreuzen unseren Weg auf der Reise von oder nach Istanbul , wir queren die Ansteuerung zu den Dardanellen – das sorgt für etwas Abwechslung.

Gegen 3 Uhr frischt der Wind weiter auf, wir fahren sechseinhalb Knoten – so schnell wollen wir ja gar nicht sein! Wir reduzieren die Segelfläche, indem wir auf den Klüver wechseln; inzwischen haben wir vorsichtshalber etwas Höhe zum Wind aufgebaut, so dass wir abfallen können und schließlich sogar auf den Kutter wechseln, als es regelmäßig mit über 20 Knoten weht.

… bis zum Sonnenaufgang über Limnos

Pünktlich zum Sonnenaufgang erreichen wir nach 54 Seemeilen Limnos; wir haben uns für die Ankunft einen geräumigen Ankerplatz mit weitem Sandgrund im Golf von Moudhros ausgeschaut – Anker irgendwo fallen lassen, eingraben, und ab in die Koje … auch wenn die Nachtfahrt mit fast 5 Knoten Durchschnittsgeschwindigkeit zügig und problemlos gelaufen ist, war es doch zu unruhig, um viel Ruhe zu bekommen. Doch wir haben in weniger als einer Woche nach der Ankunft auf Lesvos ein gutes Stück Strecke Richtung Norden gutgemacht, das nimmt Druck aus dem Zeitplan – wir sind müde, aber zufrieden.

Paralia Mikro Fanaraki / Limnos

Nachdem wir uns an unserem ersten Ankerplatz auf Limnos den ganzen Tag und die ganze Nacht ausruhen konnten, haben wir am Donnerstagmorgen wieder genug Energie, um ein Stück weiterzusegeln – ein ziemlich kleines Stück allerdings 😉 Nach wie vor bläst frischer Nordost, so dass wir unter Klüver den Anker aufholen und der Küste ein Stück tiefer in den Golf von Moudhros folgen können. Schon nach anderthalb Seemeilen passieren wir einen anderen, schönen Ankerplatz, aber da können wir uns noch zurückhalten, nicht gleich wieder anzuhalten; nach drei Seemeilen allerdings kommen wir zur Fanaraki-Halbinsel, und hier müssen wir einfach bleiben: die Küste bietet Sandstrände, zerklüftete Felsen und auch grüne Vegetation (letztere fehlte vor Parthenomitos völlig), das Wasser leuchtet in schönsten Blau- und Türkistönen – ein ganz toller Spot!

Das Schnorcheln macht vor felsigen Küsten immer besonders viel Spaß, auch hier finden sich kleine Höhlen, in die man tauchen kann, sowie von Land kaum zu erreichende Privatstrände. Viele bunte Fische verstecken sich in den Felsspalten und lassen einen manchmal erstaunlich nahe herankommen – kein Wunder, dass manche sich hier ihr Abendessen mit der Harpune statt der Angel beschaffen … wir werfen auch den Grill an, erlegen aber nur einen Challoumi aus dem Kühlschrank.

Moudhros / Limnos

Eigentlich möchten wir gar nicht von diesem schönen Fleckchen weg, aber eine Woche nach Mytilini neigen sich langsam die Frischvorräte ihrem Ende entgegen, und so zieht es uns in den Hafen von Moudhros, wo es Restaurants und (kleine) Supermärkte gibt. Der Nordost ist unermüdlich, und nun müssen wir sogar ein Stück gegenan, aber weit ist es nicht: nach vier Seemeilen machen wir längsseits am Außenanleger von Moudhros fest. Der sieht zwar etwas nach Berufsschiffahrt aus, aber eine riesige Yacht aus Island liegt hier auch schon, und der Skipper versichert uns, dass es niemanden stört … na ja, uns wundert’s ja nicht mehr (ebensowenig wie der Umstand, dass niemand nach Liegegeld fragt).

Der Ort ist mir nicht mal 1000 Einwohnern nicht gerade eine Großstadt, aber dennoch das Zentrum der östlichen Inselhälfte und hat alles, was man zur Versorgung braucht: zwei gut sortierte Minimärkte, Apotheke, Post, Einzelhandel – und natürlich zahlreiche Cafés und Restaurants. Wir finden die Leute ausnehmend nett und freundlich – und das in einem Land, wo ohnehin alle ziemlich freundlich sind!

Uns gefällt’s jedenfalls, wir beschließen gleich zwei Nächte zu bleiben, versacken spontan in einem total netten Café und essen später sehr gut im Το κύμα (Die Welle) zu Abend, in einem schattigen, grünen Garten sitzend und mit Blick in den Sonnenuntergang – so langsam fühlt es sich wie Urlaub an 😉

Wird nie langweilig: Abendhimmel überm Golf von Moudhros

Besonders das Wetter finden wir diesmal richtig super: klar, alle Aktivitäten im Freien zwischen 9 und 18 Uhr führen zu sofortigen Schweißausbrüchen, aber mal ehrlich, das gehört im Süden ja auch irgendwo dazu – aber toll ist doch, dass man den ganzen Abend im T-Shirt draußen sitzen kann bei milder Wärme und in der Nacht auch noch vernünftige Temperaturen zum Schlafen bekommt (es kühlt sich inzwischen regelmäßig auf 20 Grad ab, und mit den neuen Lüftern schaffen wir es auch unter Deck auf 22 Grad). Und der klare Himmel zaubert die schönsten Lichtstimmungen, vom knalligen Blau des Meeres zur Mittagszeit bis zum unendlich weit und tief erscheinenden Abendhimmel in allen Pastelltönen – das anzuschauen wird nie langweilig!

Myrina / Limnos

Montagvormittag merkt man schon, dass der seit Tagen (und Nächten) blasende Nordost endlich nachlässt – für den Abend ist das Ende dieser Meltemi-Periode angesagt. Wir wollen die letzten Stunden nutzen und um die Südwestecke der Insel bis in den Hafen des Hauptortes segeln.

Der Plan geht auf: schon das Ablegen gelingt ohne Motor (wie gut, dass wir am Außenanlieger untergekommen sind …), und wir können stundenlang bei Raumschots- bis Halbwindkursen segeln. Der Wind schwankt zwischen 4 und 5 Beaufort, und Dank der Landabdeckung haben wir kaum Welle, so dass wir trotz kleiner Segelfläche (wir fahren nur unter Klüver – aus Faulheit) zügig unterwegs sind.

Leuchtfeuer auf Kobi an der Einfahrt in den Golf von Moudhros

An uns vorbei zieht eine praktisch unberührte Natur – in diesem Teil der Insel gibt es keine Bebauung; die Landschaft ist sehr trocken und somit natürlich recht lebensfeindlich, aber die vielen, zerklüfteten Felsen sind vom Wasser schön anzusehen.

Myrina voraus!

Erst nach dem Runden der Südwestspitze können wir den nötigen Nordkurs nicht mehr anlegen; wir machen einen Kreuzschlag rund eine Stunde hinaus in die offene See, fahren genau eine Wende – und stellen fest, dass wir damit genau bis zwischen die Molenhäupter des Außenhafens von Myrina segeln können! Nur für’s Anlegemanöver geht der Motor an – rückwärts vor Buganker, das kann man wirklich nicht segeln 😉

Am heutigen 22. September ist dieses Jahr Tagundnachtgleiche – um dieses astronomisch besondere Datum zu würdigen, suchen wir uns zum Abendessen ein Restaurant mit Westblick. Zwar müssen wir dann feststellen, dass der Burgberg kurz vor Sonnenuntergang doch etwas im Weg steht, dennoch erfreuen wir uns am Anblick der malerischen Farben von unserem Tisch in der ersten Reihe aus,  zwei Meter vom Wasser entfernt, und natürlich über das leckere Essen darauf!

Über Myrina wacht das audgedehnte und gut erhaltene Kastro

Genau drei Jahre ist unser erster Besuch in Myrina her – und wieder finden wir den Ort sehr einladend. Ganz anders als Moudhros, viel größer, quirliger, touristischer, aber auf eine angenehme Art; die beiden Inselhäfen ergänzen sich gewissermaßen.

Am Montag nutzen wir die Vorzüge der umfangreichen Einkaufsmöglichkeiten und schleppen allerlei Vorräte zum Boot – das sollte unseren Bedarf an haltbaren Lebensmitteln für die nächsten Wochen decken. Am Nachmittag erholen wir uns davon – und lassen uns von den Anlegemanövern der Charterboote unterhalten. Die Bedingungen sind nun wirklich nicht erschwert, es weht kaum Wind, und dennoch … zwei polnische Crews verbreiten totales Chaos und klemmen irgendwann quer zwischen ihren Nachbarbooten, sind aber lustig und gut drauf; ein deutsches Boot mit bajuwarischem Clubwimpel unter der Backbordsaling ankert quer über drei andere Ketten und reagiert nur arrogant, als es von den Nachbarn in recht angemessenem Ton (also mehr hilfsbereit als belehrend) darauf hingewiesen wird. Kurz und gut: Hafenkino!

Überhaupt ist es überraschend voll hier, zieht man in Betracht, dass man an den Ankerplätzen um die Insel kaum Boote sieht; das scheint teilweise daran zu liegen, dass es nicht nur uns gut hier gefällt: praktisch alle Boote außer den Charterern bleiben eine längere Anzahl von Tagen, dadurch ist sehr wenig Durchsatz. Der Außenhafen ist aber extrem weiträumig, man kann auch mit gutem Schutz durch die Molen vor einen schönen Sandstrand ankern und mit dem Beiboot anlanden, wenn alles voll sein sollte.

Paralia Mourtzephlos / Limnos

Am Dienstagmittag verlassen wir den Hafen von Myrina; wir wollen uns ein kleines Stück die Nordwestküste entlang verholen und an deren äußerstem Ende nochmal ankern, um eine gute Ausgangsposition zur Überfahrt auf die nächste Insel zu haben.

Leider verlässt uns erstmals auf diesem Törn das Windglück: ganz kurz stellt sich schwacher Westwind ein, wir entrollen auch sofort den Code 0, aber schon nach wenigen Minuten ist es wieder vorbei damit, und so legen wir die ganze Strecke unter Motor zurück – kaum 8 Seemeilen, das ist ja zu verschmerzen.

Felsenküste am Ankerplatz

Zum Ausgleich ist die Ankerbucht ganz toll: jede Menge Platz auf schönstem Sandgrund, und eine sehr dekorative Felsenküste. Wir schwimmen und schnorcheln, und das Unterwasserschiff wird weiter vom Bewuchs. Später heizen wir den Grill an und bereiten ein Abendessen nach griechischem Vorbild – frische Spanakopita haben wir vor dem Ablegen noch vom Bäcker in Myrina besorgt.

Stimmungsvoller Abendhimmel zum Sonnenuntergang

Der Sonnenuntergang mit Westblick ist spektakulär, ebenso wie der feuerrote Himmel danach; wie üblich wird es dann recht schnell dunkel, und bald leuchtet die Milchstraße hell über unserer Ankerbucht. Als wir dann auch noch Meeresleuchten ums Boot herum beobachten, fehlt wirklich nichts mehr – wir sitzen lange draußen, kalt wird es ja nicht, und selbst die Mücken lassen uns hier in Ruhe.

Später finden sich noch mehrere Fischerboote ein, die auch hier ankern und die Nacht verbringen, ehe es in aller Frühe wieder an die Arbeit geht – die wissen wohl, wo die guten Ankerplätze sind!

Kamariotissa / Samothraki

Wir entscheiden uns recht kurzfristig, als nächste Insel Samothraki anzusteuern: tagelang war für den heutigen Mittwoch südwestlicher Wind angesagt worden, was eine Überfahrt nach Thasos ermöglicht hätte; im letzten Moment ist dieser aber aus allen Modellrechnungen verschwunden – und wenn wir eh motoren müssen, dann ist es ja auch egal, in welche Richtung!

Le grand bleu: Samothraki erscheint am Horizont

Entsprechend verläuft der Tag: es regt sich wirklich kein Lüftchen, still ruht das Meer, und unbarmherzig brennt die Sonne auf das schutzlose Boot herab, während der Motor 10 Stunden dröhnt – vergessen wir diese Überfahrt lieber baldmöglichst. Immerhin: Probleme in dem Sinne gab es keine, und wir haben unsere maximale Höhe gen Nordosten erreicht, als wir am frühen Abend in den Hafen von Kamariotissa einlaufen und einen Liegeplatz längsseits bekommen – wir üben uns in Bescheidenheit und lassen den Abend bei Wein im Cockpit ausklingen.

Abendstimmung über Kamariotissa

Am nächsten Tag stehen zunächst (vermeintlich) kleinere Arbeiten an Bord an (natürlich dauert es länger), bevor wir in den kleinen Ort laufen und die Konditorei ansteuern – da wir vor drei Jahren schon mal hier waren, kennen wir ja schon unsere Anlaufstellen 😉 Das trifft auch für die Taverna zu, in der wir zu Abend essen; dort gibt es – natürlich – tolles Essen, aber als Alleinstellungsmerkmal auch einen lokalen Wein von der Insel, den der Besitzer im Kanister vom Bauern bekommt, also keine Handelsware. Dieser ist tiefstdunkelrot, körperreich und so intensiv aromatisch, wie kein anderer Wein, den wir hier irgendwo bekommen hätten – ein ganz besonderes Erlebnis, und das ohne irgendwelche Allüren, der herrliche Tropfen kommt im Halbliterkrug zu 5 Euro … sehr schwer, nach einem Krug aufzuhören!

Ruhige Morgenstimmung in der Chora

Freitag wollen wir uns sportlicher geben: wir fahren schon am Morgen mit dem Bus in die Chora hoch, laufen dort bergauf und bergab durch die alten Gassen, während der Ort langsam zum Leben erwacht und die alten Herren draußen vor den Cafés sitzen und ihren Morgenkaffee trinken (vielleicht ist auch schon der eine oder andere Morgenouzo dabei). Wir trinken Freddos mit herrlicher Aussicht über die hier im Inneren sehr viel grünere Insel und machen uns dann auf den einstündigen Weg zu Fuß herunter zur Küste – inzwischen geht es auf Mittag, es ist schon heiß.

Aussicht vom Kastro über die Chora und Umgebung

Unser Ziel ist die Ausgrabungsstätte des ‘Heiligtums der großen Götter’ mit dem angeschlossenen archäologischen Museum. Dieses ist nach dreizehnjähriger (!) Renovierungsphase frisch wiedereröffnet, und so bekommen wir eine Menge Exponate zu sehen, die uns bei unserem ersten Besuch hier vor drei Jahren entgangen sind.

Ausblick vom ehemaligen Standort der Nike über das Heiligtum

Die Ausstellung ist wirklich gut gemacht, und die Hintergrundinformationen helfen, den Aufbau und Zweck der umfangreichen Anlage besser zu verstehen. Hier wurden die Kabiren verehrt und man konnte sich in deren Mysterien einweihen lassen – Hingabe und Demut vorausgesetzt. Wie schon bei unserem ersten Besuch empfinden wir besonders die Lage vor den hochaufragenden Bergen als wichtigen Teil des Gesamterlebnisses – und das war damals sicher auch so.

Berühmtestes Fundstück ist die ‘Nike von Samothrake‘, eine herrlich gearbeitete Statue der Siegesgöttin; leider kann man diese nicht hier anschauen, wo sie hingehört, sondern muss dafür nach Paris fahren – wie viele Kunstwerke von enormer kulturgeschichtlicher Bedeutung aus Griechenland entwendet und nie zurückgegeben wurden, ist beschämend.

Nach dem Besuch der archäologischen Stätte nehmen wir einen Imbiss in einer kleinen, eher einfachen Taverna in der Nähe ein (wir sind die einzigen Gäste, wahrscheinlich den ganzen Tag) und machen uns dann auf die anderthalbstündige Wanderung zurück zum Hafen – gen Westen, immer genau in die Sonne!

Makryammos / Thasos

Am Samstagmorgen brechen wir relativ früh auf, denn für den Vormittag wird uns wenigstens noch etwas Wind für die Weiterfahrt nach Thasos versprochen – ursprünglich war mal tagelang von einem Nordost der Stärke 6 die Rede, aber diese Vorhersage wurde am Vortag schon auf eine 3-4 bis Mittag reduziert; nach der endlosen Motorfahrt drei Tage zuvor wollen wir das wenigstens mitnehmen.

Kurz nach 8 passieren wir die Hafeneinfahrt und warten nervös auf den Wind – bei dem Trend in der Entwicklung der Vorhersagen weiß man ja nie. Das Gebirgsmassiv hinter uns sorgt zunächst noch für Abdeckung, aber der durchaus merkliche Schwell lässt schon vermuten, dass da irgendwo Wind ist – oder auch nur in der Nacht war … aber nach einer halben Stunde bekommen wir tatsächlich eine 4-5, und der Motor hat Ruhe. Neben uns paddelt eine riesengroße Schildkröte – wenn das kein gutes Omen ist!

Anfangs machen wir 5-6 Knoten, aber der Wind lässt – wie angekündigt – ganz kontinuierlich nach. Bis 12 Uhr läuft es noch gut, dann noch eine gute Stunde Schleichfahrt, doch schließlich muss der Diesel wieder ran; aber wenigstens die Hälfte der Strecke haben wir so segeln können, man wird ja bescheiden.

Gegen 17 Uhr erreichen wir die Nordostküste von Thasos; an der Südostspitze wären wir deutlich früher gewesen, aber für den Sonntag ist eine instabile Wetterlage angesagt, und die Meerenge zwischen Insel und Festland erscheint uns am sichersten.

Prächtige Farben: Makryammos auf Thasos

Die angesteuerte Ankerbucht hat eine wundervolle Farbe: auf Thasos gibt es sehr viel weißen Marmor, und der Sand dieser Bucht scheint größtenteils daraus zu bestehen. Dazu die grünen Pinienwälder, die hier bis zum Wasser herunterreichen – ein prächtiges Farbenspiel!

Wir verbringen eine ruhige Nacht, und nach dem morgendlichen Bad holen wir die neuen Wettervorhersagen ein: im Laufe des Nachmittags wird ein Frontendurchzug mit Regen, Gewitter, Starkwind und schnellen Änderungen der Windrichtung erwartet. Wir überlegen lange, wo wir das abwettern können, und kommen wieder zu dem Schluss, dass es zwischen Insel und Festland noch am ruhigsten zugehen sollte – im Westen der Insel soll es mit 30 Knoten aus Nordwest wehen, im Osten mit 25 Knoten aus Nordost. Irgendwo im Norden werden die erzeugten Wellenssysteme sich treffen, aber wo und wann genau … wir beschließen, dass wir genausogut hier bleiben können und abwarten, wie es sich entwickelt; im Zweifelsfall könnten wir jederzeit den Anker aufholen und vor unangenehmer See aus Ost nach Westen ablaufen (um da dann irgendwo auf die See aus West zu stoßen). Ja, auch das Leben im Paradies hat seine schwierigen Tage mit schwer zu treffenden Entscheidungen 😉

In der Tat wird es am späten Abend holprig, und bleibt es auch die ganze Nacht; es weht kaum Wind dabei, unter Sicherheitsaspekten ist die Lage unbedenklich, nur der Schlaf gerät nicht besonders erholsam …

Keramoti

Entsprechend fällt uns uns am nächsten Morgen nicht allzu schwer, und vom schaukeligen Ankerplatz zu verabschieden – obwohl der Schwell schon wieder merklich zurückgegangen ist, wirklich unangenehm war eben nur die Nacht …

Nur eine kurze Überfahrt trennt uns vom Festland; nächstgelegenes Ziel ist der Fährhafen Keramoti, von hier gehen die Fähren nach Thasos, und auch der Flughafen von Kavala liegt in der Nähe – eben darum wollen wir uns den Hafen auch schon mal anschauen, denn in einer Woche werden wir ihn brauchen.

Unser Liegeplatz in Keramoti – die Fähren kommen und gehen halbstündlich …

Der Ort ist ziemlich überschaubar, die Touristen kommen hier hauptsächlich aus den nördlichen Nachbarländern – deshalb sind die Speisekarten in den Restaurants der Einfachheit halber auf Russisch, das können alle. Die Hotels gehören nicht eben der Luxusklasse an – ein Fährhafen eben, nicht besonders pittoresk, aber für uns praktisch gelegen. Die Liegeplatzsituation gestaltet sich nicht so einfach, praktisch alle Plätze am Gemeindeanleger sind von einem Charterbetrieb reserviert, und an der Fischerkade liegen die Boote schon im Päckchen. Wir finden den einzigen freien Platz längsseits vor einem Café – ob der aber auch in einer Woche zur Verfügung stehen wird, kann uns niemand versprechen.

Es gibt aber gute Einkaufsmöglichkeiten, eine gute Konditorei und ordentliche Tavernas – wer hätte das gedacht 🙂

Skala Kallirachis / Thasos

Dienstagmorgen haben wir genug gesehen – die nächsten Tage wollen wir auf Thasos verbringen. Viel Wind wird uns nicht versprochen, und es sind auch gerade mal 5 Knoten aus Nordost, als wir nach Verlassen des Hafens den Code 0 ausrollen. Es ist der erste Oktober, und die Kaltfront von vorletzter Nacht hat einen Temperatursturz mit sich gebracht: es hat nur noch gut 20 Grad, im Schatten (wenn man welchen findet) kann man es sogar im T-Shirt aushalten! Aber zum Ende der Woche sollen die Mittagstemperaturen schon wieder auf die 30 Grad zugehen, vom Ende des Sommers kann also noch keine Rede sein.

Thasos, grün und bergig

Zwei Stunden dümpeln wir mit kaum 2 Knoten vor uns hin (es steht immer noch beachtlicher Schwell, der das große Segel regelmäßig einfallen lässt), aber unsere Geduld wird belohnt: als wir näher an Thasos kommen (welches sich herrlich grün und bewaldet präsentiert) legt der Wind bis auf über 10 Knoten zu – wahrscheinlich ein lokaler Effekt bedingt durch den Bergrücken auf der Insel. Wir beschleunigen kräftig und erreichen so schon am späten Mittag den Fischerhafen von Skala Kallirachis.

Der Hafen von Skala Kallirachis

Der Hafen gehört (wie der Namensbestandteil Skala = Treppe verrät) zum einige Kilometer entfernt und ebensoviele hundert Meter höher gelegenen Bergdorf Kallirachi, eine auf den ägäischen Inseln häufig anzutreffende Kombination, die aus den Zeiten häufiger Piratenüberfälle stammt – die höheren Lagen waren besser zu verteidigen, am Meer standen nur die Bootsschuppen.

Viel los ist hier auch heute noch nicht, der Ort ist wirklich klein, der Hafen allerdings recht umfangreich – und selbstredend kostenlos, selbst einen funktionierenden Stromanschluss gibt es. So bekommen unsere Batterien mal wieder eine Vollladung – es ist unser erster Landstrom seit dem Aufbruch in Mytilini, mit den Lithiumzellen und Solarpanels kommen wir also sehr gut zurecht.

Es gibt nur eine richtige Taverna, aber die macht zum Glück irgendwann nach 19 Uhr auf, und so bekommen wir auch hier ein gutes Abendessen; wir sind die einzigen Gäste, die Saison ist definitiv vorüber.

Paralia Salonikios / Thasos

Für die Nacht von Mittwoch auf Donnerstag ist endlich mal sehr geringer Schwell angesagt, also wollen wir unbedingt eine schöne Ankerbucht finden. 13 Seemeilen entfernt liegt kurz vor der Südspitze der Insel der Strand von Salonikos – klein und von Land nur auf einer Schotterpiste zu erreichen, also ohne großen Badebetrieb. Wir verbringen mehrere Stunden mit dem Versuch, die nicht gerade große Distanz zu segeln, aber Wind will sich selbst am Nachmittag,  wo sich normalerweise die Thermik durchsetzt, nicht einstellen – wohl der Preis für den geringen Schwell.

Kleines Paradies: Paralia Salonikios

Gegen 15 Uhr erreichen wir unser Ziel – und stellen fest, eine gute Wahl getroffen zu haben: tolle Felsen, durchzogen von Marmorbändern, schließen einen kleinen Strand ein, hinter dem sich ein Pinienwald erstreckt. Der Grund weist viele felsige Bereiche und große Seegrasteppiche auf, kein einfacher Ankergrund; wir platzieren den Buganker auf einem Sandflecken und bringen zusätzlich den Heckanker aus, um das Boot in der nicht eben geräumigen Bucht auf der Stelle zu halten.

Keine Frage, dass hier geschnorchelt werden muss: die zerklüfteten Felsen sehen unter Wasser genauso interessant aus wie über Wasser, und wie immer sind viele Fische unterwegs. Besonders faszinieren uns riesige Schwärme ganz kleiner Fische, nur wenige Zentimeter lang, die sich aber als Schwarm von 10 Metern Durchmesser wie eine Einheit bewegen. Es müssen tausende Fischchen sein, durch die man sich unter minimalen Flossenschlägen treiben lassen kann – sind die Bewegungen hinreichend langsam, schließt sich der Schwarm einfach um den Schwimmer. Ganz anders sieht es aus, wenn eine große Goldmakrele erscheint: da kocht das Wasser, weil der ganz Schwarm versucht, sich durch Sprünge in die Luft zu retten.

Am Abend wird es wirklich sehr ruhig, und wir können bei Abendessen vom Grill den Sonnenuntergang über der Athos-Halbinsel am Horizont bewundern; den heiligen Berg selbst sehen wir eher im Südwesten, noch halb vom Land verdeckt. Die Farbabstufungen zum Sonnenuntergang und in der Stunde danach sind sensationell – was klare Luft und nicht vorhandenes Umgebungslicht doch alles möglich machen!

Limenaria / Thasos

Wie versprochen wird die Nacht sehr ruhig; gerne würden wir an diesem Ankerplatz noch einen oder zwei Tage bleiben, aber die Wettervorhersagen für die kommende Nacht sind nicht mehr so positiv – es zieht eine Südwindlage auf, der Sirokos (bei uns besser bekannt unter seinem italienischen Namen Scirocco) bringt schwül-warme Luft, Saharastaub – und eine Menge Schwell, die Anlaufstrecke von Nordafrika bis Thasos ist ganz schön lang. Notgedrungen machen wir uns also auf den Weg zurück entlang der Westküste; Ziel ist der zweitgrößte Hafen der Insel, Limenaria.

Drückende Wolken über Limenaria

Diesen erreichen wir am frühen Nachmittag; gleichzeitig zieht sich der Himmel zu, und die Hitze wird immer drückender. Da man bei jeder Bewegung zerfließt, unternehmen wir nicht viel – nur die Erkundung der kulinarischen Angebote von Limenaria darf natürlich nicht fehlen; ansonsten ist der Ort aber auch hinsichtlich Größe und Angebot überschaubar.

Limenas Thasou / Thasos

Freitagmittag setzen wir die Reise zurück nach Norden fort; zwanzig Seemeilen sind es bis zum Hauptort und -hafen der Insel, Limenas. Dafür versprechen die Meteorologen etwas Südwind am Nachmittag – bislang haben wir nur die feuchte Luft und den Schwell der Südlage abbekommen. Wir warten bis zum Mittag, bevor wir den Hafen verlassen, und können auch tatsächlich knapp die Hälfte der Strecke schön segeln; der Wind erreicht in den Spitzen fünf Windstärken – bevor wir in die Abdeckung des Inselgebirges segeln und es schlagartig vorbei ist damit. Wenigstens kommt der Schwell von hinten, und so wir motoren zügig …

Um 18 Uhr sind wir längsseits fest im ausgedehnten Hafen von Limenas – was auch einfach nur Hafen heißt. Im 5. vorchristlichen Jahrhundert war der Ort die blühende Hauptstadt eines selbstständigen Inselstaates mit mächtiger Stadtmauer und zahlreichen Toren, befestigtem Hafen, prächtigen Tempeln und einem großen Theater, bewohnt von 20.000 Menschen; im 7. Jahrhundert nach Christus nur noch ein menschenverlassenes Trümmerfeld.

Die antike Agora von Limenas

Wie üblich wurden im Mittelalter neue Befestigungen auf (und aus) den antiken Bauwerken errichtet, die inzwischen natürlich auch wieder zerfallen sind. Die heutige Stadt lebt vom Tourismus, die Mehrzahl der Gäste kommt aus den Balkanstaaten, wie schon in Keramoti festzustellen war.

Am Samstagvormittag erledigen wir ein paar Einkäufe (hier gibt es drei große Supermärkte), bevor wir uns am Nachmittag auf eine Wanderung auf die den Ort überragende Anhöhe begeben.

Das beeindruckend große Theater

Eine schweißtreibende Angelegenheit bei der immer noch feuchten Hitze, aber wir werden mit einem sehr schönen Weg belohnt, der langsam durch den Pinienwald aufsteigt. Als erstes passieren wir das Theater: an der Anzahl der Sitzreihen kann man ermessen, wie viele Menschen hier früher mal gelebt haben; und was für eine Aussicht übers Meer man hatte!

Als nächstes erreicht man die Überreste der venezianischen Festung, errichtet auf den Resten der antiken Akropolis. Man muss kein Experte sein, um die Trümmer den richtigen Epochen zuzuordnen: Mauern aus perfekt und fugenlos zusammengefügten Blöcken, mit meterlangen Kanten und viele Tonnen schwer, stammen aus der Antike; Mauern aus kleinen Bruchsteinen, mit viel Zement zusammengeklebt, aus dem Mittelalter. Eindrücklicher kann man nicht vor Augen geführt bekommen, dass die Entwicklung von Zivilisation und Kultur keineswegs immer geradlinig verlaufen ist …

Antikes Tempelfundament, dahinter Ruinen der venezianischen Burganlage

Auf der nächsten Anhöhe findet sich ein sehr gut erhaltenes Tempelfundament; die gewaltigen Steinblöcke, welche sich viele Meter über die natürliche Form der Bergkuppe erheben, schaffen eine Grundfläche für den Tempel, die auch zweieinhalbtausend Jahre später noch perfekt plan liegt.

Ausblick über Limenas

Neben den Bauwerken lohnt sich der Aufstieg natürlich auch für die Aussicht: man hat einen tollen Ausblick über die Stadt und das Umland. Auf der anderen Seite des Akropolis-Berges entdecken wir aus der Vogelperspektive eine wunderschöne Bucht, zu der keine Straße führt – die wollen wir uns am nächsten Tag mal näher anschauen …

Erst mal aber machen wir uns an den Abstieg, kühlen uns mit Freddos ab und suchen uns dann was für’s Abendessen – gar nicht so einfach wie sonst, der preisorentierte Tourismus führt zu unglaublichen Auswüchsen: wir finden doch tatsächlich ein Lokal, das Pommes aus Tiefkühlware anbietet – das mag man bei uns normal finden, hier ist es ein absoluter Skandal (was man schon daran merkt, dass es auszeichnungspflichtig ist – in Restaurants wird geKOCHT!)  und uns noch nirgendwo begegnet.

Keramoti

Der folgende Sonntag ist der letzte Tag der ersten Hälfte unseres Herbsttörns, daher müssen wir wieder nach Keramoti auf dem Festland übersetzen, denn der Flug am Montagmorgen geht recht früh. Endlich sind wir die schwül-warme Luft und die drückenden Wolken los, es setzt sich wieder richtig schönes Wetter durch – da wollen wir doch mit dem Tag noch etwas anfangen, hat uns doch der Südwind die Ankerpläne für die vergangene Woche ganz schön durcheinander gebracht! Wir verlassen also am späten Morgen den Hafen und biegen erst mal rechts ab – wie wollen uns die herrliche Bucht mal aus der Nähe ansehen, die wir gestern von der Akropolis aus gesehen haben. Anderthalb Seemeilen sind es dahin, dennoch ist es völlig einsam, man ahnt nicht, dass gleich über den Hügel Limenas liegt – wo keine autogängige Straße hinführt, trifft man auch keine Menschen mehr.

Traum in Türkis – die Ankerbucht …

Zugegeben, der Zugang von Land zum Wasser ist auch nicht einfach: es gibt überhaupt keinen noch so kleinen Strand – aber das ist einem ja egal, wenn man mit dem Boot ankommt. Und der Ankerplatz ist einfach spektakulär: eine riesige Sandfläche, weiß und fein, mit gleichmäßigen Tiefen von 3 bis 5 Metern und einem geradezu unwirklichen Türkis! Die von den feinen Wellen auf der Wasseroberfläche gebrochenen Sonnenstrahlen werfen ein sich ständig veränderndes Muster auf den Sandboden, die See scheint zu leuchten. Umgeben ist die Bucht von zerklüfteten Felsen in warmen Umbratönen, dahinter zieht sich ein sattgrüner Pinienwald die Hänge hoch – wirklich, Farben können die hier!

… unter der Akropolis

Auch zum Schnorcheln ist es toll hier: bei 24° Wassertemperatur kann man beliebig lange die Felsspalten am Ufersaum erkunden, wo sich alle möglichen Fische und sonstige Meeresbewohner tummeln. Das umgebende Gestein muss glimmerhaltig sein: der weiße Sand enthält silbrige Blättchen, die in der Sonne funkeln; wühlt man den Sand mit den Flossen auf, glitzert es wie das Lametta am Baum! Am Rande zieht sich ein Riff etwas hinaus; dort branden die Wellen an, und unter Wasser sieht man tausende kleine Luftblasen einen Reigen tanzen. Dahinter fällt der Grund schnell ab, ein dunkles Blau zieht einen hinunter. Ein gewisses Risiko gibt es natürlich beim Schnorcheln im Riff: die von einer großen Welle verursachten Strömungen können einen auch schnell mal auf den nächsten Seeigel setzen, aber das muss man eben in Kauf nehmen 😉

Wir können uns kaum losreißen, aber wir müssen ja noch nach Keramoti: um 18 Uhr erreichen wir nach anderthalbstündiger Überfahrt (unter Segeln!) den Fährhafen und finden diesmal einen Liegeplatz an der Fischerpier. Ein letztes Abendessen runden den Tag und die erste Törnhälfte ab; leider folgt dem keine gute Nacht: wind- und schwelltechnisch ist es zwar an der Pier absolut ruhig und sicher, aber dass die ganze Nacht große Trawler lautstark kommen und gehen, um ihren Fang in bereitstehende Kühllaster zu laden, damit haben wir in dem Umfang nicht gerechnet …