Nach der anstrengenden Überfahrt schlafen wir uns erst mal aus und erkunden dann den Ort, um unsere Vorräte mit lokalen Spezialitäten zu ergänzen. Am Nachmittag wollen wir auch noch die weitere Umgebung erkunden und unternehmen eine Wanderung in ein nahegelegenes Naturschutzgebiet, welches allerdings – anders als man es in Deutschland erwarten würde – nicht wirklich auf Besucher eingerichtet ist und keinerlei ausgezeichnete Wege aufweist. So kämpfen wir uns durchs Unterholz, um am Ende doch umdrehen zu müssen; die Zecken fühlen sich dort allerdings sehr wohl …
Mandal ist nett, aber eigentlich zieht es uns ja in die Natur, also brechen wir am nächsten Tag wieder auf. Wir haben uns eine Bucht zum Ankern ausgeschaut, die nur wenige Seemeilen entfernt ist und das Wetter hat sich prächtig entwickelt, so dass wir bei strahlend blauem Himmel und perfektem Wind rübersegeln können, immer mit Blick auf die sattgrünen Wälder der Küste. Und dann in der Bucht erleben wir zum ersten Mal etwas, das einem – besonders als Wattenmeersegler, der sich immer zwischen Untiefen hindurchschlängelt – kaum in den Kopf gehen mag: wir können in der Bucht längsseits am Land festmachen! Die Felsen sind so steil, dass man immer noch sechs Meter Wasser unterm Kiel und außerdem keine Probleme beim Abfendern an Land hat. Bemerkenswert, in der Natur fast noch besser und sicherer zu liegen als im besten Hafen, denn die hohen Felsen schützen auch optimal vor Wind.
Auch am nächsten Tag haben wir besten Segelwind aus Nordwest bei strahlendem Sonnenschein. Wir folgen der Küste Richtung Osten, lassen Kristiansand links liegen und steuern einen in der Seekarte vielversprechend aussehenden Liegeplatz an. Dieser erweist sich jedoch als schlecht geschützt und mit viel Durchgangsverkehr, so dass wir weiterziehen und schließlich am Abend im klaren Wasser der Skolhusbukten bei Sandøya ankern.
Am folgenden Morgen weht kaum ein Lüftchen, aber das macht uns nicht viel aus, da wir ohnehin unter Motor durch die Blindleia fahren wollen, eine Art natürlicher Kanal zwischen der norwegischen Küste und den vorgelagerten Schären, die nur ein teilweise weniger Meter breites Fahrwasser lassen, um dann wieder geräumige Buchten zu umschließen. Dort haben die Schönen und Reichen Norwegens ihre Sommerhäuschen stehen, in den besten Baulagen (auf Felsenklippen, mit Holztreppe zum eigenen Bootsanleger) natürlich. In der Hochsaison ist hier sicher auch irre viel los, aber im August ist ja in Skandinavien der Sommer eigentlich schon vorbei, so dass wir ziemlich ungestört durch die Blindleia fahren können. So können wir ganz in Ruhe mit großen Augen staunen und besonders langsam durch die Engstellen fahren, bei denen die Felsen rechts und links fast in Reichweite sind und man dem Echolot kaum glauben mag, wenn es noch mehrere Meter Wasser unterm Kiel anzeigt.
Am Nachmittag suchen wir Schutz längsseits am Felsen von Justøya in der Bucht von Mortensholmen, da für die kommenden Tage schlechteres und windigeres Wetter angesagt ist. Erst mal aber erkunden wir die Insel, finden den Dorfladen schon für dieses Jahr geschlossen vor und trauen uns – verschwitzt von der kleinen Wanderung – zu einem Bad ins fast 20 Grad warme (?) Wasser. Der Abend schenkt uns einen traumhaften, völlig wolkenlosen Sonnenuntergang.
Am folgenden Tag zeigt sich der Himmel in der Tat bedeckt, was uns aber nicht davon abhält, die Insel zu erkunden. Wir finden unglaubliche Mengen Heidelbeeren (die sofort zu Muffins verarbeitet werden) und einen beeindruckenden Süßwassersee, umgeben von zig Meter hohen Steilwänden mitten auf der Insel. Überhaupt macht es Spaß, auf eigene Faust über die Insel zu streifen, oft auf nur ganz schmalen Fußpfaden.
Man könnte es hier länger aushalten, doch da nach einigen Tagen in der Natur die Batterien langsam eine neue Ladung brauchen und der Generator noch nicht einsatzbereit ist müssen wir am folgenden Tag einen Hafen aufsuchen und fahren so im strömenden Regen die kurze Strecke nach Lillesand. Am Nachmittag erledigen wir dort Einkäufe, länger als nötig wollen wir aber nicht bleiben, denn wir liegen durch den ständig durch den Hafen rollenden Schwell sehr unruhig. So fahren wir am nächsten Tag weiter nach Homborsund, einen viel kleineren Hafen mit Gästeanleger, der – jahreszeitlich bedingt – schon kostenlos zu nutzen war.
Hier warten auf eine günstige Gelegenheit zum Absprung nach Schweden – und die lässt auf sich warten! Kaum verlässt man sich darauf, dass der Wind aus der vorherrschenden Richtung (also West) weht, bekommen wir wochenlang Ostwind. Es tröstet uns auch nicht so wirklich, dass die Einheimischen uns erzählen, dass sie so etwas noch nie erlebt hätten, erst recht nicht im August; so warten wir letzten Endes mehrere Tage bis der ziemlich kräftige Ostwind nachlässt. Immerhin bringt die Wetterlage mit sich, dass der Himmel von einem unfassbaren Blau ist und wir Sonne ohne Ende bekommen. Wir erkunden die Halbinsel, die unsere Bucht von der offenen See trennt; dort finden wir zur Abwechslung mal ein ausgezeichnetes Wegenetz durch die Heide- und Felslandschaft vor. Um uns die Zeit zu vertreiben, machen wir auch eine Radtour nach Grimstad, um unser letztes norwegisches Geld gegen lokale Spezialitäten zu tauschen – ein mühsames Unterfangen, ist doch selbst der Süden Norwegens recht bergig. Aber da das Wasser um diese Jahreszeit für norwegische Verhältnisse ziemlich warm (um die 20°C) ist, können wir uns danach mit einem Bad im Fjord erfrischen.
Nach vier Tagen verlassen wir endlich Homborsund, um herauszufinden, ob wir uns endlich auf den Weg nach Schweden machen können; vor der Küste erwartet uns aber kräftiger Gegenwind und -strom, so dass wir uns entschließen, noch eine Nacht im Schutz der Valøyene, einer Außenschärengruppe vor Grimstad, zu verbringen.