Læsø und Limfjord (28.08.-06.09.)

Nach einem Hafentag, an dem wir eine Störung mit bis zu neun Windstärken durchziehen lassen, brechen wir jedoch auf, die Zeit drängt. Unser neues erstes Ziel in Dänemark ist Læsø, eine der beiden dänischen Inseln im Kattegat. Doch wie befürchtet geht es den ganzen Weg nach Læsø gegen Wind und Welle und entsprechend langsam; zum Glück ist es aber nicht so weit, nur 25 nm. Die letzten Meilen können wir abfallen und endlich angenehmer segeln, und so machen wir schließlich in Østerby fest, dem Hafen auf der Ostseite von Læsø. Es gibt noch einen zweiten Hafen auf der Westseite der Insel, der (Überraschung) Vesterø heißt. So einfach geht das.

Hier liegen wir gut, der Hafen ist Ende August ziemlich leer. Da die Wetteraussichten alles andere als berauschend sind, entschließen wir uns hier auch, den Plan zu ändern und nicht über den Nord-Ostsee-Kanal, sondern über den Limfjord auf die Nordseeseite zurückzukommen. Zum einen befürchten wir, dass es einfach zu lange dauern wird, sich das ganze dänische Inselmeer nach Süden zu hangeln, wenn man immer nur Gegenwind und -strom hat (im Kattegat setzt meist ein Strom nach Norden), zum anderen ist das Risiko nicht so klein, später in der Elbmündung festzusitzen … wie so mancher aus eigener leidvoller Erfahrung wissen wird, kommt man da bei auslaufendem Wasser nicht mehr raus, sobald etwas stärkerer westlicher Wind weht und gegen den Strom steht. Und im einsetzenden Herbst sind Westwindlagen alles andere als unwahrscheinlich. Und so denken wir uns, dass wir uns lieber beeilen, nach Thyborøn, auf der Nordseeseite des Limfjords zu kommen, um dort dann in Ruhe auf einen günstigen Zeitpunkt für den Absprung zu warten.

Zunächst aber legen wir einen Hafentag ein und holen die Fahrräder raus. Damit kann man im flachen Læsø, das große Ähnlichkeit mit den Nordseeinseln hat, viel mehr anfangen als in Norwegen. Die Insel gefällt uns gut, ist für eine Radtour genau richtig von der Größe und ziemlich abwechlungsreich mit ganz unterschiedlichen Landschaftstypen. Wir fahren bis auf die andere Seite der Insel und schauen uns auch den anderen Hafen an, finden aber “unseren” irgendwie netter, auch wenn sie sich ziemlich stark ähneln. Das Besondere ist, dass am Straßenrand unzählige kleine Holzbüdchen stehen, in denen die Einheimische alles mögliche per SB-Prinzip verkaufen: Schmuck, Kartoffeln, selbst gesammelte Pfifferlinge. Nun, bei letzeren können wir natürlich nicht widerstehen: ganz frisch und sehr, sehr lecker – und der Preis ist auch absolut konkurrenzfähig. So werfen wir also unsere Münzen in die Geldkasette und suchen uns das schönste Schälchen mit Pilzen aus.

Am nächsten Tag dann steht ein ganz ordentlicher Schlag nach Hals, dem östlichen Zugang zum Limfjord, an. Aber, wie wir es ja schon nicht anders erwarten: Gegenwind. Zusammen mit dem Gegenstrom aus der Ostsee heraus kommen wir trotz vollem Motoreinsatz teilweise kaum über drei Knoten Fahrt hinaus und fürchten schon, bis tief in die Nacht unterwegs zu sein. In unserer Verzweiflung versuchen wir, dem Strom zu entgehen, indem wir näher an der Küste entlangfahren und uns dafür in den Bereich der zahlreichen Stellnetze wagen; und tatsächlich, so geht es ein wenig schneller voran und wir sind zumindest noch rechtzeitig in Hals, einem recht geschäftigen Städtchen, um im Supermarkt ein Abendessen zu erstehen.

Am nächsten Tag geht es in den Limfjord, den wir zum ersten Mal sehen. Wir sind gespannt, müssen aber erst mal den langweiligen, schnurgeraden Teil passieren, bevor das Gewässer sich auf große Wasserflächen öffnet mit Inseln und Natur. Am ersten Tag aber ist Kanalfahrt angesagt, mitten durch Aalborg hindurch (die Stadt mit dem Aquavit). Das läuft alles recht flott, und auch das Öffnen der beiden Brücken ist kein Problem, obwohl eine davon eine Hauptverkehrsachse durch die Stadt ist.

Auf Livø

Wir kommen bei achterlichem Wind und Strom so gut voran, dass wir spontan weiter fahren als ursprünglich geplant und auch noch die dritte Brücke passieren und in Livø festmachen, einer ganz kleinen Insel, die in unsererm Törnführer in überschwenglichsten Tönen gelobt wird. Und schon das Hafenbecken ist ein echtes Erlebnis: es ist nicht viel größer als die ‘Orion’ und wir können uns kaum vorstellen, wie sich hier im Sommer dutzende von Booten hineinquetschen. Die müssen alle deutlich kleiner sein! Auch die Insel gefällt uns, früher war hier eine “Nervenheilanstalt”, heute ist in den Gebäuden eine Jugendherberge untergebracht, sonst gibt es bloß viel Wald und Landwirtschaft, von der die Insel sich früher selbst versorgt hat. Da wir in Eile sind, können wir nicht lange bleiben, aber am nächsten Vormittag drehen wir eine kurze Runde und sind besonders vom grünen, üppigen Hexenwald angetan. Hier würden wir sicher noch einmal wiederkommen wollen.

Die Oddesundbrücke

Dann aber geht es weiter, denn wir müssen unbedingt so weit wie möglich nach Südwest kommen, bevor der Wind dreht und zu Gegenwind wird (und das ist natürlich schon vorhergesagt). So kommen wir bei Flaute am nächsten Tag bis Oddesund, wo das Fahrwasser des Limfjords einen deutlichen Knick macht und von da an Richtung Nordwest führt. Um uns herum typische dänische Kulturlandschaft, viel Grün, wenige Menschen. Leider können wir mit unserem Tiefgang das Hauptfahrwasser kaum verlassen, aber für kleinere Boote ist das sicher ein tolles Revier. Ähnlich wie im Ijsselmeer sind die Wege nicht weit, egal wohin man will, aber es ist hier wohl auch in der Hochsaison nicht ganz so überfüllt.

In Oddesund selbst ist nicht viel, einen Ort finden wir nicht, dafür ist das Vereinsheim ganz schön. Am nächsten Tag dann steht das letzte Stück Limfjord an und da der Wind wie versprochen auf Südwest gedreht hat, können wir segeln. Das ist so schön, mal dem Motor nicht beim Dröhnen zuhören zu müssen … wir kommen so schnell voran, dass wir schon mittags in Thyborøn ankommen. Beim Näherkommen sieht der große Industrie- und Fischerhafen ja nicht gerade einladend aus doch das täuscht, das nördlichste Hafenbecken, welches für die Sportboote reserviert ist, ist ganz gemütlich und man bekommt nicht allzu viel vom restlichen Hafenbetrieb mit (bis auf den Fischgeruch, der des öfteren über allem liegt). Der Clou ist das große, neue und gemütliche Vereinsheim mit vollverglastem Aufenthaltsraum mit Meerblick und voll ausgestatteter Küche. Außerdem gibt es eine kostenlose Waschmaschine und Trockner. Hier kann man es sich bei Schietwetter schön gemütlich machen, was sicher besonders schön ist, wenn man mit einem ganz kleinen Boot unterwegs ist.

Und nun ist Warten angesagt. Erst mal sind die Wetteraussichten auf absehbare Zeit nicht gut, ein echter Sturm zieht auf, viel Wind, viel Regen. Wir schlagen die Zeit tot, waschen Wäsche, freunden uns mit zwei weiteren deutschen Seglern an, die wie wir auf den Absprung warten, klönen, trinken Tee, schnacken, schauen uns die Stadt an. Eine Radtour machen wir auch, die jedoch dank ordentlichem Gegenwind deutlich kürzer ausfällt als geplant. Als die Sturmfront durchzieht (Böen bis 10 Bft!) haben wir auch noch einen Verlust zu beklagen: die Windfahne von unserer Selbststeueranlage hat es doch glatt abgerissen, und das im Schutz der Hafenmauer, Ersatz haben wir keinen dabei, aber bei einem Holzbootbaubetrieb im Ort versuchen wir unser Glück und obwohl es Samstag ist und wir die Herren beim Frühstück stören, ist man sehr nett und sägt uns ein passendes Stückchen Sperrholz zu. Überhaupt gibt es in Thyborøn vermutlich so ziemlich jeden Bootsfachmann, den man sich vorstellen kann, wenn mal etwas kaputt gehen sollte.