Am 5. August geht es los: weil Hochwasser erst am Nachmittag ist, kommen wir am ersten Tag nur bis Emden, um am nächsten Tag beim allerersten Licht morgens um 5 mit dem nächsten Hochwasser wieder auszulaufen zu unserer ersten mehrtägigen Überfahrt. Wir sind durchaus angespannt und haben gegenüber der Autoverladeanlage keine ruhige Nacht verbracht, werden für das frühe Aufstehen aber mit einem wunderschönen Sonnenaufgang belohnt. Mit ablaufendem Wasser wollen wir uns weit genug von der Emsmündung entfernen um nicht in den Gegenstrom zu geraten, wozu der Wind zunächst nicht ausreicht, so dass wir motoren müssen. Da alle Wettervorhersagen uns aber Südwestwind versprochen haben, trösten wir uns damit, dass wir nur ein wenig Geduld haben müssen. Als wir endlich per Motor die Verkehrstrennungsgebiete hinter uns gelassen haben folgt aber die Ernüchterung: erst Nordwind, dann Flaute … nicht dass wir noch bis Norwegen motoren müssen?!
Zum Glück kommt aber dann doch noch segelbarer Wind auf, der uns auch für weite Teile der restlichen Strecke erhalten bleibt. Wir versuchen derweil einen Wachrhythmus zu finden und sind recht bald auch ganz gut eingespielt: tagsüber passen wir gemeinsam auf, nachts wechseln wir alle paar Stunden, aber nicht nach ganz strengen Uhrzeiten. Eine große Hilfe bei einer solchen mehrtägigen Fahrt ist uns die Windfahnensteuerung, die das Boot auf Kurs hält, ohne dass ständig jemand am Steuer stehen muss.
Nach Queren der ‘Schiffsautobahnen’ vor der deutschen Küste nimmt der Verkehr auf der Nordsee stark ab, und das ist auch gut für uns, denn gerade auf Nachtfahrt sind wir froh, wenn nicht allzu viel los ist – dann ist es auch nicht schlimm, wenn die Konzentration nachlässt. Da der Wind bald auch auf Nordwest dreht und wir damit einen ganz knackigen Am-Wind-Kurs fahren, ist es so laut und unruhig an Bord, dass an Schlaf ohnehin kaum zu denken ist. Und so träumen wir schon davon, anzukommen und uns so richtig auszuschlafen. Und am Morgen des vierten Tages, ganz früh schon können wir “Land in Sicht!” rufen, das ist schon ein besonderes Gefühl!
Unser Zielhafen ist Mandal, eine hübsche kleine Stadt, in die norwegischen Hügel gebettet und mit eigenem Sandstrand (was im felsigen Norwegen eher selten ist), und während wir uns der Küste nähern können wir schon die würzige Waldluft schnuppern, die nach mehreren Tagen auf See ganz deutlich zu riechen ist. Wir sind allerdings so erschöpft, dass wir eigentlich nur duschen und schlafen wollen. Dumm nur, dass wir am Sonntag ankommen und nicht wissen, wie wir an norwegisches Münzgeld kommen sollen, welches man für die Duschen braucht! Zum Glück findet sich aber ein geöffneter Bäcker, wo wir Brot und Münzen erstehen können; dabei machen wir auch unsere ersten Erfahrungen mit dem norwegischen Preisniveau …